JudikaturOGH

15Os148/15a – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. Januar 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Jänner 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Jukic als Schriftführerin in der Strafsache gegen Erwin S***** wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau als Schöffengericht vom 13. April 2015, GZ 38 Hv 70/14f 23, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Erwin S***** des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB (I./) und des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 15, 146, 147 Abs 3 StGB (II./) schuldig erkannt.

Danach hat er in R*****

I./ am 19. Juli 2014 an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst verursacht, indem er auf der im gemeinsamen Hälfteeigentum mit seiner Gattin Ehrentraud S***** stehenden Liegenschaft KG *****, EZ *****, „das zwischen dem Heulager und der Garage gelagerte Heu anzündete, wodurch der Heustadl, die angrenzenden Garagen und die Durchfahrt zum Hof vollständig sowie das alte Wohnhaus der Eheleute teilweise abbrannten und auch das neue Wohnhaus der Eheleute durch einen Übergriff des Brandes auf den Dachstuhl und die Außenwand sowie ein Wohnwagenanhänger des Alfred G*****, 100 Heuballen des Karl Sc***** und Einrichtungsgegenstände der Manuela E***** und des Gerhard K***** beschädigt oder zerstört wurden“;

II./ am 21. Juli 2014 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, den zuständigen Sachbearbeiter der D***** Versicherung durch Täuschung über Tatsachen zur Auszahlung einer Versicherungssumme hinsichtlich des alten Wohnhauses zu verleiten versucht, wodurch die D***** Versicherung in einem Betrag von zumindest 350.000 Euro am Vermögen geschädigt worden wäre, indem er dem Außendienstmitarbeiter Günther Z***** den unter Punkt I./ geschilderten, von ihm selbst vorsätzlich verursachten Brand als Versicherungsfall meldete und solcherart vorspiegelte, dass es sich um einen Unfall gehandelt hätte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

Mit der Verfahrensrüge (Z 4) kritisiert der Beschwerdeführer die Abweisung seiner in der Hauptverhandlung am 13. April 2015 gestellten Anträge (ON 22 S 34 f) auf

Vernehmung des Zeugen Karl Sc***** zum Beweis dafür, dass „der Angeklagte den Mietern oftmalig gesagt hat, sie mögen das Verbrennen von Gegenständen im Hof unterlassen, da dadurch ein Brand entstehen könnte“;

Vernehmung der Zeugin Mag. N*****, zum Beweis dafür, dass „der Angeklagte am Bezirksgericht Gmünd nie eine Äußerung getätigt hat, dass er das Haus anzünden würde, dies auch zum Beweis dafür, dass der Angeklagte die Tat nicht begangen hat und auch keinen Tatvorsatz hatte“;

Vernehmung des Zeugen Johannes K*****, des Baumeisters, zum Beweis dafür, dass „dieser keine Auflagen hatte für die Errichtung des Neubaus und auch der Abbruch des alten Wohnhauses nicht eine Auflage war, und demgemäß im Jahre 2015 überhaupt keine Veranlassung bestanden hat, das Wohnhaus abzureißen“;

Vernehmung der Zeugen Petra und Andreas F***** zum Beweis dafür, dass „es am Vortag eine Rauch und Gestanksentwicklung gegeben hat an Ort und Stelle, dass offenkundig von wem auch immer im Gebäudekomplex des Angeklagten ein Feuer gemacht wurde und Müll verbrannt wurde und dass sich daraus ergeben könnte, dass eben durch Funkenflug am nächsten Tag hier ein Brand entstanden ist“;

schließlich auf Einholung des Gutachtens eines Brandsachverständigen zum Beweis dafür, dass der Brand durch den Funkenflug eines am Vortag entzündeten Feuers entstanden sein könnte.

Dem Beschwerdevorbringen zuwider wurden durch die Abweisung der Anträge in der Hauptverhandlung (ON 22 S 37) Verteidigungsrechte nicht verletzt.

Ein Beweisantrag hat nicht nur Beweisthema und Beweismittel anzugeben, sondern auch zu begründen, warum die beantragte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lasse und inwieweit dies für die Schuld oder Subsumtionsfrage von Bedeutung ist. Ist das beantragte Beweismittel nicht geeignet, eine erhebliche Tatsache zu beweisen, kann die Beweisaufnahme unterbleiben (§ 55 Abs 1 und 2 StPO; Ratz , WK StPO § 281 Rz 327).

