JudikaturOGH

15Os146/15g – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. Dezember 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Dezember 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wüstner als Schriftführer in der Strafsache gegen Christian H***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren und durch Einbruch begangenen gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Andreas H***** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 30. Juni 2015, GZ 27 Hv 39/15v 63, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten Andreas H***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch unangefochten gebliebene Schuldsprüche der Mitangeklagten Christian H***** und Hakan K***** sowie Freisprüche enthält, wurde Andreas H***** des Verbrechens des schweren und durch Einbruch begangenen gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 erster Fall StGB (A./III./, IV./ und V./), des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (B./2./), des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB (D./1./) sowie des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (E./) schuldig erkannt.

Danach hat er

A./ im bewussten und gewollten Zusammenwirken teils mit Christian H***** (A./IV./), teils mit Hakan K***** (A./V./) und teils mit beiden (A./III./) als Mittäter (§ 12 StGB) zu den im Urteil angeführten Zeiten an den dort genannten Orten jeweils in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, in acht Angriffen fremde bewegliche Sachen, nämlich Fahrzeugbestandteile, Musikinstrumente und Elektrogeräte in einem insgesamt 3.000 Euro übersteigenden Gesamtwert den im Urteil Genannten teilweise durch Einbruch nämlich zu A./III./4./ durch Eindringen in einen Lagerplatz nach Durchtrennung des Maschendrahtzauns sowie zu A./V./2./ nach Aufschrauben einer Sperrvorrichtung einer Baustellentür mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;

B./2./ im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Christian H***** und Hakan K***** als Mittäter (§ 12 StGB) am 6. November 2014 in B***** die am Wohnmobil der Daniela G***** montierten Kennzeichentafeln, sohin Urkunden, über welche sie nicht verfügen durften, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden;

D./ am 9. Februar 2015 in K***** Hakan K***** durch die telefonische Äußerung „ich bring dich um“ gefährlich mit dem Tod bedroht, um den Genannten in Furcht und Unruhe zu versetzen;

E./ am 1. Jänner 2015 in A***** Stefan M***** vorsätzlich am Körper verletzt, indem er ihn in den Schwitzkasten nahm und ihm zumindest einen Faustschlag in das Gesicht versetzte, wodurch der Genannte Abschürfungen im Gesicht sowie ein Hämatom im Bereich des Auges erlitt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5a und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Andreas H*****, der in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur keine Berechtigung zukommt.

Z 5a will als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS Justiz RS0118780).

Soweit die Tatsachenrüge zu A./III./, A./IV./ und A./V./ die Einschätzung des Schöffengerichts betreffend die Glaubwürdigkeit der den Rechtsmittelwerber belastenden Angaben des Zweitangeklagten Hakan K***** unter Hinweis auf Widersprüchlichkeiten in dessen Aussagen (welche das Erstgericht ohnehin berücksichtigte; vgl US 28 f) in Frage stellt, verkennt sie, dass der zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit einer Aussageperson aufgrund des von dieser in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks führende kritisch psychologische Vorgang als solcher der Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde entzogen ist (RIS Justiz RS0106588).

Zu A./III./, A./IV./ und A./V./ des Schuldspruchs stellt die Beschwerde umfassende eigenständige Beweiswerterwägungen, nicht nur zum Wahrheitsgehalt der Belastung durch Hakan K*****, sondern auch zum Beweiswert der (vom Schöffengericht gewürdigten) Einlassung des Christian H***** (US 29 f) sowie der Zeugenaussagen von Mario Ha***** (US 32), Hans-Peter H***** und Nina Z***** (US 53) an. Sie wendet sich damit nur in unzulässiger Weise gegen die vom erkennenden Gericht gefundene Lösung der Tatfrage, ohne erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der entscheidenden Tatsachen zu wecken (RIS Justiz RS0119583).

Mit Berufung auf den Zweifelsgrundsatz („in dubio pro reo“) wird keine Nichtigkeit aus Z 5 oder 5a aufgezeigt, sondern in unzulässiger Weise die dem Schöffensenat vorbehaltene Beweiswürdigung bekämpft (RIS Justiz RS0102162 [T3]).

