Ds2/16 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Richter und Staatsanwälte hat am 4. Juli 2016 durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden, die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek und Hon. Prof. Dr. Schroll, sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Jensik und Dr. Höllwerth als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Jülg, BSc, als Schriftführer im Disziplinarverfahren gegen den Richter des Bezirksgerichts I***** Mag. A*****, wegen Pflichtverletzung nach § 57 Abs 1 und 3 RStDG, über die Berufung der Oberstaatsanwaltschaft Linz wegen des Ausspruchs über die Strafe gegen das Erkenntnis des Oberlandesgerichts Linz vom 27. Oktober 2015, GZ Ds 6/14 35, nach mündlicher Berufungsverhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Erste Generalanwältin Dr. Christine Sperker, des Beschuldigten und dessen Verteidigers Dr. Lothar Stix, Rechtsanwalt in Wien, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde Mag. A***** Pflichtverletzungen nach § 57 Abs 1 Satz 1 und Abs 3 RStDG schuldig erkannt, weil er
1. in dem von ihm geführten Verfahren AZ 3 C 48/11h des Bezirksgerichts I***** in der Tagsatzung am 30. April 2014 gegenüber der Beklagtenvertreterin RA Dr. B***** K***** K***** sich entgegen § 52 Geo ungebührlich verhalten hat, indem er in harschem Ton äußerte: „Sie haben hier nichts zu suchen, verschwinden Sie, ich bin keine Zettelabholstelle!“ und
2. anlässlich einer von einer Verfahrenspartei zum Verlassenschaftsverfahren AZ 3 A 86/14m des Bezirksgerichts I***** gerichteten Beschwerde zur Verfahrensdauer das von der Justiz Ombudsstelle des Oberlandesgerichts Innsbruck zu AZ Jv 151/14p am 9. September 2014 gestellte Ersuchen, zu den erhobenen Vorwürfen binnen 14 Tagen Stellung zu nehmen, auch nach seiner Urlaubsrückkehr am 17. September 2014 nicht beantwortet, in der Folge ein neuerliches Ersuchen der Justiz Ombudsstelle vom 29. September 2014, nunmehr binnen sieben Tagen Stellung zu nehmen, indem er das entsprechende, am 1. Oktober 2014 versendete E Mail nicht geöffnet hat, ebenso unbeachtet gelassen und erst am 17. Oktober 2014 eine Stellungnahme abgegeben hat.
Gemäß § 101 Abs 3 RStDG wurde vom Ausspruch über die Verhängung einer Disziplinarstrafe abgesehen.
Dagegen richtet sich die Berufung der Oberstaatsanwaltschaft Linz wegen des Ausspruchs über die Strafe, mit der der Disziplinaranwalt die Verhängung einer tat und schuldangemessenen Disziplinarstrafe begehrt.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
Die Berufung richtet sich ausschließlich gegen die das Faktum 2. betreffende Beurteilung des Erstgerichts, wonach es der damals nach einer Urlaubsrückkehr des Beschuldigten bestandene Arbeitsdruck rechtfertige, noch nach § 101 Abs 3 RStDG vorzugehen. Dem hält die Berufung entgegen, dass der Beschuldigte nach den Feststellungen des Erstgerichts die Dienstaufsicht als bevormundend erlebe, Anfragen und Aufforderungen im Bereich der Dienstaufsicht unbearbeitet lasse und auf E Mail Nachrichten oder Telefonanrufe insbesondere dann häufig nicht oder zeitverzögert reagiere, wenn er sich dadurch nach seiner Einschätzung bei vordringlichen Tätigkeiten gestört fühle. Dem ist zu entgegnen, dass sich besagte Ausführungen des Erstgerichts auf die belastete Beziehung des Beschuldigten zur Vorsteherin des Bezirksgerichts beziehen, nicht aber eine generell ablehnende Haltung des Beschuldigten gegenüber der Justiz Ombudsstelle dokumentieren (vgl AS 63 f) und daher betreffend das Faktum 2. nicht einschlägig sind. Im Übrigen beschreibt das Disziplinargericht die Amtsführung des Beschuldigten als durchaus zufriedenstellend. Im Einklang mit der Beurteilung des Erstgerichts ist daher davon auszugehen, dass dienstliche Interessen dem Absehen vom Ausspruch über die Verhängung einer Disziplinarstrafe nicht entgegenstehen und ein Schuldspruch allein nach den Umständen des Falls und der Persönlichkeit des Richters genügt, um ihn von weiteren Verfehlungen abzuhalten.
Der Berufung war daher nicht Folge zu geben.