JudikaturOGH

6Ob10/16p – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Februar 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Pflegschaftssache der am ***** 1997 geborenen vormals minderjährigen C***** B*****, vertreten durch Dr. Ulrike Bauer, Rechtsanwältin in Wien, diese vertreten durch Mag. Richard Strobl, Rechtsanwalt in Wien, über den Revisionsrekurs des Vaters Mag. W***** E*****, vertreten durch Dr. Claus Schneider, Rechtsanwalt in Wien als Verfahrenshelfer, dieser vertreten durch Mag. Petra Trauntschnig, Rechtsanwältin in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 20. Oktober 2015, GZ 45 R 492/15h 198, 45 R 493/15f, 45 R 494/15b, womit die Rekurse gegen die Beschlüsse des Bezirksgerichts Josefstadt 1.) vom 4. Juni 2013, GZ 1 Pu 25/10p 121, 2.) vom 11. Februar 2014, GZ 1 Pu 25/10p 133, und 3.) vom 10. April 2014, GZ 1 Pu 25/10p 137, zurückgewiesen wurden, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Der Revisionsrekurs wird, soweit er sich gegen die Zurückweisung des Rekurses gegen Punkt 2. des Beschlusses vom 11. Februar 2014, 1 Pu 25/10p 133, und soweit er sich gegen den Beschluss vom 10. April 2014, 1 Pu 25/10p 137, wendet, als absolut unzulässig zurückgewiesen.

2. Im Übrigen wird der Revisionsrekurs mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 2 AußStrG).

3. Der Vater ist schuldig, seiner Tochter die mit 936,72 EUR (darin enthalten 156,12 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Der erstinstanzliche Beschluss vom 4. Juni 2013, 1 Pu 25/10p 121 , womit für bestimmte Zeiträume der Vater zur Unterhaltsleistung für seine Tochter verpflichtet wurde, wurde dem damaligen als Vertreter des Vaters aktenkundig ausgewiesenen Rechtsanwalt Dr. Krasser (zuletzt mit ON 108 eingeschritten) am Montag, dem 10. Juni 2013 im elektronischen Rechtsverkehr zugestellt. Die vom Vater im weiteren Verfahren behauptete Auflösung des Vollmachtsverhältnisses war dem Gericht nicht angezeigt worden. Am 27. April 2015 brachte der Vater gegen diesen Beschluss einen Rekurs ein. Das Rekursgericht wies diesen Rekurs als verspätet zurück.

Im Revisionsrekurs bringt der Vater vor, im bezirksgerichtlichen Verfahren könne ein Vollmachtswiderruf durch gerichtliches Protokoll ersetzt werden. Der Vater habe im Zuge seiner Akteneinsicht am 16. Mai 2012 bei Gericht die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses zu seinem vormaligen Vertreter bekanntgegeben.

Der Rechtsmittelwerber wird auf die Begründung des Rekursgerichts verwiesen, wonach diese behauptete Mitteilung von der Beendigung des Vollmachtsverhältnisses nicht aktenkundig ist. Seine Ausführungen zur Möglichkeit des gerichtlichen Protokolls sind somit nicht entscheidungserheblich und zeigen keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG auf.

2. Mit dem Beschluss vom 11. Februar 2014, 1 Pu 25/10p 133 , wies das Erstgericht den am 12. Dezember 2013 beim Erstgericht eingelangten Antrag des Vaters (ON 131) auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ebenso ab (Punkt 1.) wie den am selben Tag eingelangten Antrag des Vaters auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung eines außerordentlichen Revisionsrekurses sowie „allfälliger sonstiger Rechtsmittel zur Hemmung der Rechtskraft gegen den Beschluss des LGZRS Wien zu 45 R 415/12“ (gemeint wohl: 45 R 415/13g [Punkt 2.]).

Dieser Beschluss wurde dem Vater am Montag, den 17. Februar 2014 durch Hinterlegung zugestellt. Der Vater stellte mit dem am 3. März 2014 zur Post gegebenen Schreiben den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenshilfe zur Erhebung eines Rekurses gegen diesen Beschluss. Das Erstgericht erteilte dem Vater am 12. März 2014 den Verbesserungsauftrag, binnen 14 Tagen ein Vermögensbekenntnis vorzulegen. Dieser Verbesserungs-auftrag wurde dem Vater am Freitag, 14. März 2014 durch Hinterlegung zugestellt. Der Vater brachte einen am Donnerstag, dem 27. März 2014, zur Post gegebenen Schriftsatz ein (ON 136), der ein Vermögensbekenntnis nicht enthielt (siehe Kanzleivermerk vom 1. April 2014, bei ON 136).

