JudikaturOGH

7Ob100/16f – OGH Entscheidung

Entscheidung
06. Juli 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr.

Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** P*****, vertreten durch Mag. Erik Steinhofer, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei M***** AG, *****, vertreten durch Dr. Edwin A. Payr, Rechtsanwalt in Graz, wegen 8.736 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 17. Dezember 2015, GZ 5 R 136/15d 33, womit das Urteil des Bezirksgerichts Graz Ost vom 20. Juli 2015, GZ 206 C 1233/14s 28, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Das Berufungsgericht begründete die nachträgliche Zulassung der ordentlichen Revision damit, dass ein Beurteilungsfehler im Zusammenhang mit der Annahme eines schlüssigen Tatsachengeständnisses bezüglich des Klagsbetrags von 8.400 EUR und der Ordnungsgemäßheit und Rechtzeitigkeit der Geltendmachung dieses Anspruchs nach den Versicherungsbedingungen genauso wenig ausgeschlossen werden könne wie die Unzulässigkeit der wortwörtlichen Wiedergabe des Privatgutachtens in der Berufungsentscheidung angesichts der Urkundenerklärung der Beklagten ohne mündliche Berufungsverhandlung und Beweiswiederholung.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig. Die Entscheidung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO):

1. Zwischen den Streitteilen besteht ein Unfallversicherungsvertrag dem die Allgemeinen Bedingungen für die Unfallversicherung (AUVB 2010) zugrunde liegen. Art 7.1. AUVB 2010 lautet auszugsweise:

„Wann besteht ein Anspruch auf Leistung für dauernde Invalidität?

Ergibt sich innerhalb eines Jahres vom Unfalltag an gerechnet, dass als Folge des Unfalles eine dauernde Invalidität (Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit auf Lebenszeit) zurückbleibt, wird [...] aus der hierfür versicherten Summe der dem Grade der Invalidität entsprechende Betrag gezahlt.

Ein Anspruch auf Leistung für dauernde Invalidität ist innerhalb von 15 Monaten vom Unfalltag an geltend zu machen und unter Vorlage eines ärztlichen Befundberichtes, aus dem Art und Umfang der Gesundheitsschädigung und die Möglichkeit einer auf Lebenszeit dauernden Invalidität hervorgeht, zu begründen.

[...]“

2. Die Feststellung des Invaliditätsgrades (Beeinträchtigung der körperlichen und geistigen Funktionsfähigkeit nach medizinischen Gesichtspunkten) ist eine Tatfrage, die im Revisionsverfahren nicht überprüft werden kann (RIS Justiz RS0118909). Abgesehen davon, dass die Frage der zutreffenden Anwendung des § 267 ZPO eine Verfahrensfrage ist, die bei Behandlung durch das Berufungsgericht nicht revisibel wäre (RIS Justiz RS0040146, RS0040078 [insb T8]), wirft die Revision den Vorinstanzen zu Unrecht vor, sie hätten sich auf ein schlüssiges Zugeständnis der Höhe des Invaliditätsgrades durch die Beklagte gestützt. Das Erstgericht traf eine Feststellung zur Bewegungseinschränkung und ergänzte sie im Rahmen der rechtlichen Beurteilung durch die Feststellung der Höhe des Invaliditätsgrades. Das Berufungsgericht setzte sich mit den Rügen der Beklagten dazu ausführlich auseinander und übernahm ausdrücklich nicht nur die Feststellungen zum Invaliditätsgrad, sondern auch dazu, dass die Invalidität durch den zweiten Unfall vom 5. 2. 2013 verursacht wurde. Dabei stützte es sich nicht nur auf ein gerichtliches Gutachten, sondern auch auf ein Privatgutachten. Soweit es dazu Ausführungen aus dem Privatgutachten wiedergab, handelt es sich dabei – im Gegensatz zur Meinung der Beklagten – nicht um Feststellungen, sondern um Erwägungen im Rahmen der Überprüfung der Beweiswürdigung des Erstgerichts. Die Beweiswürdigung ist ebenso unbekämpfbar (RIS Justiz RS0043099) wie ein behaupteter vom Berufungsgericht verneinter Verfahrensmangel erster Instanz (RIS Justiz RS0042963). Eine erhebliche Rechtsfrage wird daher in diesem Zusammenhang nicht aufgezeigt.

3.1. Mit Art 7.1. AUVB 2010 vergleichbare Klauseln waren bereits Gegenstand zahlreicher oberstgerichtlicher Entscheidungen. Zur 15 Monatsfrist (RIS Justiz RS0082292) wird ebenso wie zur Jahresfrist (7 Ob 185/07t mwN; RIS Justiz RS0109447, RS0080040), in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass es sich dabei um Ausschlussfristen handelt.

3.2. Der von der Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren erhobene Verfristungseinwand bezieht sich nur darauf, dass eine allfällige Invalidität vom ersten Unfall vom 24. 11. 2012 verursacht wurde. Wenn sie ohne Bezug auf die Feststellungen ihre Einwände in der Revision aufrechterhält, ist dies nicht nachvollziehbar. Ihre Ausführungen gehen jedenfalls nicht vom festgestellten Sachverhalt aus.

Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO stellt sich daher nicht. Die Revision ist unzulässig und zurückzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50 und 40 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen, sodass ihm mangels zweckentsprechender Rechtsverteidigung kein Kostenersatz zusteht (RIS Justiz RS0035962 [T16], RS0035979 [T9]).

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