8Ob16/16k – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner, den Hofrat Dr. Brenn sowie die Hofrätinnen Mag. Korn und Dr. Weixelbraun Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dr. H***** S*****, 2. Dr. B***** P*****, beide *****, gegen die beklagte Partei F***** S*****, vertreten durch Dr. Kurt Kozák, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 12.098,02 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 28. Oktober 2015, GZ 22 R 320/15k 15, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 11. August 2015, GZ 12 C 726/14m 11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien binnen 14 Tagen die mit 1.032,91 EUR (darin 172,15 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Kläger übernahmen im September 2012 über Ersuchen eines anderen Rechtsanwalts die rechtsfreundliche Vertretung des Beklagten in einer Auseinandersetzung mit dessen Geschäftspartner. Der Erstkläger führte für den Beklagten außergerichtliche Vergleichsverhandlungen im Korrespondenzweg, es fanden auch mehrere Besprechungen statt. Die vom Erstkläger mit dem Rechtsvertreter der Gegenseite jeweils im Namen des Beklagten geführte Korrespondenz wurde dem Beklagten in Kopie übermittelt.
Nachdem der Beklagte die von der Gegenseite unterbreiteten Vergleichsangebote nicht annehmen wollte, aber auch keinen Klagsauftrag erteilte, erklärten die Kläger ihre Tätigkeit für beendet und stellten dem Beklagten die streitgegenständliche Honorarnote aus. Die Hälfte des Rechnungsbetrags wurde von einer Gesellschaft, deren Geschäftsführer der Beklagte ist, bezahlt. Im Juli 2014 teilte der Beklagte den Klägern mit, dass er derzeit nicht in der Lage sei, den Rest zu begleichen.
Die Kläger begehren die Zahlung des offenen Honorarbetrags. Der Beklagte wandte ein, er sei nicht passiv legitimiert. Von Beginn an sei er nur im Namen zweier von ihm als Geschäftsführer vertretener Gesellschaften an die Kläger herangetreten. Obwohl er auf eine gerichtliche Geltendmachung der Forderungen gedrängt habe, hätten die Kläger gegen seinen Willen mit der Gegenseite sinnlose Korrespondenz geführt.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Der Beklagte habe persönlich mit den Klägern einen Vertrag über anwaltliche Leistungen abgeschlossen, mit dem er eigene Ansprüche gegen die Gegenseite verfolgen wollte. Die erbrachten Leistungen seien weder unerwünscht noch nutzlos gewesen.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte gemäß § 508 ZPO nachträglich über Antrag des Beklagten die Revision für zulässig, weil zum Verhältnis von Offenlegungsgrundsatz einerseits und anwaltlichen Sorgfalts- und Treuepflichten andererseits keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Die von den Klägern beantwortete Revision des Beklagten ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig.
1. Derjenige, der nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter eines anderen rechtsgeschäftlich handeln will, muss dies auf unzweifelhafte Weise zum Ausdruck bringen (1 Ob 257/11t mwN; 5 Ob 14/13i; RIS Justiz RS0019427). Legt der Vertreter nicht offen, dass er im Namen eines anderen handeln will, kommt das Geschäft im Zweifel mit ihm selbst zustande (5 Ob 14/13i; RIS Justiz RS0019540; RS0019516 [T5]).
2. Die Prüfung, wie der Dritte aus seinem Erkenntnishorizont das Auftreten des Handelnden verstehen musste, hängt von den jeweiligen Umständen ab (5 Ob 14/13i; RIS Justiz RS0019516; RS0088884). Die Beurteilung der Erkennbarkeit einer Vertretung hat nach den objektiven Kriterien des Verständnisses eines redlichen Erklärungsempfängers unter Berücksichtigung des Geschäftszwecks und der gegebenen Umstände zu erfolgen (vgl 2 Ob 236/13i mwN; RIS-Justiz RS0113932).
3. Von diesen Grundsätzen sind die Vorinstanzen nicht abgewichen.
Eine Erklärung des Beklagten, den Vertretungsauftrag an die Kläger als Geschäftsführer eines bestimmten Unternehmens und nicht im eigenen Namen erteilen zu wollen, ist nicht erfolgt. Der Erstkläger ist aufgrund des verfolgten Zwecks und der gegebenen Umstände davon ausgegangen, dass der Beklagte ihn im eigenen Namen beauftragt hat. Ob diese Einschätzung berechtigt war, ist typischerweise eine Frage des Einzelfalls, die in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufwirft, sofern dem Berufungsgericht wie hier keine grobe Fehlbeurteilung unterlaufen ist.
4. Wenn der Revisionswerber meint, die Kläger hätten aufgrund ihrer anwaltlichen Sorgfaltspflicht zunächst auf eigene Faust analysieren müssen, wem die vom Beklagten in den Raum gestellten Ansprüche tatsächlich zuzuordnen sind, um sich danach diesen Anspruchsberechtigten als Mandanten selbst auszusuchen, irrt er. Die Frage, wer die Kläger mit der Sachverhaltsprüfung und Vertretung beauftragt hat, ist von der Frage, wer bzw allenfalls welche vom Beklagten vertretene Gesellschaft im Fall einer gerichtlichen Geltendmachung zur Klage legitimiert gewesen wäre, zu trennen.
5. Auf eine Verletzung von Aufklärungs- und Informationspflichten bei der Konkretisierung der Person des Mandanten hat sich der Beklagte in erster Instanz nicht berufen.
6. Soweit die Revision meint, ohne eine abschließende Klärung des materiell Anspruchsberechtigten sei die anwaltliche Leistung der Kläger für den Beklagten wertlos gewesen, setzt sie sich über die im Revisionsverfahren bindenden Tatsachenfeststellungen hinweg.
Den Klägern war es trotz mangelhafter Unterlagen für die vom Beklagten behaupteten Forderungen und trotz der schwierigen rechtlichen Verhältnisse gelungen, die Gegenseite zu Vergleichsanboten zu bewegen. Der Umstand, dass ein Vergleich nicht zustandegekommen ist, kann dem Honoraranspruch der Kläger nicht entgegengehalten werden, weil ein mit der Interessenvertretung beauftragter Rechtsanwalt mangels abweichender Vereinbarung nur die erforderliche und zumutbare Bemühung, aber keinen bestimmten Erfolg schuldet (RIS-Justiz RS0019821).
Die Revision des Beklagten war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO; die Kläger haben in ihrer Rechtsmittelbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.