JudikaturOGH

11Os86/15d – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Oktober 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Oktober 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Ortner als Schriftführer in der Strafsache gegen Raquel K***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens der Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen nach §§ 83 Abs 1, 85 Z 1 und 3 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen des Angeklagten Ramon T***** und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 10. April 2015, GZ 12 Hv 164/14b 91, sowie über die Beschwerde des T***** gegen einen Beschluss gemäß § 494a StPO nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Staatsanwältin Mag. Wenger, des Angeklagten T***** und der Verteidigerinnen Dr. Kronberger und Mag. Schweizer zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten T***** wird verworfen.

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Freispruch des Angeklagten T*****, demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) ebenso wie der Beschluss auf Widerruf bedingter Strafnachsicht aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Klagenfurt verwiesen.

Darauf werden der Angeklagte T***** mit seiner Berufung und Beschwerde ebenso wie die Staatsanwaltschaft mit ihrer diesen Angeklagten betreffenden Berufung verwiesen.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft in Ansehung der Angeklagten Raquel K***** wird dahingehend Folge gegeben, dass über diese unter Beibehaltung der bedingten Strafnachsicht eine Freiheitsstrafe von 10 Monaten verhängt wird.

Den Angeklagten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch der Angeklagten Raquel K***** enthaltenden Urteil, das im Übrigen mit einem verfehlt in Beschluss- statt in Urteilsform gefassten Verfolgungsvorbehalt verbunden ist (s US 1; vgl RIS Justiz RS0102875; Lewisch , WK StPO § 263 Rz 96, 100; Ratz , WK StPO § 281 Rz 547), wurde Ramon T***** des Verbrechens der Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen nach §§ 83 Abs 1, 85 Z 1, Z 3 StGB (A./1./) sowie der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (A./2./), der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (A./3./) und der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (A./4./), Raquel K***** des Vergehens des Quälens oder Vernachlässigens unmündiger oder wehrloser Personen nach § 92 Abs 1 StGB (B./) schuldig erkannt.

Danach hat in K***** und andernorts

A./ Ramon T*****

1./ in der Nacht zum oder am 1. März 2014 die drei Monate alte Kimberly K***** durch Erfassen und Schütteln ihres Körpers sowie durch Stoßen bzw Schlagen gegen eine harte Oberfläche am Körper verletzt, wodurch diese neben Hämatomen im Gesichts- und Rückenbereich einen Bruch des Schädeldachs links, Einblutungen zwischen die harte und weiche Hirnhaut links sowie eine ausgeprägte Hirnschwellung, eine Einblutung in den Augenhintergrund beider Augen sowie Brüche des linken Oberarms und des linken Oberschenkels erlitt, wobei die Tat schwere Dauerfolgen, nämlich eine kombinierte Entwicklungsstörung auf allen Entwicklungsebenen (Motorik, Sprache, Verhalten, Kognition) mit lebenslangen Folgeerscheinungen und langfristigen seelischen Qualen zur Folge hatte;

2./ am 1. März 2014 Raquel K***** durch Versetzen eines Faustschlags in das Gesicht am Körper verletzt (Cut über der Nase);

3./ am 29. Oktober 2014 Ralf U*****, der wegen der Lärmbelästigung durch den Angeklagten im Begriff war, die Polizei anzurufen, durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Körperverletzung, und zwar durch die Äußerung, „ich haue dir eine in die Fresse“, wobei er eine geballte Faust gegen ihn erhob, zur Unterlassung der Verständigung der Polizei zu nötigen versucht;

4./ am 24. Februar 2015 die Polizeibeamten S***** und Ko***** durch die Äußerung, ihr Verhalten werde Folgen haben, er werde ihre Namen herausbekommen, er werde nach Abschluss der Sache zurückkehren, aber nicht allein, gefährlich mit zumindest einer Körperverletzung bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen;

B./ Raquel K***** am 1. März 2014 ihrer am 23. November 2013 geborenen Tochter Kimberly K*****, die ihrer Fürsorge und Obhut unterstand, trotz erkennbarer Verschlechterung deren gesundheitlichen Zustands durch Wahrnehmung zunehmender Müdigkeit und Weinerlichkeit, einer Rötung im Stirnbereich sowie eines starren Blicks der Augen, körperliche und seelische Qualen zugefügt, indem sie sie mehrere Stunden lang keiner ärztlichen Versorgung zuführte.