Das Rekursgericht wies den gegen den Beschluss ON 133 gerichteten Rekurs als verspätet zurück. Werde wie hier nach erfolglosem Antrag auf Beigebung eines Rechtsanwalts (ON 131) ein neuer Antrag gestellt (ON 134), so habe dieser keine Unterbrechungswirkungen mehr ( Kodek in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG, § 7 Rz 22 mwN). Die Frist von 14 Tagen zur rechtzeitigen Erhebung eines Rekurses habe demnach am Montag, dem 3. März 2014 geendet. Der erst am 27. April 2015 eingebrachte Rekurs des Vaters sei daher verspätet.

Das Rekursgericht ließ nachträglich gemäß § 63 Abs 3 AußStrG den Revisionsrekurs mit der Begründung zu, der Verbesserungsauftrag des Erstgerichts vom 12. März 2014 (ON 135) habe zwar den zu behebenden Mangel im Sinn des § 10 Abs 4 AußStrG ausreichend bezeichnet, nämlich die Vorlage eines Vermögensverzeichnisses, habe jedoch nicht auf die Folgen der Unterlassung der Verbesserung hingewiesen. Eine Belehrung über die Folgen des Unterbleibens der (fristgerechten) Verbesserung sei im Gesetz zwar nicht ausdrücklich vorgesehen, eine solche Belehrungspflicht ergebe sich jedoch bei nicht durch einen Rechtsanwalt oder Notar vertretenen Parteien aus § 14 AußStrG ( Kodek in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG, § 10 Rz 49 mwN). Da das Rekursgericht die Zurückweisung des gegen den Beschluss ON 133 gerichteten Rekurses auf die unterbliebene Verbesserung gegründet habe, sei dem Zulassungsvorstellungswerber ein Recht auf Überprüfung dieser Vorgehensweise durch den Obersten Gerichtshof nicht abzusprechen.

Der Revisionsrekurswerber verwies auf die unterlassene Rechtsbelehrung im Verbesserungsauftrag, welche Folgen eine Unterlassung der Verbesserung habe. Die (zurückweisende) Entscheidung des Rekursgerichts weiche von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ab; der Rechtsmittelwerber führte jedoch keine einzige Entscheidung des Obersten Gerichtshofs an.

a) Zum Rekurs, soweit er sich gegen die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags wendet:

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig. Der Oberste Gerichtshof ist an den Ausspruch des Rekursgerichts nicht gebunden (§ 71 Abs 1 AußStrG). Der Revisionsrekurswerber stellt die Rechtsansicht des Rekursgerichts, dass eine wiederholte Antragstellung hier keine Unterbrechungswirkungen mehr bewirken könne ( Kodek in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG, § 7 Rz 22 mwN) nicht in Frage. Damit kommt es aber auf die Frage, welche Rechtsfolgen die im Verbesserungsauftrag zum weiteren Verfahrenshilfeantrag unterlassene Belehrung über die Folgen des Unterbleibens der Verbesserung hat, gar nicht an (dazu, dass die Unterlassung dieser Belehrung aber einen Wiedereinsetzungsgrund bilden könne etwa Fucik/Kloiber , § 10 AußStrG Rz 6; Kodek in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG, § 10 Rz 50; ähnlich zur fehlenden Rechtsmittelbelehrung RIS Justiz RS0109747).

Die Ausführungen dazu vermögen daher keine Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG darzustellen, von der die Entscheidung „abhängt“ (vgl auch RIS Justiz RS0088931).

b) Zum Rekurs, soweit er sich gegen die Abweisung des Verfahrenshilfeantrags wendet:

Gemäß § 62 Abs 2 Z 2 AußStrG ist der Revisionsrekurs über die Verfahrenshilfe jedenfalls unzulässig. Rekurse gegen Entscheidungen des Gerichts zweiter Instanz über die Verfahrenshilfe sind unzulässig. Entscheidungen über die Verfahrenshilfe sind auch Formalentscheidungen, die die meritorische Erledigung eines Rechtsmittels gegen eine Entscheidung über die Verfahrenshilfe ablehnen (RIS Justiz RS0044213).

3. Mit dem Beschluss vom 10. April 2014, 1 Pu 25/10p 137 , wies das Erstgericht den Antrag des Vaters vom 3. März 2013 (ON 134) auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung eines Rekurses gegen den Beschluss ON 133 „sowie allfälliger sonstiger Rechtsmittel“ ab (Punkt 1.) und den Antrag des Vaters vom 27. März 2014 (ON 136) auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung eines Rekurses gegen den Beschluss ON 121 zurück (Punkt 2.).

Es ist dazu auf die soeben dargestellte Gesetzeslage (§ 62 Abs 2 Z 2 AußStrG) und die oberstgerichtliche Rechtsprechung (RIS Justiz RS0044213) zu verweisen, wonach der Revisionsrekurs absolut unzulässig ist.

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 Abs 2 AußStrG. Der Einheitssatz beträgt bei der Bemessungsgrundlage von 12.000 EUR nur 50 % (§ 23 Abs 3 RATG).

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