11Os58/16p – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Juni 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Dr. Nordmeyer, Mag. Michel und Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart des Rechtspraktikanten Mag. Jülg, BSc, als Schriftführer in der Strafsache gegen J***** W***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs 1, 161 Abs 1 StGB, AZ 35 Hv 39/15g des Landesgerichts St. Pölten, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil dieses Gerichts vom 2. September 2015 (ON 30) erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Mag. Wachberger, zu Recht erkannt:
Spruch
Das Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 2. September 2015, GZ 35 Hv 39/15g 30, verletzt in seinem Schuldspruch wegen des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB das Gesetz in § 57 Abs 2 StGB.
Dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird im Schuldspruch II./ sowie im Strafausspruch aufgehoben und es wird im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
J***** W***** wird von der Anklage, er habe am 14. April 2009 in N***** M***** M***** durch die Ankündigung, „ich lege dir eine auf“, wenn sie ihm nicht unverzüglich alle Belege und Unterlagen der Buchhaltung übergebe, somit durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper zu einer Handlung zu nötigen versucht,
gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Für das ihm weiterhin zur Last liegende Verbrechen der betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs 1, 161 Abs 1 erster Satz StGB wird J***** W***** nach § 156 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15. Monaten verurteilt, die unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wird.
Text
Gründe:
Mit unbekämpft in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 2. September 2015, GZ 35 Hv 39/15g 30, wurde J***** W***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs 1, 161 Abs 1 erster Satz StGB (I./A./) und des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (II./) schuldig erkannt und zu einer für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt.
Die dem Tatbestand der betrügerischen Krida subsumierten Taten hat der Verurteilte im Zeitraum 19. Oktober 2010 bis 12. August 2011 begangen.
Laut Punkt II./ des Schuldspruchs hat er am 14. April 2009 in N***** M***** M***** durch die Ankündigung, „ich lege dir eine auf“, wenn sie ihm nicht unverzüglich alle Belege und Unterlagen der Buchhaltung übergebe, somit durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper zu einer Handlung zu nötigen versucht, nämlich zur Herausgabe von Buchhaltungs-unterlagen.
Rechtliche Beurteilung
Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, steht dieser Schuldspruch mit dem Gesetz nicht in Einklang.
Bei dem (in der zum Urteilszeitpunkt geltenden Fassung ausschließlich) mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bedrohten Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB beträgt die Verjährungsfrist nach § 57 Abs 3 StGB drei Jahre. Sie beginnt an dem der Beendigung des deliktischen Verhaltens nachfolgenden Tag (RIS Justiz RS0091931).
Im Gegenstand lief daher die Verjährungsfrist mit dem 14. April 2012 ab und war demnach am folgenden Tag Verjährung eingetreten.
Die während dieser Verjährungsfrist begangenen, als Verbrechen der betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs 1, 161 Abs 1 StGB beurteilten Taten vermochten daran nichts zu ändern. Denn nach § 58 Abs 2 StGB tritt eine Ablaufhemmung nur ein, wenn der Täter während der Verjährungsfrist neuerlich eine mit Strafe bedrohte Handlung, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruht, begeht. In Ansehung des gegen die Willensfreiheit eines anderen gerichteten Tatbestands der Nötigung trifft dies auf ausschließlich fremdes Vermögen schädigendes Verhalten nicht zu.
Feststellungen zu verjährungshemmenden Ermittlungsmaßnahmen sind der gekürzten Urteilsaus-fertigung nicht zu entnehmen; sie sind nach dem Akteninhalt auch nicht indiziert.
Der Oberste Gerichtshof sah sich, weil der Schuldspruchpunkt II./ dem Verurteilten zum Nachteil gereicht, dazu veranlasst, das Urteil, in diesem Punkt, demgemäß auch im Strafausspruch aufzuheben und in der Sache selbst mit Freispruch vorzugehen (RIS Justiz RS0118545).
Bei Neubemessung der Strafe für das J***** W***** weiterhin zur Last liegende Verbrechen der betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs 1, 161 Abs 1 erster Satz StGB waren das Vorliegen einer einschlägigen Verurteilung und das Beiseiteschaffen mehrerer Gegenstände über einen längeren Zeitraum als erschwerend zu werten, mildernd demgegenüber das Geständnis, die teilweise Schadensgutmachung und das längere Zurückliegen der Taten. Der Oberste Gerichtshof erachtete demgemäß eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten als schuldangemessen, die gemäß § 43 Abs 1 StGB bedingt nachzusehen war.
Klarstellend wird darauf hingewiesen, dass die Probezeit mit Rechtskraft des angefochtenen Urteils am 8. September 2015 zu laufen begonnen hat (§ 49 StGB; RIS Justiz RS0092039; Ratz , WK StPO § 290 Rz 55).