JudikaturOGH

1Ob1/16b – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. Januar 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer Zeni Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. E***** K***** und 2. R***** K*****, beide *****, vertreten durch Dr. Gunther Huber, Rechtsanwalt in Traun, gegen die beklagte Partei Gemeinde S*****, vertreten durch die Anwaltspartnerschaft Dr. Karl Krückl, Dr. Kurt Lichtl, Dr. Christoph Huber, Mag. Christian Eilmsteiner, Rechtsanwälte und Verteidiger in Strafsachen (OG) Linz, wegen Unterlassung (Streitwert 10.000 EUR) über die ordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 28. Juni 2015, GZ 14 R 57/15y 36, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Traun vom 26. Jänner 2015, GZ 2 C 52/14s 32, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 818,66 EUR (darin 136,44 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

B e g r ü n d u n g :

Die Liegenschaft der Kläger, die aufgrund ihrer Lage immer wieder Überschwemmungen ausgesetzt ist, grenzt an ein Straßengrundstück der Beklagten, auf dem ursprünglich ein geschotterter Güterweg verlief. Im Jahr 1994 wurde die Straße von der Beklagten asphaltiert. Dabei wurde mit den Klägern die Vereinbarung getroffen, dass diese der Asphaltierung und der Entrichtung eines finanziellen Beitrags unter der Bedingung zustimmen, dass Wasserdurchlässe von der Beklagten zur Ableitung des Oberflächenwassers gebaut würden. Durch die Asphaltierung wurde das Straßenniveau angehoben, wodurch die Straße seither 50 bis 60 cm höher liegt als das umgebende Gelände. Aufgrund ihrer Dammwirkung behindert die Straße seit dem Aufschottern und Asphaltieren den Abfluss des normalen und starken Niederschlagswassers, wobei die im Zuge der Asphaltierung eingebauten beiden Rohrdurchlässe keine ausreichende Wasserabfuhr bewirken. Insgesamt verschlechterte sich die Hochwassersituation auf der Liegenschaft der Kläger im Vergleich zum früheren Straßenzustand. Seither kommt es zu stärkeren Hochwässern auf ihrer Liegenschaft.

Die Kläger begehrten nun es der Beklagten zu verbieten, die durch die Niveauerhöhung des Straßengrundstücks im Zuge der Asphaltierungsarbeiten verursachten Wasserimmissionen auf ihre Grundstücke zu emittieren. Durch die Straßenbaumaßnahmen sei es zu einer Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse gekommen, durch die die Nutzung der Grundstücke der Kläger erheblich beeinträchtigt würde, diese hätten die Kläger auch als unmittelbare Zuleitung nicht zu dulden.

