JudikaturOGH

13Os116/15f – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. Oktober 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Oktober 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Ortner als Schriftführer in der Strafsache gegen Dr. Fabian V***** wegen des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 und 2 vierter Fall StGB aF sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 28. Juli 2015, GZ 37 Hv 48/15p 107, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Dr. Fabian V***** wurde mit Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 6. Dezember 2013 (ON 84) der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB idF vor BGBl I 2013/116 (A), der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB idF vor BGBl I 2013/116 (B/I), der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 und Abs 2 vierter Fall StGB idF vor BGBI I 2013/116 (B/II) sowie des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB idF vor BGBl I 2013/116 (C), mehrerer Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (D/I), des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB (D/II), mehrerer Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (E) und des Vergehens der beharrlichen Verfolgung nach § 107a Abs 1 StGB (F) schuldig erkannt.

Danach hat er

(A) am 16. November 2011 in T***** Benedikt F***** mit Gewalt, nämlich durch das Verabreichen flunitrazepamhältiger Substanzen, zur Duldung des Oralverkehrs genötigt,

(B) in T***** außer den Fällen des § 201 StGB Benedikt F***** mit Gewalt, nämlich durch das Verabreichen flunitrazepamhältiger Substanzen, zur Duldung geschlechtlicher Handlungen genötigt, und zwar

I) im Februar 2012 zur Duldung von Manipulationen an seinem Penis und

II) am 22. Februar 2012 zur Duldung einer Ejakulation gegen seinen entblößten Oberkörper und sein Gesicht, wodurch der Genötigte in besonderer Weise erniedrigt wurde,

(C) im Februar 2011 in C***** eine wehrlose Person unter Ausnützung dieses Zustands dadurch missbraucht, dass er an ihr eine geschlechtliche Handlung vornahm, indem er den Penis des schlafenden Benedikt F***** betastete,

(D) andere am Körper verletzt, nämlich

I) vom Februar 2011 bis zum Mai 2012 in T***** und an anderen Orten wiederholt Benedikt F***** durch das Verabreichen flunitrazepamhältiger Substanzen und

II) im April oder Mai 2009 in M***** fahrlässig Dominik F*****, indem er ihn durch Pressen eines erst unmittelbar davor gelöschten Streichholzes gegen den Unterarm vorsätzlich am Körper misshandelte,

(E) vom November 2011 bis zum Mai 2012 in T***** und an anderen Orten Benedikt F***** mit Gewalt, nämlich durch das Verabreichen flunitrazepamhältiger Substanzen, wiederholt zur Duldung des Anfertigens mehrerer Lichtbilder seines entblößten Penis genötigt und

(F) vom Juni 2012 bis zum August 2012 in T*****, W***** und an anderen Orten Benedikt F***** dadurch widerrechtlich beharrlich verfolgt, dass er in einer Weise, die geeignet war, ihn in seiner Lebensführung unzumutbar zu beeinträchtigen, fortgesetzt durch eine Vielzahl von SMS, Telefonanrufen und Internetnachrichten Kontakt zu ihm herstellte.

Dieses Urteil hob der Oberste Gerichtshof mit Erkenntnis vom 15. April 2015 (ON 98) in den Schuldsprüchen wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB (C) und des Vergehens der beharrlichen Verfolgung nach § 107a Abs 1 StGB (F) sowie demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Konfiskation) und im Adhäsionserkenntnis auf und verwies die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Wiener Neustadt.

Mit Beschluss vom 6. Mai 2015 (ON 100) stellte das Landesgericht Wiener Neustadt das Verfahren hinsichtlich der von der Aufhebung umfassten Teile des am 6. Dezember 2013 gefällten Schuldspruchs (C und F) gemäß § 227 Abs 1 StPO ein.

Mit dem nunmehr angefochtenen Urteil wurde Dr. Fabian V***** wegen der durch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 15. April 2015 (ON 98) in Rechtskraft erwachsenen Teile jenes Schuldspruchs (A, B, D und E) unter Bedachtnahme auf § 28 Abs 1 StGB nach dem ersten Strafsatz des § 202 Abs 2 StGB idF vor BGBl I 2013/116 zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Der Einwand der Sanktionsrüge, die Berücksichtigung des Herbeiführens sowie des Ausnützens der Wehr und Hilflosigkeit des Opfers im Rahmen der Strafbemessung (US 5) verstoße mit Blick auf die Tatbestandselemente des § 205 Abs 1 StGB gegen das Doppelverwertungsverbot des § 32 Abs 2 erster Satz StGB (Z 11 zweiter Fall) ist unverständlich, weil ein Schuldspruch nach § 205 Abs 1 StGB hier gar nicht vorliegt.

Bei den Tatbeständen, nach denen Schuldsprüche erfolgten (§§ 201 Abs 1, 202 Abs 1 und 2, 83 Abs 1 und 2, 105 Abs 1 StGB), bestimmt die Wehr und Hilflosigkeit des Opfers keinesfalls die Strafdrohung, aus welchem Grund die Einbeziehung dieses Umstands in die Erwägungen zur Strafbemessung auch keinen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot darstellt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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