Die Anträge auf Vernehmung der Zeugen Sc*****, Mag. N***** und K***** ließen nicht erkennen, inwieweit die Beweisführung für die Schuld oder Subsumtionsfrage von Bedeutung sei, was im konkreten Fall mangels ohne weiteres gegebener Erkennbarkeit des Konnexes zum Verfahrenszweck geboten gewesen wäre (RIS Justiz RS0118444; Ratz , WK StPO § 281 Rz 327 f). Eine erfolgversprechende Bereicherung der zur Wahrheitsfindung führenden Prämissen durch die Beweisführung war daher nicht zu erwarten (RIS Justiz RS0116987). Beim Antrag auf Vernehmung der Zeugin Mag. N***** ist zudem nicht erkennbar, weshalb die Zeugin bestätigen können sollte, dass der Angeklagte eine nach den Urteilsfeststellungen „im Umfeld dieses Gerichtstermins“ (US 4) erfolgte Äußerung nicht getätigt oder gar „die Tat nicht begangen hat und auch keinen Tatvorsatz hatte“.

Die Anträge auf Vernehmung der Zeugen Petra und Andreas F***** sowie auf Einholung eines Brandsachverständigengutachtens wurden zu Recht als unzulässige Erkundungsbeweise abgewiesen. Es wurde im Antrag nämlich nicht dargetan, aus welchen Gründen zu erwarten gewesen wäre, dass die auf die spekulative Möglichkeit einer alternativen Brandursache gerichtete Beweisführung das vom Antragsteller behauptete Ergebnis haben würde (vgl RIS Justiz RS0118123).

Dass sich das Erstgericht bei Konstatierung der Annahmen zur subjektiven Tatseite auf Indizien stützte, macht die Beweiswürdigung der Mängelrüge (Z 5) zuwider nicht mangelhaft (vgl Lendl , WK StPO § 258 Rz 24).

Mit den Depositionen der Zeugen Sc***** über das ihm vom Angeklagten zu einem Abbrandfleck im Bereich der Einfahrt Erzählte (ON 3 S 67) und L***** über den Bericht dritter Personen ein angebliches Feuer am Vortag betreffend (ON 22 S 24) musste sich das Gericht nicht auseinandersetzen (Z 5 zweiter Fall). Gleiches gilt für die Aussage des Zeugen K***** über einen im Freien benutzten „Geselligkeitsofen“ (ON 22 S 9), die wie die vorgenannten Angaben von der Beschwerde lediglich als Basis für beweiswürdigende Spekulationen über andere mögliche Geschehensvarianten verwendet wird.

Die Feststellungen des Erstgerichts zur Schuld des Angeklagten wurden auf eine Gesamtwürdigung der Beweisergebnisse, insbesondere auf die Angaben der Zeugen L***** und Za***** (US 7 f), Zi***** (US 6) sowie des Einsatzleiters der Freiwilligen Feuerwehr R***** (US 8) gegründet und es wurde dabei auch die Verantwortung des Angeklagten in die Überlegungen einbezogen (US 6 ff). Von einer offenbar unzureichenden Begründung (Z 5 vierter Fall) kann daher nicht die Rede sein. Dass die vom Erstgericht gezogenen Schlüsse nicht zwingend sind, macht die Beweiswürdigung nicht mangelhaft im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (RIS Justiz RS0099455). Die von der Beschwerde angestellte eigenständige Bewertung der Beweisergebnisse mit dem Ziel, eine andere Brandursache plausibel zu machen, erweist sich so als bloße Beweiswürdigungskritik nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Berufung wegen Schuld.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) kritisiert das Fehlen von Feststellungen zur Gemeingefährlichkeit des Feuers, vernachlässigt dabei aber jene Urteilsannahmen zu einer potentiell (abstrakten) Gefährlichkeit (vgl Murschetz in WK 2 StGB § 169 Rz 6), wonach das Feuer geeignet war, eine Gefahr für Leib und Leben einer unbestimmten Zahl von Personen herbeizuführen, und zwar „sowohl unmittelbar aufgrund des Feuers, da sich Ehrentraud S***** im neuen Wohnhaus aufhielt und es auch nicht auszuschließen war, dass die Mieterin Manuela E***** im alten Wohnhaus aufhältig gewesen wäre, als auch aufgrund des erforderlichen und für die Helfer gefährlichen Feuerwehreinsatzes (US 13; zu den Begriffsmerkmalen einer Feuersbrunst vgl im Übrigen 13 Os 54/06z; 12 Os 146/09t). Welcher Konstatierungen es darüber hinaus bedurft hätte, vermag die Rüge nicht anzugeben. Die in diesem Zusammenhang vermissten Konstatierungen zur subjektiven Tatseite, einschließlich eines auf die Gemeingefährlichkeit des Feuers bezogenen Vorsatzes, befinden sich auf US 4 iVm US 14.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der hiezu erstatteten Äußerung des Angeklagten bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung ergibt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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