Die Beklagte wandte soweit dies im Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist ein, es habe auch vor der Asphaltierung immer wieder Überschwemmungen auf den Grundstücken der Kläger gegeben. In Abstimmung mit den Klägern seien ein bzw zwei Abflussrohre unter die Straße eingegraben worden, durch die Niederschlagswässer vom Grundstück der Kläger abgeleitet würden. Die Asphaltierung sei entsprechend der Vereinbarung mit den Klägern vorgenommen und es seien die beiden PVC Rohre („Straßendurchlässe“) eingelegt worden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die von der Beklagten verursachten häufigeren und stärkeren Wasserimmissionen seien keine Auswirkungen der natürlichen Beschaffenheit ihres angrenzenden Grundstücks, da sie eben nicht dem vor der Niveauanhebung bestehenden natürlichen Wasserabfluss über die Straße folgen könnten. Zwar fließe das Wasser (weiterhin) aus einem Einzugsgebiet oberhalb der klägerischen Liegenschaft auf diese, doch sei die nunmehr stärkere Einwirkung auf die erdbautechnische Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse der Niederschlagswässer zumindest mitursächlich zurückzuführen. Durch die Niveauanhebung und den Einbau der Durchlassrohre, die die Wassermengen jedoch nicht gleich dem natürlichen Abfluss von der klägerischen Liegenschaft ableiteten, wirke die Beklagte sohin unmittelbar auf die klägerische Liegenschaft ein. Eine solche, unmittelbare und willkürliche Einwirkung sei als „Veranstaltung“ und unmittelbare Zuleitung iSd § 364 Abs 2 Satz 2 ABGB zu qualifizieren, die von den Klägern nicht geduldet werden müsse.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, jedoch nicht 30.000 EUR übersteige, und erklärte die ordentliche Revision letztlich für zulässig. Soweit die Beklagte eine vertragliche Regelung behaupte, nach denen die Kläger zur Duldung verpflichtet seien, sei ihr entgegenzuhalten, dass sie ein diesbezügliches Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren nicht erstattet habe. Die von der Beklagten (im Berufungsverfahren erstmals mit ihrem vollständigen Inhalt) dargelegte Vereinbarung enthalte im Übrigen keine Verpflichtung der Kläger, die vermehrten Wasserimmissionen zu dulden. Die wesentlichen Feststellungen des Erstgerichts zur Verschlechterung der Hochwassersituation vor und nach Asphaltierung der Straße seien unbekämpft geblieben. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil die Beklagte mit schlüssigen Argumenten dartue, dass „mitunter“ von einer Vereinbarung zwischen den Streitteilen auszugehen sei, welche die klagsgegenständlichen Wasserimmissionen umfasse, woraus ein für sie günstigeres Ergebnis abgeleitet werden könne; ein gleichartiger Fall sei soweit überschaubar noch nicht entschieden worden.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision der Beklagten ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig, weil die Revisionswerberin keine iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage erörtert.

Nach den maßgeblichen Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen bestand eine Vereinbarung, nach der die Kläger den Baumaßnahmen unter anderem „unter der Bedingung“ zustimmten, dass Wasserdurchlässe zur Ableitung des Oberflächenwassers gebaut würden. Fragen der Vertragsauslegung sind regelmäßig keine iSd § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfragen, sofern dem Berufungsgericht wie hier keine unvertretbare Fehlbeurteilung unterlaufen ist (RIS Justiz RS0042936, RS0042871; RS0044358 ua). Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Vereinbarung enthalte keinerlei Verpflichtung der Kläger, die „klagsgegenständlichen“ Wasserimmissionen zu dulden, begegnet keinen Bedenken. Wie sie auch in ihrer Revisionsbeantwortung ausführen, kann die Abrede vernünftigerweise nur so verstanden werden, dass die Beklagte verpflichtet ist, durch den Einbau ausreichender Wasserdurchlässe dafür zu sorgen, dass sich die Hochwassersituation auf den Grundstücken der Kläger gegenüber dem früheren Zustand nicht verschlechtert. Eine dennoch eingetretene Verschlechterung haben die Kläger damit nicht zu dulden.

Nicht nachvollziehbar ist die Argumentation der Revisionswerberin, bei richtiger rechtlicher Beurteilung wäre der Schluss zu ziehen, dass ausschließlich diese Vereinbarung Grundlage für Ansprüche sein könne, ein Unterlassungsbegehren sei aber nicht gerechtfertigt. Selbst wenn man die von der Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte (sprachlich verstümmelte) Abschrift oder Kopie eines Vereinbarungstextes zugrundelegen sollte, zeigt die Revisionswerberin in keiner Weise verständlich auf, aus welcher Formulierung dieses Textes sich eine Verpflichtung der Kläger ergeben sollte, zusätzliche Wasserimmissionen hinzunehmen, die darauf beruhen, dass die von der Beklagten eingebauten Wasserdurchlässe nicht ausreichen, um die „Dammwirkung“ der Straßenanlage auszugleichen.

Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 50 Abs 1 iVm § 41 Abs 1 ZPO. Die Kläger haben in ihrer Revisionsbeantwortung auf die fehlende Zulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen, sodass sich ihr Schriftsatz als zweckentsprechende Rechtsverfolgungsmaßnahme erweist.

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