JudikaturOGH

4Nc26/15h – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. Januar 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P*****, vertreten durch Dr. Gerhard Strobich, Rechtsanwalt in Trofaiach, gegen die beklagte Partei Ing. K*****, vertreten durch Grassner, Lenz, Thewanger Partner, Rechtsanwälte in Linz, wegen 14.578,01 EUR sA, über den Delegierungsantrag des Klägers gemäß § 31 Abs 2 JN den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache wird anstelle des Bezirksgerichts Wels das Bezirksgericht Leoben bestimmt.

Text

Begründung:

Beim Bezirksgericht Wels, in dessen Sprengel der Beklagte seinen Wohnsitz hat, ist nach Einrede der örtlichen Unzuständigkeit des Beklagten und dieser Rechnung tragendem Überweisungsantrag des Klägers ein Verfahren anhängig, in dem der Kläger, der im Sprengel des Bezirksgerichts Leoben ein Elektrounternehmen betreibt, den Beklagten auf Zahlung seiner restlichen Werklohnforderung in Anspruch nimmt. Die verfahrensgegenständlichen Elektroinstallationsarbeiten wurden auf der Liegenschaft des Beklagten, die ebenfalls im Sprengel des Bezirksgerichts Leoben liegt, erbracht. Der Beklagte bestritt die Schlüssigkeit und Berechtigung der Klageforderung.

Beide Parteien beantragten ihre jeweilige Einvernehmung als Partei, der Kläger überdies die Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Der Kläger stellte sodann den Antrag, die Rechtssache zur Verhandlung und Entscheidung an das Bezirksgericht Leoben zu delegieren. Begründend verwies er auf die Lage des Objekts, in dem er seine Werkleistungen erbracht und der Sachverständige Befund aufzunehmen haben werde. Überdies stellte er in Aussicht, allenfalls die Einvernahme seiner Arbeiter als Zeugen zu beantragen, die ihren Wohnsitz ebenfalls im Sprengel des Bezirksgerichts Leoben hätten.

Der Beklagte sprach sich gegen die beantragte Delegierung aus, weil diese nicht überwiegend zweckmäßig sei. Die Einvernahme von Personen, die ihren Wohnsitz in der Steiermark hätten, wäre mittels Videokonferenz möglich. Die Zweckmäßigkeitsfrage ließe sich nicht eindeutig klären, es könnte auch vom Bezirksgericht Wels ein Sachverständiger aus dem Bereich des zu begutachtenden Objekts bestellt werden. Für den Kläger ergebe sich im Hinblick auf die Befundaufnahme vor Ort kein Zureiseerfordernis nach Wels. Ob überhaupt Zeugen zu befragen seien, sei derzeit völlig offen.

Das Bezirksgericht Wels legte den Akt dem Obersten Gerichtshof mit der Stellungnahme vor, es erachte eine Delegierung aus prozessökonomischen Gründen für zweckmäßig, weil lediglich der Beklagte auch im Sprengel des Bezirksgerichts Wels wohne. Neben der Durchführung eines Lokalaugenscheins durch einen Sachverständigen im Objekt des Beklagten in Leoben seien auch die Mitarbeiter des Klägers im dortigen Sprengel wohnhaft.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist berechtigt.

Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegierung ist zweckmäßig, wenn die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, zu einer Erleichterung des Gerichtszugangs und der Amtstätigkeit oder zu einer wesentlichen Verbilligung des Rechtsstreits beitragen kann. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn das Beweisverfahren oder der maßgebliche Teil desselben vor dem erkennenden Gericht durchgeführt werden kann, weil die Wahrung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes bedeutsamer erscheint als die Einhaltung der örtlichen Zuständigkeitsordnung (RIS Justiz RS0046333 [T3]). Zweckmäßigkeitsgründe in diesem Sinn bilden der Wohnort der Parteien und der zu vernehmenden Zeugen oder die Lage des Augenscheinsgegenstands (RIS Justiz RS0046540, RS0053169 [T12]).

Die Rechtssache weist mit Ausnahme des Wohnsitzes des Beklagten keinen Bezug zu Wels auf. Neben dem Kläger und seinem Vertreter wohnen auch die zwar noch nicht beantragten, aber im Hinblick auf die im Detail strittigen Werkleistungen möglicherweise zu vernehmenden Arbeiter des Klägers im Sprengel des Bezirksgerichts Leoben, wo auch ein Lokalaugenschein/die Befundaufnahme durch einen mit den örtlichen Verhältnissen vertrauten Sachverständigen durchzuführen wäre. Schließlich hat auch der Beklagte eine gewisse Nahebeziehung zum Sprengel des Bezirksgerichts Leoben, in dem sein Haus liegt, an dessen Renovierung auch der Kläger beteiligt war.

Rückverweise