6Ob33/16w – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr.
Kuras als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. R***** K*****, wider die beklagten Parteien 1. M***** D*****, vertreten durch Mag. Thomas Fraiß, Rechtsanwalt in Wien, und 2. Ing. M***** S*****, wegen Feststellung, Duldung, Unterlassung und Herausgabe, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. November 2015, GZ 1 R 49/15f 101, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit 2.040,48 EUR (darin 340,08 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Begründung:
Mit Urteil vom 21. 1. 2015 wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht gab der vom Kläger erhobenen Berufung in der Hauptsache nicht Folge und sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige je Begehren 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR, die Revision sei nicht zulässig.
Der Kläger stellte in der Folge den an das Berufungsgericht gerichteten Antrag auf (nachträgliche) Zulassung der ordentlichen Revision, verbunden mit der Ausführung der Revision, weiters erhob er gegen das Urteil des Berufungsgerichts auch die außerordentliche Revision.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Berufungsgericht den Antrag auf Zulassung der Revision samt der ordentlichen Revision zurück und berichtigte den Bewertungsausspruch des berufungsgerichtlichen Urteils folgendermaßen:
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige hinsichtlich des Begehrens auf Ausschluss des Erstbeklagten als Gesellschafter samt Untersagung von Geschäfts und Vertretungshandlungen und der Zustimmung des Zweitbeklagten hierzu (Punkte 1. und 2.A./Teil 2 der Klagebegehren) 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige hinsichtlich des Begehrens auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit/Rechtswidrigkeit der Kündigung und des Aufrechtsbestehens der Gesellschaft zum 1. 1. 2011 ohne Liquidation (Punkt 2.A./Teil 1 der Klagebegehren) 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige hinsichtlich des Begehrens auf Ausschluss des Erstbeklagten als Gesellschafter samt Untersagung von Geschäfts- und Vertretungshandlungen (Punkt 2.A./Teil 2) sowie der weiteren Begehren laut Punkt 2. B.–D. der Klagebegehren (Erteilung der Befugnis zur alleinigen Notgeschäftsführung an den Kläger; Herausgabebegehren betreffend Geschäftsunterlagen ua; Begehren auf Berichterstattung; Herausgabebegehren betreffend Buchhaltungsunterlagen) 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR.
Schließlich wies das Berufungsgericht die außerordentliche Revision des Klägers als jedenfalls unzulässig mit der Begründung zurück, der Entscheidungsgegenstand übersteige zwar 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR. Für das Bestehen eines tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhangs reiche es nicht aus, dass sämtliche geltend gemachten Ansprüche dem selben Gesellschaftsverhältnis entsprängen. Ein tatsächlicher oder rechtlicher Zusammenhang könne zwar zwischen dem angestrebten Ausschluss des Erstbeklagten aus der Gesellschaft (Punkt 2.A./Teil 2 der Klage) und den daran anknüpfenden Begehren laut Punkt 2.B.–D. der Klage (Notgeschäftsführung, Berichterstattung/Auskunftserteilung, Übergabe von Buchhaltungsunterlagen etc) bestehen. Das Begehren auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Kündigung der Gesellschaft etc (Punkt 2.A./Teil 1 der Klage) sei davon aber sowohl rechtlich als auch tatsächlich unabhängig.
Gegen die Zurückweisung der außerordentlichen Revision richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Behandlung der außerordentlichen Revision durch den Obersten Gerichtshof.
Der Erstbeklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist (auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO) zulässig (RIS Justiz RS0043676; RS0112633), aber nicht berechtigt.
Hierzu wurde erwogen:
Der Rekurswerber kann grundsätzlich auf die zutreffende Begründung des Berufungsgerichts verwiesen werden (§ 510 Abs 3 Satz 2 iVm § 528a ZPO).
Ergänzend wird Folgendes ausgeführt:
Gemäß § 55 Abs 1 Z 1 JN sind mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche zusammenzurechnen, wenn sie von einer einzelnen Partei gegen eine einzelne Partei erhoben werden und in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen.
Ein
tatsächlicher Zusammenhang ist nach ständiger Rechtsprechung dann zu bejahen, wenn alle Klagsansprüche aus demselben Klagssachverhalt abzuleiten sind. Dies ist dann der Fall, wenn das für einen Anspruch erforderliche
Sachvorbringen ausreicht, auch über die anderen geltend gemachten Ansprüche entscheiden zu können, ohne dass noch ein ergänzendes
Sachvorbringen erforderlich wäre (RIS Justiz RS0042766).
Das notwendige Sachvorbringen für die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Kündigung der Gesellschaft durch den Erstbeklagten etwa ist nicht mit dem notwendigen Sachvorbringen für das Ausschlussbegehren ident. Der erste Anspruch setzt die Kündigung der Gesellschaft durch den Erstbeklagten voraus, was für den zweiten Anspruch nicht zutrifft. Ein tatsächlicher Zusammenhang zwischen diesen Ansprüchen liegt daher nicht vor.
Nach ständiger Rechtsprechung liegt e in rechtlicher Zusammenhang zwar vor, wenn die Ansprüche aus demselben Vertrag oder aus derselben Rechtsnorm abgeleitet werden und miteinander in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Ein solcher Zusammenhang besteht jedoch dann nicht, wenn jeder der mehreren Ansprüche ein ganz verschiedenes rechtliches und tatsächliches Schicksal haben kann; in einem solchen Fall ist jeder Anspruch gesondert zu beurteilen, ohne dass eine Zusammenrechnung stattfindet (3 Ob 91/01f; 1 Ob 202/97f; 7 Ob 261/00h je mwN; RIS Justiz RS0037899).
Auch dazu ist festzuhalten, dass es durchaus möglich ist, dass der Anspruch auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Kündigung der Gesellschaft durch den Erstbeklagten besteht, hingegen das Ausschlussbegehren nicht und umgekehrt. Die geltend gemachten Ansprüche können somit ein unterschiedliches rechtliches und tatsächliches Schicksal haben.
Dass – wie der Rekurswerber vorbringt – alle g eltend gemachten Ansprüche ein einziges „Rechtsschutzziel“ – geordneter Übergang des Unternehmens – verfolgten, ist nach der Judikatur hingegen kein ausreichendes Kriterium für eine Zusammenrechnung.
Die angefochtene Entscheidung ist somit zutreffend, weshalb dem Rekurs nicht Folge zu geben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO. Der Streitgenossenschaftszuschlag steht nicht zu, weil der Vertreter des Erstbeklagten weder den Zweitbeklagten vertritt noch zwei Parteien gegenübersteht (§ 15 RATG).