Unter einem wurde der Angeklagte T***** (wie auch bei K***** verfehlt von der rechtlichen Kategorie Lendl , WK StPO § 259 Rz 1, 11) vom weiteren Anklagevorwurf gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen, er habe am 1. März 2014 seiner am 23. November 2013 geborenen Tochter Kimberly K*****, die seiner Fürsorge und Obhut unterstand, trotz erkennbarer Verschlechterung ihres gesundheitlichen Zustands durch Wahrnehmung ihrer zunehmenden Müdigkeit und Weinerlichkeit, einer Rötung im Stirnbereich sowie eines starren Blicks der Augen, körperliche Qualen zugefügt, indem er sie mehrere Stunden lang keiner ärztlichen Versorgung zuführte.

Rechtliche Beurteilung

Die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten T***** richtet sich gegen die ihn betreffenden Schuldsprüche.

Die Staatsanwaltschaft bekämpft hingegen den Freispruch des T***** mit auf die Gründe der Z 5 und 9 lit a leg cit sowie eventualiter den diesen betreffenden Sanktionsausspruch mit auf Z 11 gegründeter Nichtigkeitsbeschwerde.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ramon T***** :

Zum Schuldspruch A./1./ :

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung des (richtig erst) am 10. April 2015 gestellten Antrags (ON 90 S 13) auf Vernehmung der am 3. Jänner 2010 geborenen Rachel K***** Verteidigungsrechte schon deshalb nicht verletzt, weil dieser Antrag jegliche Bezeichnung eines Beweisthemas (§ 55 Abs 1 zweiter Satz StPO) vermissen ließ (vgl RIS Justiz RS0099301).

Im Übrigen hätte der Beweisantrag angesichts der gutachterlichen Ausführungen der psychologischen Sachverständigen, wonach mit Blick ua auf das lange (über ein Jahr) Zurückliegen des Vorfalls und das damalige Sprachniveau der Rachel K***** „die Aussageverlässlichkeit verschwindend klein“ gewesen sei und eine gerichtliche Vernehmung der Genannten zudem „nicht dem Kindeswohl“ entsprochen hätte (vgl ON 82a S 23 ff), darlegen müssen, aufgrund welcher konkreten Umstände die fünfjährige Zeugin dennoch Auskünfte „zu einem Vorfall am 1. März 2014“ hätte geben können. Solcherart zielte der Antrag (zudem jedenfalls auch) auf die Durchführung eines im Stadium der Hauptverhandlung unzulässigen Erkundungsbeweises ab (RIS Justiz RS0118444; Ratz , WK StPO § 281 Rz 327, 330 f).

Die den Beweisantrag ergänzenden Beschwerdeausführungen sind schon deshalb unbeachtlich, weil die Berechtigung eines Antrags stets auf den Antragszeitpunkt bezogen zu prüfen ist (RIS Justiz RS0099618; Ratz , WK StPO § 281 Rz 325).

Das Erstgericht setzte sich dem Vorwurf der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall), wonach es „Divergenzen in den Aussagen“ der Angeklagten K***** übersehen hätte, zuwider ausführlich mit den (anlässlich mehrerer Vernehmungen gemachten) Aussagen der Angeklagten auseinander und legte eingehend begründet dar, welchen Teil ihrer Depositionen es für glaubwürdig erachtete und welchen nicht (US 17 bis 19). Eine darüber hinausgehende Erörterung sämtlicher Details der Aussagen dieser Angeklagten ist unter dem Aspekt der Urteilsvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) nicht erforderlich (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO; RIS Justiz RS0098377; Ratz , WK StPO § 281 Rz 428; vgl im Übrigen etwa zur als übergangen reklamierten Einschätzung der Angeklagten K*****, dass der Beschwerdeführer „seinen Kindern nichts antun würde“ US 19).

Ebenso blieb die leugnende Verantwortung des Angeklagten dem weiteren Einwand der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider keineswegs unberücksichtigt (US 12, 19 f).

