JudikaturOGH

20Os16/15a – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. Dezember 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 11. Dezember 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Fellinger als weiteren Richter und die Rechtsanwälte Dr. Mörth und Dr. Rothner als Anwaltsrichter in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Jukic als Schriftführerin in der Disziplinarsache gegen Dr. *****, Rechtsanwalt in *****, wegen der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes über die Berufung wegen Strafe des Kammeranwalts der OÖ Rechtsanwaltskammer gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der OÖ Rechtsanwaltskammer vom 11. Mai 2015, AZ D 44/14 (DV 16/15, TZ 20), nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr. Geymayer, des Kammeranwalts Mag. Lughofer, LL.M. und des Disziplinarbeschuldigten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde Dr. ***** der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes schuldig erkannt.

Danach hat er

eine am 1. Jänner 2014 fällige Forderung der U***** AG verspätet, nämlich erst am (richtig:) 30. Mai 2014 bezahlt, sodass das Versicherungsunternehmen genötigt war, Klage einzubringen;

ferner die auf ihn als Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuchs ***** entfallenden Aufwendungen für die Monate September 2013 bis einschließlich Februar 2014 trotz Zahlungszusage am 10. Februar 2014 nicht bezahlt, sodass Klage über ursprünglich 4.253,34 Euro samt Nebengebühren eingebracht werden musste. Auch habe er trotz des in diesem Verfahren am 5. Juni 2014 abgeschlossenen Vergleichs die sich daraus ergebende Kapitalforderung von (ausgedehnt) 7.615,74 Euro sowie die Kosten und Zinsen von 1.180,71 Euro nicht wie vereinbart am 20. Juni 2014, sondern erst am 28. Juli 2014 bezahlt.

Der Disziplinarrat beurteilte dieses Verhalten als Verstoß gegen § 3 RL BA iVm § 1 DSt und verhängte unter Bedachtnahme auf das Erkenntnis des Disziplinarrats vom 27. Oktober 2014, AZ D 85/13 (DV 16/14) gemäß §§ 31, 40 StGB eine Zusatzgeldbuße von 1.000 Euro. Als erschwerend wertete der Disziplinarrat das Zusammentreffen mehrerer Disziplinarvergehen; mildernd war das Geständnis des Disziplinarbeschuldigten.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Berufung wegen Strafe des Kammeranwalts der OÖ Rechtsanwaltskammer mit dem Antrag, eine der Tat und dem Schuldgehalt entsprechend höhere Zusatzstrafe zu verhängen. Der Disziplinarbeschuldigte hat dazu keine Gegenäußerung erstattet.

Der Disziplinarbeschuldigte wurde wegen einer Vielzahl gleichartiger Vergehen mit einem Schaden von rund 38.000 Euro bereits am 27. Oktober 2014 zu AZ D 85/13 (DV 16/14) zu einer Geldbuße von 3.000 Euro verurteilt; diese Verurteilung ist rechtskräftig. Die ihm nunmehr zur Last gelegten Handlungen und Unterlassungen stammen aus der Zeit vor dieser Verurteilung, sodass eine Zusatzstrafe zu verhängen war.

Bei der Strafbemessung im Fall einer nachträglichen Verurteilung ist die Zusatzstrafe innerhalb der in § 31 StGB bestimmten Grenzen so zu bemessen, dass die Summe der Strafen jener Größe entspricht, die bei gemeinsamer Aburteilung zu verhängen gewesen wäre. Dabei sind gedanklich auch die bereits rechtskräftig abgeurteilten Straftaten in eine eigene Bewertung aller im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegenden Strafzumessungsgründe einzubeziehen. Hierbei können im Zusammenhalt die schon im früheren Erkenntnis bewerteten Strafzumessungstatsachen mehr oder weniger Gewicht erhalten und sich daher bei der Gesamtwertung nach § 40 StGB unterschiedlich auswirken (13 Os 115/89).

Tatsächlich bemängelt die Berufung allerdings, dass bei einer Gesamtbetrachtung aller Vergehen des Disziplinarbeschuldigten (15 Fälle nicht bezahlter Verbindlichkeiten in Höhe von mehr als 50.000 Euro) die Gesamt strafe von 4.000 Euro zu gering wäre. Damit richtet sich das Rechtsmittel im Ergebnis nicht gegen die Höhe der Zusatzstrafe, sondern gegen die bereits rechtskräftige Sanktionierung des Disziplinarbeschuldigten zu AZ D 85/13.

Es ist aber unzulässig, bei der Bedachtnahme auf eine bereits rechtskräftig verhängte Unrechtsfolge durch die Zusatzstrafe einen im ersten Verfahren als zu niedrig empfundenen Ausspruch durch einen strengeren Zusatz kompensieren zu wollen, um insgesamt zu einer strengeren Strafe zu gelangen (13 Os 98/09z; 13 Os 115/88).

Mit seiner Berufung wegen Strafe strebt der Kammeranwalt eine Verletzung des in § 17 Abs 1 StPO ausdrücklich normierten Grundsatzes des „ ne bis in idem“ an, weshalb dem Rechtsmittel ein Erfolg zu versagen war.

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