11Os159/15i – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Februar 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Margreiter, LL.B., als Schriftführerin in der Strafsache gegen Alexandra B***** und Ioan B***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 dritter Fall, Abs 3, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13. Oktober 2015, GZ 47 Hv 72/15y 32, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Den Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Mit dem angefochtenen Urteil wurden (die Eheleute) Alexandra und Ioan B***** jeweils des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 dritter Fall, Abs 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
Danach haben sie zwischen 15. Dezember 2012 und 8. Juni 2013 in W***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung schwerer Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Verantwortliche des Unternehmens bo***** durch Täuschung über ihre Zahlungsfähigkeit und willigkeit sowie ihre Identität zur Lieferung von Waren, insbesondere Kleidungsstücken verleitet, wodurch dieses in einem Betrag von 71.743,55 Euro am Vermögen geschädigt wurde, indem sie im Internet unter 336 verschiedenen (falschen) Identitäten Bestellungen sohin unter Verwendung falscher Daten tätigten.
Dagegen richten sich die Nichtigkeitsbeschwerden beider Angeklagter, wobei sich die Erstangeklagte auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO, der Zweitangeklagte auf § 281 Abs 1 Z 5 und Z 9 lit a StPO stützt.
Die Mängelrüge ist nur dann gesetzmäßig ausgeführt, wenn sie die Gesamtheit der Entscheidungsgründe berücksichtigt (RIS Justiz RS0119370) und den Ausspruch von für die rechtliche Beurteilung der Tat entscheidenden Tatsachen betrifft (RIS Justiz RS0106269). Diesen Anfechtungskriterien werden beide Rechtsmittel nicht gerecht.
Die Erstangeklagte übergeht mit dem Vorbringen, die Gesamtschadenssumme von über 50.000 Euro sei nicht „nachvollziehbar“ die Ausführungen des Erstgerichts US 7 und spricht im Übrigen mit der Kritik an fehlender Genauigkeit der „Höhe der einzelnen Bestellungen sowie der Häufigkeit dieser“ keinen für die rechtliche Beurteilung der vom Erstgericht angenommenen gleichartigen Verbrechensmenge entscheidenden Umstand an (RIS Justiz RS0116736). Auch die Einwände des Zweitangeklagten, die nur auf einzelne,
isoliert betrachtete Gesichtspunkte abstellen und die Beweiswürdigung (US 7 ff) nicht in ihrer Gesamtheit berücksichtigen, müssen von vornherein erfolglos bleiben. Die Fragen „Wann und wie die Angeklagten … ihr gemeinsames Vorgehen besprochen und vereinbart“ hätten, „welche und wieviele Pakete“ jeweils übernommen worden sowie seit wann die Angeklagten an der Lieferadresse wohnhaft gewesen wären, betreffen keine entscheidenden Tatsachen.
Dies trifft auch auf die im Rahmen der Mängelrüge weiters erhobene Kritik (Z 5a) zu, das Erstgericht „habe es unterlassen, durch Unterschriftsproben festzustellen“, wann und wieviele Paketübernahmen jeweils bestätigt wurden, der es überdies an einer Darlegung mangelt, wodurch der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer an einer entsprechenden Antragstellung gehindert gewesen wäre (RIS Justiz RS0115823).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) verfehlt den (auf der Sachverhaltsebene) in den Urteilsannahmen der Tatrichter gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS Justiz RS0099810; Ratz in WK StPO § 281 Rz 581), indem sie sich mit ihrer Kritik in Ansehung der subjektiven Tatseite nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe orientiert (US 5 f, 8 f).
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.