JudikaturOGH

11Os7/16p – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Februar 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Februar 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Margreiter, LL.B., als Schriftführerin in der Strafsache gegen Frank B***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1, Abs 2 StGB, AZ 42 Hv 43/14w des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss dieses Gerichts vom 4. März 2015 (ON 64) erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Knibbe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 4. März 2015, GZ 42 Hv 43/14w 64, verletzt § 53 Abs 1 erster Satz StGB.

Der Beschluss wird aufgehoben und der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Widerruf der bedingten Entlassung aus Freiheitsstrafen abgewiesen.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Frank B***** wurde mit (unbekämpft in Rechtskraft erwachsenem) Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Vollzugsgericht vom 2. April 2014, GZ 8 BE 75/14f 3, aus zwei (mit Urteilen des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 27. Juni 2013, AZ 71 Hv 35/13f, und vom 29. November 2013, AZ 63 Hv 170/13z, verhängten) Freiheitsstrafen von insgesamt zwölf Monaten nach § 46 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt entlassen.

Mit (unbekämpft in Rechtskraft erwachsenem [ON 70]) Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 4. März 2015, GZ 42 Hv 43/14w 64, wurde Frank B***** des am 8. April 2013 verübten Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1, Abs 2 erster Fall StGB schuldig erkannt und unter Bedachtnahme nach § 31 Abs 1 StGB auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 29. November 2013, AZ 63 Hv 170/13z, zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt.

Mit einem zugleich gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO gefassten, ebenfalls unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen (entgegen § 494a Abs 4 StPO als Teil des Urteils ausgefertigten) Beschluss wurde nach § 53 Abs 1 StGB die „mit Urteil des Landesgerichts Klagenfurt zu AZ 8 BE 75/14f gewährte bedingte Strafnachsicht“ gemeint richtig: die mit Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Vollzugsgericht vom 2. April 2014, GZ 8 BE 75/14f 3, angeordnete bedingte Entlassung aus Freiheitsstrafen widerrufen.

Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, steht dieser Beschluss mit dem Gesetz nicht in Einklang.

Nach § 53 Abs 1 erster Satz StGB kommt ein auf neuerliche Delinquenz gegründeter Beschluss auf Widerruf einer bedingten Entlassung aus der Freiheitsstrafe abgesehen von hier nicht aktuellen Ausnahmen (§ 53 Abs 1 letzter Satz StGB) nur im Fall der Verurteilung des Rechtsbrechers wegen einer während der Probezeit begangenen strafbaren Handlung in Betracht (RIS Justiz RS0092019).

Da die für die Beschlussfassung zum Anlass genommene Straftat nicht während der Probezeit nach bedingter Entlassung, sondern vor deren Beginn verübt wurde, verletzt der Beschluss § 53 Abs 1 erster Satz StGB.

Der Oberste Gerichtshof sah sich, weil der Beschluss dem Verurteilten zum Nachteil gereicht, dazu veranlasst, diesen aufzuheben und den entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft abzuweisen.

Einer förmlichen Aufhebung auf dem kassierten Beschluss beruhender Anordnungen und Verfügungen bedurfte es nicht (RIS Justiz RS0100444; Ratz , WK StPO § 292 Rz 28).

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