5Nc7/16y – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth und die Hofrätin Dr. Grohmann als weitere Richter in der beim Landesgericht Feldkirch zu AZ 4 Cg 17/16x anhängigen Rechtssache der klagenden Partei A***** AG, *****, vertreten durch MUSEY rechtsanwalt gmbh in Salzburg, gegen die beklagte Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Michael Konzett, Rechtsanwalt in Bludenz, wegen 300.000 EUR sA, über den Delegierungsantrag der klagenden Partei nach § 31 Abs 2 JN den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Antrag der klagenden Partei, zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache anstelle des Landesgerichts Feldkirch das Landesgericht Linz, in eventu das Landesgericht Steyr zu bestimmen, wird abgewiesen.
Text
Begründung:
Das klagende Versicherungsunternehmen macht nach § 67 VersVG einen Schadenersatzanspruch seiner Sachversicherungsnehmerin geltend, der die beklagte Partei eine nicht dem Stand der Technik entsprechende und ungeeignete biomassebefeuerte Kesselanlage für ein Kraftwerk am Standort Enns geliefert habe. Das Verfahren ist beim Landesgericht Feldkirch anhängig.
Die beklagte Partei beruft sich auf das Verschulden des Geschäftsführers der Bestellerin sowie deren Beraters, welche dem Lieferanten ihr Fachwissen nicht offen gelegt hätten. In diesem Fall hätte der behauptete Korrosionsschaden verhindert werden können.
Die klagende Partei beantragt die Delegierung der Rechtssache nach § 31 JN an das Landesgericht Linz, in eventu an das Landesgericht Steyr, in dessen Sprengel sich der Sitz ihrer Versicherungsnehmerin, der Wohnsitz der in Betracht kommenden Zeugen und der Gegenstand des Augenscheins, die gewerbliche Betriebsanlage befänden. Es seien aber auch seitens der beklagten Partei Zeugen zu vernehmen, die nicht ihren Wohnsitz im Sprengel dieses Gerichts hätten. Als wesentlicher Grund für eine Zweckmäßigkeit verbleibe daher der Umstand, dass der Gegenstand des Augenscheins und der Gegenstand der Befundaufnahme durch einen Sachverständigen fernab des Gerichtsorts Feldkirch sei. Das Landesgericht Linz wäre aber für Zeugen der beklagten Partei noch besser zu erreichen und daher günstiger.
Die beklagte Partei sprach sich gegen eine Delegierung aus. Die klagende Partei habe bisher nur einen einzigen Zeugen angeboten. Der zu vernehmende Geschäftsführer der beklagten Partei wohne im Sprengel des Landesgerichts Feldkirchs. Der verfahrensgegenständliche Teil der Kesselanlage sei schon vor längerem ausgetauscht worden und könne daher nicht mehr in Augenschein genommen werden. Keine der Parteien habe bisher ein Gutachten eines gerichtlichen Sachverständigen beantragt. Sollte ein solcher bestellt werden, um die Betriebsanlage zu befunden, könnte auch das Landesgericht Feldkirch einen Sachverständigen mit räumlicher Nähe zur Anlage auswählen.
Das Landesgericht Feldkirch sprach sich für eine Delegierung aus und legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.
1. Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden.
2. Eine Delegierung ist zweckmäßig, wenn die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, einer Erleichterung des Gerichtszugangs und der Amtstätigkeit oder einer wesentlichen Verbilligung des Rechtsstreits beiträgt (RIS Justiz RS0046333 [T20]). Zweckmäßigkeitsgründe in diesem Sinn bilden in der Regel der Wohnort der Parteien und der zu vernehmenden Zeugen oder die Lage des Augenscheinsgegenstands (RIS Justiz RS0046540; RS0053169 [T12]). Eine Delegierung soll aber regelmäßig nur den Ausnahmefall darstellen. Lässt sich die Frage der Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zu Gunsten beider Parteien lösen und hat eine Partei der Delegierung widersprochen, so ist diese abzulehnen ( Mayr in Rechberger , ZPO 3 § 31 JN Rz 4 mwN; 4 Nc 2/14b).
3. Letzteres ist hier der Fall: Die Rechtssache weist keinen eindeutigen Schwerpunkt zu Linz oder Steyr auf. Die klagende Partei hat ihren Sitz in Wien, die beklagte Partei in Bludenz. Von zwei zu vernehmenden Personen wohnt nur eine in Enns. Die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens einschließlich Befundung am Ort der Betriebsanlage in Enns wurde bis jetzt nicht beantragt. Wurde die den Schaden angeblich verursachende Anlage tatsächlich bereits ausgetauscht und kann sie daher nicht mehr am Ort der Betriebsanlage in Augenschein genommen werden, kommt auch dem Ort der Schädigung nur eingeschränkte Bedeutung zu.