12Os36/16k – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Mai 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Fritsche als Schriftführerin im Verfahren zur Unterbringung des Peter S***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 21. Jänner 2015, GZ 91 Hv 79/15a 103, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Unterbringung des Peter S***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB angeordnet.
Danach hat er in Wien unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen und seelischen Abartigkeit höheren Grades beruhte, nämlich einer schizoaffektiven Psychose,
I./ am 11. Juli 2015 mit Gewalt gegen eine Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben (§ 89 StGB) Michaela B***** Bargeld in Höhe von 100 Euro mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz abzunötigen versucht, indem er vor dieser eine bedrohliche Haltung einnahm, das Bargeld einforderte und ihr einen Schlag mit der flachen Hand ins Gesicht, und zwar in Bereich des rechten Auges versetzte;
II./ am 19. Juli 2015 Ahmed K***** eine Flasche Mineralwasser mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, wobei er bei seiner Betretung auf frischer Tat dadurch, dass er mit seiner rechten Faust gegen die Gesichter von Ahmed K***** und Khaled K***** schlug, Gewalt gegen die beiden anzuwenden versuchte, um sich die weggenommene Sache zu erhalten,
somit Taten begangen, die ihm, wäre er zurechnungsfähig gewesen, als Verbrechen des Raubes nach §§ 15 Abs 1, 142 Abs 1 StGB (I./) und des räuberischen Diebstahls nach §§ 15 Abs 1, 127, 131 StGB (II./) zuzurechnen wären.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5a, „9a“ und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen.
Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung und daraus resultierende unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen verhindern (RIS Justiz RS0118780 [T14]). Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS Justiz RS0118780 [T15]).
Mit eigenen Ausführungen zur festgestellten „angespannten Körperhaltung“ (US 4) und dem Hinweis auf die von den Tatrichtern als unglaubwürdig verworfene Verantwortung des Betroffenen, wonach er dem Opfer bloß ins Gesicht geschlagen habe, weil ihm dessen Brille nicht gefiel (vgl US 7), gelingt es dem Nichtigkeitswerber zu I./ nicht, sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen zu wecken.
Dem Einwand der Tatsachenrüge (Z 5a) zu II./ zuwider hat der Zeuge Ahmed K***** ausdrücklich angegeben, dass er jene Tasche des Betroffenen an sich nahm, in die dieser die zuvor weggenommene Mineralwasserflasche gesteckt hatte (ON 102 S 14). Das Vorbringen verfehlt solcherart sein Ziel.
Entgegen der weiteren Beschwerdebehauptung (der Sache nach Z 5 vierter Fall) haben die Tatrichter den Tathergang zu II./ mängelfrei auf die Angaben des Zeugen Ahmed K***** gestützt (US 6 f).
Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die auf eine (methodisch vertretbare) Ableitung aus dem Gesetz gestützte Behauptung, das Erstgericht sei bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen, zur Voraussetzung (RIS Justiz RS0099810; Ratz , WK StPO § 281 Rz 584, 588).
Diesen Anforderungen wird die Rechtsrüge (Z 9 lit a), die sich darauf beschränkt, die Urteilsfeststellungen zum Vorsatz des Betroffenen auf Bedrohung, Nötigung sowie unrechtmäßige Bereicherung (US 5, 5 f) zu bestreiten, nicht gerecht.
Die sich gegen das Unterbleiben der bedingten Nachsicht der Unterbringung richtende Sanktionsrüge (Z 11) enthält bloß ein Berufungsvorbringen (RIS Justiz RS0100032; Ratz , WK StPO § 281 Rz 728).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).