JudikaturOGH

2Nc10/16t – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. Mai 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers F***** K*****, gegen die Antragsgegnerin N***** L***** K*****, geboren am ***** 1991, *****, wegen Unterhalt, über Vorlage des Akts 1 FAM 18/16v des Bezirksgerichts Grieskirchen zur Entscheidung des negativen Kompentenzkonflikts zwischen diesem Bezirksgericht und dem Bezirksgericht Graz Ost, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Zur Führung des Verfahrens ist das Bezirksgericht Grieskirchen zuständig.

Der Beschluss des Bezirksgerichts Grieskirchen vom 13. April 2016, GZ 1 FAM 18/16v 8, mit dem es seine Unzuständigkeit aussprach, wird aufgehoben.

Text

Begründung:

Mit beim Bezirksgericht Graz-Ost eingebrachtem Antrag vom 16. 3. 2016 begehrte der Vater die Herabsetzung seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Antragsgegnerin ab 1. 1. 2015. In der Tagsatzung vom 6. 4. 2016 im Verfahren AZ 230 FAM 7/16x ersuchten beide Verfahrensbeteiligten um Überweisung des vorliegenden Verfahrens an das Bezirksgericht Grieskirchen, da dort bereits ein weiteres streitiges Verfahren wegen Ehegattenunterhalt behänge.

Daraufhin fasste das Bezirksgericht Graz Ost am 6. 4. 2016 einen Beschluss, mit dem es seine Unzuständigkeit aussprach und die Sache gemäß § 44 JN an das Bezirksgericht Grieskirchen überwies. Die Antragsgegnerin habe nach eigenen Angaben ihren Hauptwohnsitz und Lebensmittelpunkt in ***** und lediglich ihren Nebenwohnsitz in G*****.

Das Bezirksgericht Grieskirchen sprach mit Beschluss vom 13. 4. 2016 ebenfalls seine Unzuständigkeit aus. Beim Bezirksgericht Graz Ost behänge aufgrund der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im negativen Kompentenzkonflikt beider Gerichte betreffend einen Unterhaltserhöhungsantrag der Tochter, 5 Nc 33/15w, ein Verfahren. Es sei daher zweckmäßig, auch das vorliegende Verfahren dort zu führen. Außerdem absolviere die Tochter ihr Studium in Graz, sodass von ihrem gewöhnlichen Aufenthalt in Sprengel des Bezirksgerichts Graz Ost auszugehen und die Unzuständigkeit des Bezirksgerichts Grieskirchen auszusprechen sei.

Beide Beschlüsse wurden den Verfahrensparteien zugestellt, ein Rechtsmittel aber nicht erhoben.

Daraufhin legte das Bezirksgericht Grieskirchen den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den negativen Zuständigkeitsstreit vor.

Rechtliche Beurteilung

1. Die Entscheidung nach § 47 JN hat beim Obersten Gerichtshof (anders als in Delegierungs und Ordinationssachen nach § 7 Abs 1 Z 1, 2, 4 und 5 OGHG) im Fünfersenat zu erfolgen (RIS Justiz RS0126085).

2. Gemäß § 114 Abs 2 erster Halbsatz JN ist für gesetzliche Unterhaltsansprüche sonstiger (somit auch: nicht minderjähriger) in gerader Linie verwandter Personen in erster Linie das Gericht zuständig, in dessen Sprengel der Unterhaltsberechtigte seinen allgemeinen Gerichtsstand in Streitsachen hat.

3. Die Anrufung des gemeinsam übergeordneten Gerichtshofs in einem negativen Kompetenzkonflikt nach § 47 JN setzt grundsätzlich voraus, dass die konkurrierenden Gerichte rechtskräftig über ihre Unzuständigkeit zur Entscheidung über die gleiche Rechtssache abgesprochen und diese verneint haben (RIS Justiz RS0046374; 4 Nc 2/13a mwN), was hier der Fall ist.

4. Die jüngere Entscheidung des Bezirksgerichts Grieskirchen missachtet allerdings die ständige Rechtsprechung, wonach der Überweisungsbeschluss unabhängig von seiner Zustellung an die Parteien bzw Rechtskraft für das Adressatgericht solange maßgebend bleibt, als er nicht in höherer Instanz rechtskräftig abgeändert wurde, sodass das Adressatgericht seine Unzuständigkeit nicht mit der Begründung aussprechen kann, das überweisende Gericht sei zuständig (RIS Justiz RS0046391, RS0002439 [T4, T5], RS0046315, RS0046363, RS0081664; 4 Nc 2/13a).

Bei einer Entscheidung nach § 47 Abs 1 JN hat der übergeordnete Gerichtshof hier der Oberste Gerichtshof auf diese Bindungswirkung des ersten, die Zuständigkeit verneinenden Beschlusses auch dann Bedacht zu nehmen, wenn dieser unrichtig sein sollte (RIS Justiz RS0002439 [T9], RS0046391 [T5], RS0039922 [T2]). Die Vorschriften über die Bindung an rechtskräftige Entscheidungen über die Zuständigkeit und an Überweisungsbeschlüsse haben den Zweck, Kompetenzkonflikte nach Möglichkeit von vornherein auszuschließen. Damit nimmt der Gesetzgeber in Kauf, dass allenfalls auch ein an sich unzuständiges Gericht durch eine unrichtige Entscheidung gebunden wird (RIS Justiz RS0046391).

Es war daher die Zuständigkeit des Bezirksgerichts Grieskirchen auszusprechen.

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