JudikaturOGH

6Ob247/15i – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. Januar 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** H*****, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Manfred Buchmüller GmbH in Altenmarkt im Pongau, gegen die beklagte Partei H***** H*****, vertreten durch MMag. Dr. Peter Schartner, Rechtsanwalt in Eben im Pongau, wegen Unterlassung (Streitwert 10.000 EUR) und Beseitigung (Streitwert 10.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 25. September 2015, GZ 11 R 37/15p 17, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 29. Juni 2015, GZ 2 Cg 64/14g 13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen .

Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit 1.189,44 EUR (darin 198,24 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch des Berufungsgerichts ist die ordentliche Revision nicht zulässig:

Das Berufungsgericht hat seinen Zulässigkeitsausspruch damit begründet, es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu Überwachungskameras, bei denen zwar von außen nicht ohne weiteres erkennbar ist, wohin sie gerichtet sind, bei denen aber im Internet überprüfbar ist, welcher Bereich von ihnen erfasst wird.

Der Beklagte betreibt eine Pension, auf der seit November/Dezember 2011 in 13 m Höhe eine Panorama-Webcam montiert ist, die auch Teile der Nachbarliegenschaft des Klägers erfasst; ihr Hauptaugenmerk liegt allerdings auf der Schipiste „Hermann-Maier-Weltcupstrecke“. Der Blickwinkel der Kamera ist nicht ferngesteuert, sondern kann nur manuell verändert werden. Es erfolgt keine Speicherung der Aufnahmen, sondern werden diese in (bescheidener) Auflösung von 640 x 480 Pixel ins Internet gestreamt, wo sie von jedermann auf http://www.*****webcam.html angesehen werden können. Schifahrer auf der Piste und auch alle anderen Personen sind bei der derzeitigen Einstellung der Kamera nur als winzige Figuren erkennbar und somit nicht identifizierbar. Allerdings verfügt die Kamera über die Möglichkeit einer hochauflösenden Bildgebung und einen 18-fachen optischen Zoom und könnten diese Aufnahmen in Höchstauflösung auch auf eine eingesetzte Speicherkarte übertragen und dort auch parallel zur Web-Übertragung abgespeichert werden.

Die Vorinstanzen verneinten eine Beeinträchtigung der Persönlichkeitsrechte des Klägers und wiesen das auf das Datenschutzgesetz 2000 und auf § 16 ABGB gestützte Entfernungs- und Unterlassungsbegehren ab.

Rechtliche Beurteilung

In der Revision stellte der Kläger die Überlegung in den Vordergrund, der Beklagte schöpfe zwar die technischen Möglichkeiten der Kamera derzeit nicht aus, täte er dies aber, dann wäre tatsächlich eine unzulässige Überwachung der Nachbarliegenschaften des Klägers möglich. Es sei dem Kläger nicht zumutbar, ständig zu kontrollieren, welcher Bildausschnitt gerade von der Webcam aufgenommen wird und ob nicht doch mittlerweile eine unzulässige Überwachung vorliegt. Darauf braucht aufgrund folgender Überlegungen nicht weiter eingegangen zu werden:

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wurde der Kläger (erst) im September 2013 auf die Webcam aufmerksam, als sich die Polizei im Zuge der Aufklärung eines Diebstahls danach erkundigte. Daraufhin wurde die Kamera zwischen den Streitteilen, bei denen es sich um Cousins handelt, zu einem weiteren Streitpunkt; die Streitteile führen wegen mehrerer Grundstücks- und Servitutsstreitigkeiten Gerichtsverfahren gegeneinander. Tatsächlich war dem Kläger die Webcam jedoch „egal“, er schaute sich nicht einmal an, was von dieser aufgenommen wird. Vielmehr will der Kläger den Beklagten aufgrund des schwierigen persönlichen Verhältnisses der beiden mit der Klage „traktieren“. Die Kamera beeinträchtigt den Kläger überhaupt nicht, was sich schon daraus ergibt, dass er andere Webcams, die seine Liegenschaften filmen, akzeptiert.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs liegt Rechtsmissbrauch im Sinne des § 1295 Abs 2 ABGB bereits dann vor, wenn unlautere Motive der Rechtsausübung augenscheinlich im Vordergrund stehen und daher andere Ziele der Rechtsausübung völlig in den Hintergrund treten oder wenn zwischen den vom Handelnden verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen des anderen Teils ein krasses Missverhältnis besteht (RIS-Justiz RS0026271 [T23]). Angesichts der Feststellungen der Vorinstanzen kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Motive des Klägers, den Beklagten mit der vorliegenden Klage zu verfolgen, unlauter sind, weshalb der Beklagte bereits im Verfahren erster Instanz zutreffend den Einwand der schikanösen Rechtsausübung erhoben hat (AS 81).

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Der Beklagte hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Der Schriftsatz ist daher als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig anzusehen.

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