12Os31/16z – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Juli 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T.Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Jülg, BSc, als Schriftführer in der Strafsache gegen Adis S***** wegen der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter und sechster Fall SMG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 3. Dezember 2015, GZ 22 Hv 82/15f 111, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auch unbekämpft in Rechtskraft erwachsene Freisprüche des Angeklagten enthaltenden Urteil wurde Adis S***** der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter und sechster Fall SMG (vgl RIS Justiz RS0114037 [T6], RS0116676 [T10]) schuldig erkannt.
Danach hat er von Jänner bis Juli 2014 in K***** und andernorts im Urteil teils namentlich genannten, teils unbekannten Abnehmern vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge (§ 28b SMG), nämlich Cannabiskraut mit insgesamt 220,4 g Reinsubstanz (US 2; US 5 f) THC durch Vermittlung (1./), Verkauf und unentgeltliche Übergabe (2./) überlassen und verschafft.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO erhobene, eine Verurteilung wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter und sechster Fall, Abs 2 Z 3 SMG anstrebende Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft geht fehl.
Unvollständig im Sinne des § 281 Abs 1 Z 5 zweiter Fall StPO ist ein Urteil dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt lässt. Die fehlende Erörterung dieser Verfahrensergebnisse macht die in Hinsicht auf entscheidende Tatsachen getroffenen Feststellungen aus formalen Gründen mangelhaft. Ein Eingriff in die Bewertung vom Erstgericht berücksichtigter Verfahrensergebnisse – mit anderen Worten in die Abwägung des herangezogenen Beweismaterials (des Bezugspunkts der Beweiswürdigung) – findet nicht statt, weil dem Rechtsmittelgericht nur die Kontrolle obliegt, ob alles aus seiner Sicht Erwägenswerte erwogen wurde, nicht aber der Inhalt dieser Überlegungen (RIS Justiz RS0118316; Ratz , WK StPO § 281 Rz 421).
Im Ergebnis bekämpft sie bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung die Beweiswürdigung des Schöffengerichts.
Der Geltendmachung des (der Sache nach) weiters behaupteten Rechtsfehlers mangels Feststellungen (Z 9 lit a) hinsichtlich der subjektiven Tatseite in Bezug auf § 28a Abs 2 Z 3 SMG ist damit die Grundlage entzogen.
Bleibt der Vollständigkeit halber anzumerken, dass die Tatrichter – entgegen der einleitenden Ausführungen der Staatsanwaltschaft – auf Basis der von ihnen getroffenen Feststellungen (US 2 und 5 f [220, 4 g Reinsubstanz THC]) zu Recht von der Verwirklichung von (insgesamt) elf Verbrechen nach § 28a Abs 1 fünfter und sechster Fall SMG (US 20 zweiter Absatz) ausgingen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).