JudikaturOGH

5Ob71/16a – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. April 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers M***** F*****, vertreten durch Mag. Stefan Benesch, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin A***** AG, *****, vertreten durch Dr. Werner Loos, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 16 Abs 2 iVm § 37 Abs 1 Z 8 MRG aus Anlass des Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 17. Februar 2016, GZ 39 R 256/15h 43, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Der Antragsteller begehrte die Überprüfung des vereinbarten Hauptmietzinses und der Betriebskosten seit Beginn des Bestandverhältnisses.

Das Erstgericht stellte in seinem Sachbeschluss die teilweise Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung, den gesetzlich zulässigen monatlichen Hauptmietzins und dessen Überschreitung fest.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers (in der Hauptsache) nicht Folge und bestätigte den erstgerichtlichen Sachbeschluss mit einer Maßgabe. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR nicht übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Gegen diese Entscheidung richtet sich der „außerordentliche Revisionsrekurs“ des Antragstellers.

Das Erstgericht legte diesen außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor. Diese Vorgangsweise entspricht nicht dem Gesetz.

Rechtliche Beurteilung

1. Der Revisionsrekurs ist außer im Fall der Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs nach § 63 Abs 3 AußStrG jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat (§ 62 Abs 3 AußStrG). Das gilt gemäß § 62 Abs 4 AußStrG allerdings nicht, soweit der Entscheidungsgegenstand nicht rein vermögensrechtlicher Natur ist.

2. Für die in § 37 Abs 1 MRG genannten Verfahren gelten die allgemeinen Bestimmungen über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen mit den in § 37 Abs 3 MRG genannten Besonderheiten. Nach § 37 Abs 3 Z 16 MRG sind die in § 37 Abs 1 MRG genannten Entscheidungsgegenstände rein vermögensrechtlicher Natur und die maßgebliche Wertgrenze beträgt 10.000 EUR.

3. Der Bewertungsausspruch des Gerichts zweiter Instanz ist auch im Verfahren außer Streitsachen unanfechtbar und für den Obersten Gerichtshof bindend, wenn zwingende Bewertungsvorschriften nicht verletzt wurden, eine offenkundige Unterbewertung oder Überbewertung nicht vorliegt oder eine Bewertung nicht überhaupt hätte unterbleiben müssen (RIS-Justiz RS0042410 [T28]; RS0042450 [T8]; RS0109332 [T1]). Hier liegt keine dieser vom Obersten Gerichtshof anerkannten Ausnahmen von dessen Bindung an den Bewertungsausspruch des Rekursgerichts vor; insbesondere hat das Rekursgericht den ihm vom Gesetzgeber eingeräumten Ermessensspielraum nicht krass überschritten (vgl 5 Ob 71/14y).

4. Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt demnach 10.000 EUR nicht und das Rekursgericht hat den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt. Ohne Abänderung dieses Zulässigkeitsausspruchs nach § 63 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs des Antragstellers daher jedenfalls unzulässig. Erhebt eine Partei wie hier dennoch ein Rechtsmittel, ist dieses, auch wenn das Rechtsmittel als „außerordentliches“ Rechtsmittel bezeichnet wird und an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist, dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen. Der Oberste Gerichtshof darf nämlich darüber nur und erst dann entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz nach § 63 Abs 3 AußStrG ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei (RIS-Justiz RS0109623).

5. Eine Entscheidungskompetenz des Obersten Gerichtshofs über das Rechtsmittel des Antragstellers liegt daher jedenfalls derzeit nicht vor. Das Erstgericht wird das Rechtsmittel des Antragstellers dem Rekursgericht vorzulegen haben. Dies gilt ungeachtet dessen, dass der Antragsteller hier keinen Antrag auf Abänderung des Ausspruchs nach § 63 Abs 1 AußStrG gestellt hat, weil dieser Mangel nach § 10 Abs 4 AußStrG grundsätzlich verbesserungsfähig ist (vgl RIS Justiz RS0109623). Ob der Schriftsatz des Rechtsmittelwerbers den Erfordernissen an eine solche Zulassungsvorstellung schon entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt dabei der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RIS-Justiz RS0109623 [T5]).

6. Aus diesen Erwägungen ist der Akt dem Erstgericht zurückzustellen.

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