11Os140/15w – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Oktober 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Ortner als Schriftführer in der Strafsache gegen Konrad R***** wegen des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB, AZ 53 Hv 64/15s des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss dieses Gerichts vom 7. Juli 2015 (ON 25) erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Staatsanwältin Mag. Wenger zu Recht erkannt:
Spruch
Der Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 7. Juli 2015, GZ 53 Hv 64/15s 25, verletzt § 53 Abs 1 erster Satz StGB.
Der Beschluss wird aufgehoben und der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Widerruf der „bedingten Strafnachsicht zu den Verurteilungen des Landesgerichts Eisenstadt, AZ 11 Hv 88/11d, und des Landesgerichts für Strafsachen Wien, AZ 63 Hv 54/11p“, abgewiesen.
Text
Gründe:
Konrad R***** wurde mit rechtskräftigem Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Vollzugsgericht vom 11. November 2014 am 19. Dezember 2014 aus dem Vollzug der mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 29. Juli 2011, AZ 63 Hv 54/11p, ausgesprochenen viermonatigen Freiheitsstrafe und der mit Urteil des Landesgerichts Eisenstadt vom 22. März 2012, AZ 11 Hv 88/11d, verhängten (Zusatz )Freiheitsstrafe von 44 Monaten gemäß § 46 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt entlassen (AZ 47 BE 235/14f des Landesgerichts Wiener Neustadt; nunmehr AZ 187 BE 339/14m des Landesgerichts für Strafsachen Wien).
Mit unbekämpft in Rechtskraft erwachsenem (gekürzt ausgefertigtem) Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 7. Juli 2015, GZ 53 Hv 64/15s 25, wurde Konrad R***** des im September 2014 während laufenden Strafvollzugs begangenen Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten verurteilt.
Gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO iVm § 53 Abs 1 StGB fasste das Gericht einen Beschluss auf Widerruf der dem Genannten mit dem (eingangs dargestellten) Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Vollzugsgericht vom 11. November 2014 gewährten -bedingten Entlassung; auch diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.
Rechtliche Beurteilung
Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, steht dieser Beschluss mit dem Gesetz nicht in Einklang.
Nach § 53 Abs 1 erster Satz StGB kommt ein auf neuerliche Delinquenz gegründeter Beschluss auf Widerruf einer bedingten Entlassung aus der Freiheitsstrafe abgesehen von hier nicht aktuellen Ausnahmen (§ 53 Abs 1 letzter Satz StGB) nur im Fall der Verurteilung des Rechtsbrechers wegen einer während der Probezeit begangenen strafbaren Handlung in Betracht (RIS Justiz RS0092019; RS0092708).
Da die für die Beschlussfassung zum Anlass genommene Straftat nicht während der Probezeit nach bedingter Entlassung, sondern vor deren Beginn verübt wurde, verletzt der Beschluss § 53 Abs 1 erster Satz StGB.
Der Oberste Gerichtshof sah sich, weil der Beschluss dem Verurteilten zum Nachteil gereicht, dazu veranlasst, diesen aufzuheben und den bezüglichen (erkennbar auf Widerruf der bedingten Entlassung aus dem Vollzug zweier zitierter Verurteilungen abzielenden) Antrag der Staatsanwaltschaft (ON 12) abzuweisen.
Einer förmlichen Aufhebung auf dem kassierten Beschluss beruhender Anordnungen und Verfügungen bedurfte es nicht (RIS Justiz RS0100444; Ratz , WK StPO § 292 Rz 28).