Mit der Bezugnahme auf eine Passage der Aussage des Zeugen Johann H*****, wonach (nur) Christian H***** und Hakan K***** die Wärmekabine zu ihm nach Hause gebracht hätten (ON 31 S 735), sowie dem (ohne Aktenbezug [RIS Justiz RS0124172] erfolgten) Hinweis auf eine vorgelegte Fliesenrechnung werden (zu A./V./2./) ebenfalls keine erheblichen Bedenken geweckt.

Da unter dem Aspekt der Sachverhaltsermittlung der Nichtigkeitsgrund der Z 5a des § 281 Abs 1 StPO gegenüber jenem der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO subsidiär ist ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 479 f), hätte eine erfolgreiche Aufklärungsrüge betreffend das Unterbleiben der Einholung eines Gutachtens zur Überprüfung des von Hakan K***** zu A./III./5./ geschilderten Geschehensverlaufs deutlich zu machen gehabt, wodurch der Nichtigkeitswerber an der Ausübung seines Rechts, die vermisste Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung zu beantragen, gehindert war (RIS Justiz RS0115823).

Gegen die der Annahme von Gewerbsmäßigkeit zugrundeliegenden Feststellungen (US 23) wendet die Tatsachenrüge abermals ohne Bezugnahme auf eine argumentative Basis im Akt (RIS Justiz RS0117446) ein, der Nichtigkeitswerber habe ein monatliches Einkommen von 800 Euro bezogen und sei von seinen Eltern verpflegt worden, weshalb seine finanzielle Situation keineswegs als „trist“ zu bezeichnen wäre. Sie lässt jedoch prozessordnungswidrig außer Acht, dass die Tatrichter die diesbezüglichen Konstatierungen auch aus der (einschlägigen) Vorstrafenbelastung, der professionellen Vorgangsweise, der Vielzahl der gleichartigen Angriffe sowie dem Umstand ableiteten, dass das Diebesgut teilweise im Internet zum Verkauf angeboten wurde (US 44 f iVm 12 ff).

Die zu B./2./ aus Z 5a erstattete Rüge bezeichnet die tatrichterliche Beweiswürdigung (US 47 f) schlicht als „erheblich verfehlt“ und spricht der vom Schöffengericht als schlüssig erachteten Darstellung des Hakan K***** (US 47) neuerlich die Überzeugungskraft ab, um der als unglaubwürdig verworfenen (US 48) Verantwortung des Nichtigkeitswerbers zum Durchbruch zu verhelfen. Auch damit wird der aus Z 5a eröffnete Anfechtungsrahmen überschritten.

Zu D./1./ stellt die Tatsachenrüge Spekulationen über das Vorliegen einer Falschbezichtigung, eines Irrtums über die Person des Anrufers und über das Vorliegen einer „milieubedingten lockeren Redeweise“ an. Sie zieht damit nur die vom Erstgericht festgestellte Täterschaft des Nichtigkeitswerbers sowie die Ernstlichkeit der Äußerung in Zweifel (US 26, 49 f), ohne auf konkrete Beweismittel Bezug zu nehmen (vgl neuerlich RIS Justiz RS0117446).

Aus welchem Grund eine namentliche Benennung der zu A./V./1./ angeführten Unbekannten, welchen im November 2014 aus einer Tiefgarage in Salzburg die Reifensätze der Marke „Michelin“, und der Marke „Vredestein“ auf OZ-Racing-Felgen, weggenommen wurden (US 22), erforderlich sein sollte, lässt die Rechtsrüge (Z 9 lit a), die darauf hinweist, dass „gar keine Anzeige eines Geschädigten“ vorliege, nicht erkennen.

Soweit der Nichtigkeitswerber schließlich ohne ein Vorbringen zum Schuldspruch E./ die Aufhebung des gesamten ihn betreffenden Schuldspruchs beantragt, ist auf seine Beschwerde keine Rücksicht zu nehmen (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Andreas H***** war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a StPO.

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