13Os100/15b – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Oktober 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Ortner als Schriftführer in der Strafsache gegen Franz C***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1 und 2, 130 vierter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 13. Juli 2015, GZ 50 Hv 33/15b 22, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der Subsumtion nach § 130 vierter Fall StGB und in der zum Schuldspruch gebildeten Subsumtionseinheit sowie demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Wiener Neustadt verwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Ihm fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz C***** des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1 und 2, 130 vierter Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat er in L***** und an einem weiteren Ort mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen durch Einbruch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, den im Urteil bezeichneten Gewahrsamsträgern, teilweise durch Einschlagen oder Aufzwängen von Fenstern von Gebäuden sowie durch Aufbrechen von Behältnissen, fremde bewegliche Sachen weggenommen, und zwar
zwischen 14. und 15. Mai 2015 ein Brecheisen und einen Hammer,
zwischen 15. und 16. Mai 2015 Bargeld im Betrag von 200 Euro sowie
am 19. Mai 2015 Bargeld im Betrag von 650 Euro.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
Die Mängelrüge ist nur dann gesetzmäßig ausgeführt, wenn sie die Gesamtheit der Entscheidungsgründe berücksichtigt (RIS Justiz RS0119370). Diesen Anfechtungsrahmen verlässt die Beschwerde (Z 5 vierter Fall), indem sie eine unzureichende Begründung behauptet, dabei aber die auf die geständige Verantwortung des Angeklagten gestützten Erwägungen des Erstgerichts übergeht (vgl US 4).
Mit dem Hinweis auf die Obdachlosigkeit und die tristen finanziellen Verhältnisse des Beschwerdeführers spricht die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) bloß das Tatmotiv und damit keinen für die Lösung der Schuld- oder der Subsumtionsfrage entscheidenden Umstand an (RIS Justiz RS0088761 ).
Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS Justiz RS0099810).
Diesen Anfechtungskriterien wird die Subsumtionsrüge (Z 10) nicht gerecht.
Die Behauptung der Rüge, die Notlage des Angeklagten (die vom Erstgericht bei der Strafbemessung berücksichtigt wurde) stehe einer Subsumtion nach § 130 vierter Fall StGB entgegen, entbehrt der gebotenen Ableitung aus dem Gesetz (RIS Justiz RS0116565).
Der weitere Einwand bestreitet nicht nur die auf US 4 festgestellte Intention des Rechtsmittelwerbers, sondern entfernt sich auch hinsichtlich der Anzahl der angelasteten Taten (zwei statt drei, vgl US 3 f) vom Feststellungssubstrat . Im Übrigen steht nicht einmal die Verwirklichung bloß einer Tat der Annahme von Gewerbsmäßigkeit entgegen (vgl zu den weiteren Voraussetzungen RIS Justiz RS0108366).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof jedoch, dass zum Nachteil des Angeklagten das Strafgesetz unrichtig angewendet wurde (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO):
G ewerbsmäßigkeit verlangt die Absicht des Täters, sich durch die wiederkehrende Begehung der in Rede stehenden strafbaren Handlung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (§ 70 StGB).
Die in der Legaldefinition der Gewerbsmäßigkeit verwendeten Begriffe „wiederkehrend“ und „fortlaufend“ bringen gemeinsam zum Ausdruck, dass es dem gewerbsmäßig handelnden Täter darauf ankommt, sich durch die wiederholte Begehung der strafbaren Handlung eine zumindest für einen längeren Zeitraum wirksame Einkommensquelle zu erschließen ( Jerabek in WK² StGB § 70 Rz 7). Dabei stellt die Rechtsprechung stets eine Einzelfallbetrachtung an, als deren Richtschnur folgende Überlegung angesehen werden kann: Je höher die Frequenz der (bereits erfolgten oder intendierten) Angriffe ist, desto geringer sind die Anforderungen an die beabsichtigte zeitliche Ausdehnung des Einnahmeflusses und vice versa (
13 Os 121/14i mwN).
Da die angefochtene Entscheidung im Hinblick auf diese Kriterien den gebotenen Sachverhaltsbezug hinsichtlich der zeitlichen Komponente der Intention des Angeklagten, sich durch wiederkehrende Delinquenz eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, nicht herstellt („längeren Zeitraum“ was das Erstgericht darunter versteht, sagt die Entscheidung nicht) leidet der Schuldspruch an Nichtigkeit aus Z 10 des § 281 Abs 1 StPO (
13 Os 102/12t, JBl 2013, 677; RIS Justiz RS0119090 [insbesondere T8 und T11]).
Dieser Rechtsfehler mangels Feststellungen erforderte die teilweise Aufhebung des Urteils wie aus dem Spruch ersichtlich schon bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO iVm § 285e StPO).
Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenersatzpflicht, die die amtswegige Maßnahme nicht umfasst ( Lendl , WK StPO § 390a Rz 12), beruht auf § 390a Abs 1 StPO.