27Os5/15k – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 28. Jänner 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil als weiteren Richter und die Rechtsanwälte Dr. Kretschmer und Dr. Schlager als Anwaltsrichter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Jukic in der Disziplinarsache gegen Mag. *****, Rechtsanwalt in *****, wegen der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 DSt über die Berufung des Disziplinarbeschuldigten gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien vom 21. November 2014, AZ D 228/08, D 183/13, nach nichtöffentlicher mündlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Leitner, des Stellvertreters des Kammeranwalts Dr. Meyenburg und des Disziplinarbeschuldigten Mag. ***** zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die Geldbuße unter Bedachtnahme auf das Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien vom 14. Oktober 2015, AZ D 6/15, gemäß §§ 31, 40 StGB, § 16 Abs 5 DSt auf 3.000 Euro herabgesetzt.
Dem Disziplinarbeschuldigten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien vom 21. November 2014, AZ D 228/08, D 183/13 , wurde Mag. ***** der Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten sowie der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 DSt schuldig erkannt,
weil er
1./ zu AZ D 228/08:
a./ am 28. November 2008 MR Dr. E***** P***** zu AZ ***** beim Bezirksgericht ***** auf Zahlung klagte, obwohl er am 26. August 2008 gegenüber dem Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Wien seine Zustimmung zur Überprüfung der Honorarnoten vom 18. Dezember 2007 und 16. Juni 2008 gegeben hatte, und trotz Aufforderung des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien vom 16. September 2008 seine diesbezüglichen Handakten nicht dem Ausschuss vorlegte;
b./ MR Dr. E***** P***** für die Vertretung in den Verfahren zu AZ ***** des Landesgerichts ***** am 18. Juni 2008 und zu AZ ***** des Landesgerichts ***** am 18. Dezember 2007 ein wesentlich überhöhtes Honorar in Rechnung gestellt;
2./ zu AZ D 183/13:
seit zumindest 11. September 2012
a./ seinen Mandanten D***** B***** nicht darüber informierte, dass er aufgrund des rechtskräftigen Freispruchs im Strafverfahren zu AZ ***** des Landesgerichts ***** einen Antrag auf Zuerkennung einer Haftentschädigung sowie einen Antrag um Zuerkennung eines Beitrags zu den Verteidigerkosten gestellt hatte;
b./ D***** B***** nicht darüber informierte, dass sowohl eine Haftentschädigung von 16.658,50 Euro sowie ein Beitrag zu den Verteidigerkosten von 1.600 Euro zuerkannt worden war;
c./ über die am 23. Juli 2012 zuerkannte Haftentschädigung von anteilig 16.658,50 Euro, welche er nachfolgend auf sein Konto Nummer ***** bei der ***** ausgezahlt erhalten hatte, nicht an den Klienten berichtete;
d./ trotz Aufforderung vom 29. September 2012 den Haftentschädigungsbetrag nicht bei Gericht erlegte, obgleich die Richtigkeit der Honorarnote bestritten worden war.
Hiedurch hatte er zu 1./a./ und zu 2./a./ bis d./ das Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und zu 1./b./ das Disziplinarvergehen der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes begangen. Er wurde hiefür zu einer Geldbuße von 4.000 Euro sowie zur anteiligen Tragung der Kosten des Disziplinarverfahrens verurteilt. Von weiteren Vorwürfen wurde der Disziplinarbeschuldigte rechtskräftig freigesprochen.
Bei der Strafbemessung wertete der Disziplinarrat als erschwerend eine einschlägige Vorverurteilung vom 10. Jänner 2014 sowie die Mehrzahl von Taten, die zum Teil auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen, als mildernd hingegen keinen Umstand. Mangels Angaben des Disziplinarbeschuldigten zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen führte der Disziplinarrat aus, dass ein österreichischer Rechtsanwalt im Durchschnitt 3.500 Euro monatlich verdienen könne und beim Disziplinarbeschuldigten als einem in den Medien präsenten Strafverteidiger davon auszugehen sei, dass sein Einkommen über diesem Durchschnitt liege.
Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Berufung des Disziplinarbeschuldigten wegen des Ausspruchs über die Strafe.
Der Disziplinarbeschuldigte begehrt eine schuldangemessene Herabsetzung der Strafe mit der Begründung, dass die Taten zu AZ D 228/08 bereits im Jahr 2008 begangen worden seien und er durch ein am 5. August 2014 verhängtes (lediglich ein Einschreiten bei der Staatsanwaltschaft ***** und deren nachgeordneten Behörden betreffendes) Vertretungsverbot eine massive Einkommenseinbuße erlitten habe.
Rechtliche Beurteilung
Der Berufung kommt teilweise Berechtigung zu.
Der auch im Disziplinarstrafrecht analog anzuwendende (RIS Justiz RS0054839) Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 18 StGB, auf den die Berufung offensichtlich abzielt, liegt nur dann vor, wenn sich der Beschuldigte seit der Tatbegehung auch wohlverhalten hat, was aber, wie die Verurteilung zu AZ D 183/13 zeigt, hier nicht der Fall war. Im Übrigen stellt die (hier gegebene) neuerliche Delinquenz während eines laufenden Disziplinarverfahrens einen eigenen Erschwerungsumstand dar (RIS Justiz RS0091048).
Der Disziplinarbeschuldigte legte auch in der Berufung und am Gerichtstag seine Einkommens und Vermögensverhältnisse nicht offen. Seine diesbezüglich substratlosen Ausführungen lassen daher eine nähere inhaltliche Auseinandersetzung mit den geltend gemachten Einkommenseinbußen infolge eines teilweisen Vertretungsverbots nicht zu.
Allerdings war bei der Strafbemessung nunmehr das seit 2. Dezember 2015 rechtskräftige Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien vom 14. Oktober 2015, AZ D 6/15, bei der Strafbemessung zu berücksichtigen. Mit diesem Erkenntnis war der Disziplinarbeschuldigte der im Herbst 2014 begangenen und am 17. November 2014 in Medien publik gewordenen (somit vor der Entscheidung erster Instanz in diesem Verfahren verübten) Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Verletzung von Ehre und Ansehen des Standes schuldig erkannt und zu einer Geldbuße von 1.000 Euro verurteilt worden. Auf diese Strafe war im Rechtsmittelverfahren gemäß §§ 31, 40 StGB, § 16 Abs 5 DSt Bedacht zu nehmen und die in erster Instanz verhängte Geldbuße entsprechend auf 3.000 Euro zu reduzieren.
Das vom Disziplinarbeschuldigten begehrte Absehen von der Verhängung einer Zusatzstrafe war schon angesichts der Tatmehrheit und der neuerlichen Delinquenz trotz des zu AZ D 228/08, D 183/13 anhängigen Verfahrens nicht möglich.
Der Berufung war somit teilweise Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 54 Abs 5 DSt iVm § 36 Abs 2 DSt.