3Ob96/16p – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Paul Delazer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Ing. H*****, vertreten durch Rechtsanwälte Waldbauer, Paumgarten, Naschberger Partnerschaft in Kufstein, wegen Anfechtung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 30. März 2016, GZ 10 R 10/16w 17, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Klägerin zeigt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf, weshalb ihre außerordentliche Revision – kurz begründet (§ 510 Abs 3 ZPO) – zurückzuweisen ist.
Rechtliche Beurteilung
1. Eine Absicht des Schuldners, „das Finanzamt“ als seinen weiteren, von der Anfechtungsklägerin verschiedenen Gläubiger zu benachteiligen, wurde weder in erster Instanz behauptet noch explizit festgestellt. Angesichts des unstrittigen Inhalts des Kaufvertrags (RIS Justiz RS0121557; RS0040083), wonach der beklagte Anfechtungsgegner die Tragung aller mit der Errichtung des Kaufvertrags verbundenen ua Abgaben übernahm (Punkt VI.), ist eine rechtliche Schlussfolgerung in diese Richtung (RIS Justiz RS0064178) auch nicht angebracht.
2. Die Beantwortung der Fragen, ob dem Anfechtungsgegner die Benachteiligungsabsicht des Schuldners hätte auffallen müssen und wie weit die Nachforschungspflicht des Anfechtungsgegners reicht, hängt im Allgemeinen von den Umständen des Einzelfalls ab (3 Ob 171/15s; RIS Justiz RS0101976). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, der Beklagte habe von einer (allfälligen) Benachteiligungsabsicht des Schuldners gegenüber der Klägerin keine Kenntnis haben müssen, erweist sich angesichts der Feststellungen zur fehlenden Information des Beklagten von der potentiellen Gläubigerstellung der Klägerin und deren Ursachen, zur speziellen Lebenssituation des Schuldners und zu den Maßnahmen des Beklagten im Zusammenhang mit dem Abschluss des Kaufvertrags als jedenfalls vertretbar.
3. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass das Berufungsgericht von Erkundigungen des Beklagten bei Banken ausging. Denn selbst wenn man dieses Detail als aktenwidrig unterstellte Tatsache bei der rechtlichen Erwägung außer Acht lässt (vgl RIS Justiz RS0116014), bleibt die Verneinung einer fahrlässigen Unkenntnis von der (allfälligen) Benachteiligungsabsicht des Schuldners ebenso vertretbar.