JudikaturOGH

8Nc17/16s – OGH Entscheidung

Entscheidung
08. Juni 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner, den Hofrat Dr. Brenn sowie die Hofrätinnen Mag. Korn und Dr. Weixelbraun Mohr als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei M*****, vertreten durch Dr. Christoph Neuhuber, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Wiener Gebietskrankenkasse, Wienerbergstraße 15 19, 1100 Wien, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens AZ 3 Cgs 106/00z des Arbeits und Sozialgerichts Wien, aufgrund der Befangenheitsanzeige des Hofrats des Obersten Gerichtshofs ***** vom 30. Mai 2016 im Revisionsrekursverfahren AZ *****, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Hofrat des Obersten Gerichtshofs ***** ist als Mitglied des *****. Senats im Verfahren über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei zu AZ ***** befangen.

Text

Begründung:

Für das im Spruch genannte Verfahren, das dem Obersten Gerichtshof mit einem außerordentlichen Revisionsrekurs vorgelegt wurde, ist nach der Geschäftsverteilung der *****. Senat zuständig.

HR *****, Mitglied dieses Senats zeigte mit Note vom 30. 5. 2016 seine mögliche Befangenheit an. Bei dem Verfahren handle es sich um eine Wiederaufnahmsklage. Im wiederaufzunehmenden Verfahren habe er bis zu seiner Ernennung an das Oberlandesgericht Wien den Vorsitz geführt. Das Urteil sei bereits von seinem Nachfolger ausgefertigt worden. Als Wiederaufnahmsgrund werde das „Wiederauffinden“ eines angeblich von ihm stammenden Protokolls, mit dem dem Kläger eine Umbestellung des Sachverständigen zugesagt worden sein soll, geltend gemacht. Er selbst sei als Zeuge beantragt worden. Die Unterlassung seiner Einvernahme habe der Kläger als Verfahrensmangel gerügt.

Er fühle sich zwar nicht befangen. Aufgrund der dargestellten Umstände könne jedoch objektiv der Anschein der Befangenheit entstehen.

Rechtliche Beurteilung

Dazu wurde erwogen:

Ein Richter ist nach § 19 Z 2 JN befangen, wenn – bei objektiver Betrachtungsweise – ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Bei der Prüfung der Unbefangenheit ist im Interesse des Ansehens der Justiz ein strenger Maßstab anzulegen; es genügt, dass eine Befangenheit mit Grund befürchtet werden muss – auch wenn der Richter tatsächlich unbefangen sein sollte – oder dass bei objektiver Betrachtungsweise auch nur der Anschein einer Voreingenommenheit entstehen könnte; bei der Beurteilung der Fairness eines Verfahrens ist auch der äußere Anschein von Bedeutung; Gerechtigkeit soll nicht nur geübt, sondern auch sichtbar geübt werden (RIS Justiz RS0109379 [T4] ).

Befangenheit ist dann anzunehmen, wenn bei einem unbeteiligten Beurteiler nicht bloß entfernt denkbare, sondern vielmehr naheliegende Zweifel an der vollen Unbefangenheit des Richters entstehen könnten (vgl RIS Justiz RS0097054).

Die vom anzeigenden Richter dargelegten Gründe sind geeignet, solche Zweifel zu wecken, weil ein Verfahrensbeteiligter den Eindruck gewinnen könnte, seine Willensbildung werde durch diese Umstände beeinflusst.

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