JudikaturOGH

9Ob56/15y – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Januar 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann Prentner und Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Weixelbraun-Mohr in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. W***** H*****, gegen die beklagte Partei I***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Herbert Rabitsch, Rechtsanwalt in Wien, wegen 5.049,99 EUR sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 24. Juli 2015, GZ 18 R 79/14t 53, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 447,98 EUR (darin 74,66 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrte mit seiner Mahnklage vom 15. 3. 2011 die Zahlung von insgesamt 5.049,99 EUR sA für die rechtsfreundliche Vertretung der Beklagten, davon 622,98 EUR hinsichtlich des gegen Z***** B***** geführten Verfahrens 27 Cg 45/10w des Landesgerichts Wiener Neustadt (Honorarnote 146/2010) sowie 4.427,01 EUR hinsichtlich der Verfahren 28 Cg 4/10y des Landesgerichts Wiener Neustadt und 7 C 50/10p des Bezirksgerichts Baden, die eine GmbH wegen überlassenem Büroinventar bzw abgetretener Strombezugsrechte gegen die Beklagte geführt hatte (Honorarnote 173/2010).

Die Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte ua Schadenersatzansprüche in einer den Klagsbetrag übersteigenden Höhe wegen mangelhafter Vertretung ein.

Das Erstgericht erachtete die Klagsforderung als zu Recht bestehend, die eingewandte Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung des Klagsbetrags.

Das Berufungsgericht gab der dagegen gerichteten Berufung der Beklagten nicht Folge und sprach aus, dass die Revision jedenfalls unzulässig sei, weil nicht sämtliche eingeklagten Honorarnoten in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stünden und der Wert des Entscheidungsgegenstandes nicht 5.000 EUR übersteige.

Den dagegen gerichteten Antrag der Beklagten auf Abänderung des Ausspruchs über die Zulässigkeit der Revision (§ 508 ZPO) sowie die damit verbundene Revision der Beklagten wies das Berufungsgericht zurück.

In ihrem dagegen gerichteten Rekurs beantragt die Beklagte, den Zurückweisungsbeschluss aufzuheben und dem Berufungsgericht die Entscheidung über den Antrag gemäß § 508 ZPO aufzutragen.

Der Kläger beantragt, den Rekurs abzuweisen, „respektive zurückzuweisen“.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig (s den in diesem Verfahren ergangenen Beschluss 9 Ob 56/15y vom 28. 10. 2015), jedoch nicht berechtigt .

Die Beklagte meint, ein tatsächlicher und rechtlicher Zusammenhang bestehe schon aufgrund des Hinweises des Klägers, dass „sämtliche Ansprüche aufgrund rechtsfreundlicher Vertretung“, daher aus demselben Klagssachverhalt folgten.

Dem ist nicht zu folgen.

Nach § 502 Abs 2 ZPO ist die Revision jedenfalls unzulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, 5.000 EUR nicht übersteigt.

Für die Zulässigkeit der Revision ist der Wert des gesamten Streitgegenstandes maßgeblich, über den das Berufungsgericht entschieden hat (RIS Justiz RS0042821). Werden in einer Klage mehrere Forderungen geltend gemacht, dann bilden sie nur dann einen einheitlichen Streitgegenstand und damit einen einheitlichen Entscheidungsgegenstand , wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs 1 JN vorliegen; andernfalls sind sie getrennt zu behandeln (RIS-Justiz RS0053096).

Eine für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erforderliche Zusammenrechnung verschiedener Forderungen ist nach § 55 JN dann vorzunehmen, wenn zwischen diesen Forderungen ein tatsächlicher oder rechtlicher Zusammenhang besteht. Dabei ist vom Vorbringen des Klägers auszugehen (RIS-Justiz RS0042741).

Die von der Rechtsprechung angenommenen Voraussetzungen, wann ein rechtlicher oder tatsächlicher Zusammenhang iSd § 55 JN zu bejahen ist, wurden vom Berufungsgericht in dem bekämpften Beschluss zutreffend dargelegt, sodass darauf verwiesen werden kann (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO). Hervorzuheben ist, dass der tatsächliche oder rechtliche Zusammenhang nicht allein durch den Umstand hergestellt wird, dass es sich um gleichartige Leistungen des Anspruchsberechtigten handelt oder dass mehrere Ansprüche einer Person gegen ein und denselben Gegner bestehen. Honoraransprüche eines Rechtsanwaltes stehen dann in einem Zusammenhang, wenn die Leistungen aufgrund eines einheitlichen Auftrags erfolgten oder eine Gesamtzahlungsverpflichtung vorliegt. Es kommt darauf an, ob dem beauftragten Rechtsanwalt ein oder mehrere Aufträge erteilt wurden und nicht darauf, ob diesen Aufträgen ein oder mehrere Vollmachten zugrunde liegen (RIS-Justiz RS0110872; 4 Ob 59/15b). Ein ausreichender Zusammenhang wird auch verneint, wenn verschiedene Anwaltsleistungen zu beurteilen sind, die unterschiedliche Honoraransprüche nach sich ziehen können und unterschiedliche Prozessergebnisse nicht ausschließen (s RIS-Justiz RS0042766 [T4]).

Im Sinne dieser Rechtsprechung ist ein rechtlicher Zusammenhang zwischen den Klagsforderungen alleine aufgrund der Bevollmächtigung des Klägers durch die Beklagte zu verneinen. Dass, so die Beklagte, auch die Gegenforderung in einem rechtlichen Zusammenhang mit der Tätigkeit des Klägers steht, ist für eine Zusammenrechnung iSd § 55 JN ohne Einfluss. Dass den Prozessvertretungen in den drei Verfahren ein einheitlicher Auftrag oder sonst ein rechtlicher oder tatsächlicher Zusammenhang zugrunde lag, folgt nicht aus dem maßgebenden Klagevorbringen und liegt hier angesichts der unterschiedlichen Streitgegenstände und teilweise unterschiedlichen Verfahrensgegner auch nicht nahe. Das Berufungsgericht hat eine Zusammenrechnung der Forderungen aus den beiden Honorarnoten daher zurecht verneint.

Sofern die Beklagte meint, die Auslegung des Berufungsgerichts widerspreche Art 6 EMRK, weil damit eine Kontrolle außerhalb des zweigliedrigen Instanzenzugs des Kanzleisitzes des Klägers nicht möglich wäre, ist sie auf die gegenteilige ständige Rechtsprechung zu verweisen. Nach dieser gibt Art 6 Abs 1 MRK keinen Anspruch auf einen mehrinstanzigen Rechtsweg (RIS-Justiz RS0043962 [insbesondere T14]).

Da das Berufungsgericht daher zutreffend zum Ergebnis gekommen ist, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 5.000 EUR nicht übersteigt und die Voraussetzungen für einen Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO nicht vorliegen, ist der bekämpfte Zurückweisungsbeschluss nicht weiter korrekturbedürftig. Dem Rekurs der Beklagten ist damit ein Erfolg versagt.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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