8Ob141/15s – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner, den Hofrat Dr. Brenn und die Hofrätinnen Mag. Korn und Dr. Weixelbraun Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. J***** N*****, vertreten durch die Brandtner Doshi Rechtsanwälte OG in Feldkirch, gegen die beklagte Partei S***** GmbH (vormals S***** AG), *****, vertreten durch die Thurnher Wittwer Pfefferkorn Rechtsanwälte GmbH in Dornbirn, wegen 134.500 EUR sA und Feststellung (Streitwert 25.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 5. November 2015, GZ 10 R 72/15m 94, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Die zugrunde liegende Entscheidung betrifft typisch den Einzelfall. Dies gilt vor allem für das Vorliegen einer atypischen Gefahr, die für einen Schifahrer auf einer präparierten Piste nicht ohne weiteres erkennbar oder beherrschbar ist (RIS Justiz RS0023417; 2 Ob 284/06p; 4 Ob 138/10p), sowie für den Inhalt einer allfälligen konkreten Verkehrssicherungspflicht des Pistenbetreibers (RIS Justiz RS0109002).
Das Berufungsgericht ist von den zutreffenden Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Auch in der Anwendung dieser Grundsätze ist ihm keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung unterlaufen.
2.1 Der Schiunfall des Klägers war darauf zurückzuführen, dass er als konditionell und technisch guter Schifahrer, der das Gelände gut kannte in Anbetracht der eingehaltenen Geschwindigkeit eine riskante Fahrlinie wählte. Er hat gegen das Gebot des aufmerksamen und kontrollierten Fahrens verstoßen (vgl RIS Justiz RS0023429). Aufgrund einer nicht ungewöhnlichen Unebenheit geriet er in Rücklage, wodurch es ihn aushob. Die Gefährlichkeit seiner Fahrweise und das dadurch bedingte Unfallrisiko waren für ihn erkennbar.
2.2 Mit seinen Ausführungen in der außerordentlichen Revision vermag der Kläger keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.
Abgesehen davon, dass nach den Feststellungen des Erstgerichts, die auf dem Gutachten des schitechnischen Sachverständigen basieren, die Kategorisierung der schiwegartigen Passage auch im Unfallbereich der ÖNORM S4611 entsprach, weil eine einzelne Schräghang-Passage, die keine längere Strecke betrifft, bei der Einordnung der Piste als „schwarze oder rote“ Piste nicht berücksichtigt wird (vgl ON 60, 8), kommt diesem Umstand schon deshalb keine Bedeutung zu, weil dem Kläger das Schigelände einschließlich des fraglichen Streckenabschnitts gut bekannt war. Die Markierung als rote und daher mittelschwere Piste konnte demnach keinen Einfluss auf seinen Entschluss haben, die fragliche Piste überhaupt und in der konkreten Art und Weise zu befahren. Die Präparierung auch des in Rede stehenden Quergefälles änderte an der Einordnung der Piste nichts. Zudem muss sich der Schifahrer auf die jeweilige Präparierung der Piste bei jeder Fahrt konkret einstellen (vgl RIS Justiz RS0023284). Aufgrund seiner Ortskenntnisse hätten die vom Kläger geforderten nach der nicht korrekturbedürftigen Beurteilung des Berufungsgerichts aufgrund der gut erkennbaren Gegebenheiten (Bäume am Pistenrand und Schräghang-Passage) allerdings nicht gebotenen Warnschilder für ihn keinen gesonderten Informationswert gehabt. Soweit der Kläger ausführt, dass die Gründe für seinen Sturz nicht eruierbar gewesen seien, weicht er von der Sachverhaltsgrundlage ab.
2.3 Allein aus dem Umstand, dass sich einmal im Jahr 2002 im Unfallbereich und ein weiteres Mal zeitlich nach dem hier zu beurteilenden Geschehen, dies allerdings in einem Bereich nach der Unfallstelle des Klägers, jeweils ein tödlicher Unfall ereignete, kann nicht per se auf eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagte geschlossen werden. Für die Entscheidung kommt es auf die für den Pistenbetreiber konkret erkennbaren Gefahrenquellen an, die einer konkreten Beurteilung zu unterziehen sind. Drei festgestellte Unfälle (mit jenem des Klägers) über einen Zeitraum von zehn Jahren sprechen nicht gegen die Beurteilung, dass diese Unfälle in die Eigenverantwortung der jeweiligen Schifahrer gefallen sind.
Mangels erheblicher Rechtsfrage war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.