15Os188/15h – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Jänner 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Jukic als Schriftführerin in der Strafsache gegen Roland B***** wegen Verbrechen des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 13. Oktober 2015, GZ 22 Hv 30/15z 21, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Roland B***** der Verbrechen des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er zwischen 10. und 13. Juli 2015 in L***** eine wehrlose Person, nämlich die schlafende Silvia F*****, unter Ausnützung deren Zustands dadurch missbraucht, dass er mit ihr den Beischlaf und dem Beischlaf gleichzusetzende Handlungen vornahm, und zwar indem er sie
1.) „am 11. Juli 2015 an der nackten Scheide sowie an der Klitoris streichelte und einen Finger in ihre Vagina einführte;
2.) am 12. Juli 2015 ihre Scheide mit der Zunge abschleckte sowie mit der Zunge in ihre Vagina eindrang;
3.) am 13. Juli 2015 mit seinem Penis in ihre Vagina eindrang und einen Geschlechtsverkehr unternahm.“
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf Z 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.
Unvollständigkeit des Urteils (Z 5 zweiter Fall) liegt dann vor, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ (RIS Justiz RS0098646).
Mit der generellen intellektuellen Leistungsfähigkeit der Zeugin F***** haben sich die Tatrichter dem Einwand der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider auseinandergesetzt (US 8). Indem die Beschwerde aus einer Passage ihrer Aussage (zu ihren Vorstellungen über den Bezug einer gemeinsamen Wohnung mit dem Angeklagten; ON 13 S 4) die spekulative Schlussfolgerung zieht, die Zeugin könne „vorausdenkend planen“ und habe „den Angeklagten zu ihren Gunsten ausnutzen“ wollen, und darauf basierend ihre Glaubwürdigkeit als „keinesfalls höher als jene des Angeklagten“ bewertet, bekämpft sie bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Berufung wegen Schuld und somit unzulässig die Beweiswürdigung der Tatrichter.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen ergibt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.