Soweit die Mängelrüge behauptet, das Erstgericht habe (auch) die Aussagen „der Betreuer der Familie, wonach der Angeklagte immer einen liebevollen Umgang mit den Kindern gepflegt habe und sie einen positiven Umgang des Angeklagten mit den Kindern erlebt hätten“, nicht im Detail beleuchtet, ist sie darauf zu verweisen, dass diese wiewohl gar nicht entscheidungswesentlichen Verfahrensergebnisse ohnehin in die Beweiswürdigung der Tatrichter einflossen (US 22 f).

Indem die Beschwerde (Z 5 vierter Fall, nominell auch letzter Fall) einzelne Verfahrensresultate isoliert herausgreift, daran eigene Beweiswerterwägungen sowie Spekulationen knüpft und insgesamt den gänzlich unberechtigten Vorwurf anschließt, die Entscheidung sei „völlig willkürlich“ getroffen worden, unterlässt sie die gebotene Gesamtbetrachtung der Entscheidungsgründe und verfehlt solcherart den gesetzlichen Bezugspunkt (RIS Justiz RS0116504, RS0119370; Ratz , WK StPO § 281 Rz 394).

Dem abschließenden Einwand der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zuwider wurde auch die subjektive Tatseite willkürfrei begründet (US 21 f); denn der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zu Grunde liegendes Wollen oder Wissen ist unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden, vielmehr bei einem (wie hier) leugnenden Angeklagten in aller Regel methodisch gar nicht zu ersetzen (RIS Justiz RS0098671, RS0116882; Ratz , WK StPO § 281 Rz 452).

Z 5a will als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der Beweiswerterwägungen des Erstgerichts) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS Justiz RS0118780).

Mit der (teilweise neuerlichen) Hervorhebung von Aussagedetails (sowohl der Angeklagten K***** als auch des Beschwerdeführers) und der daran anschließenden Mutmaßung, es sei deshalb äußerst unwahrscheinlich, dass die Tathandlungen wovon das Erstgericht aber ausgehe in den Nachmittags-/Abendstunden des 28. Februar 2014 bzw den Morgenstunden des 1. März 2014 gesetzt wurden, weil die Symptome des Schütteltraumas (die laut den Ausführungen des gerichtsmedizinischen Sachverständigen in der Hauptverhandlung grundsätzlich unmittelbar nach dem Vorfall eintreten) „bei Betrachtung der Ergebnisse des Beweisverfahrens in einer Gesamtschau“ erst am Morgen des 1. März 2014 eingetreten seien (als der Angeklagte „beim Billa war“) und der Beschwerdeführer daher „aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs“ als Täter ausscheide, werden von der Beschwerde qualifizierte Bedenken im eingangs aufgezeigten Sinn nicht erweckt. Vielmehr unternimmt (auch) die Tatsachenrüge (Z 5a) den Versuch, die Beweiswürdigung der erkennenden Richter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld zu bekämpfen.

Die weitere Rüge (nominell Z 9 lit a und Z 5; der Sache nach Z 10) hält die Urteilsannahmen zur subjektiven Voraussehbarkeit der schweren Dauerfolgen „keinesfalls für ausreichend“, ohne dies näher zu begründen. Solcherart verfehlt die Rüge die Ausrichtung am Verfahrensrecht, weil nicht methodengerecht aus dem Gesetz abgeleitet dargelegt wird (RIS Justiz RS0116569; Ratz , WK StPO § 281 Rz 588 ff), weshalb für eine rechtsrichtige Subsumtion des Sachverhalts noch weitere über die vorliegenden Urteils-annahmen hinausgehende Konstatierungen erforderlich gewesen wären. Der Ausspruch, wonach der Eintritt der (in den Entscheidungsgründen näher beschriebenen) schweren Dauerfolgen für den Angeklagten vorhersehbar war und er sich damit abfand (US 9, 22), genügt, um den Sachverhalt auch in subjektiver Hinsicht dem Tatbestand der §§ 83 Abs 1, 85 Z 1, Z 3 StGB unterstellen zu können.

Im Übrigen muss der Täter lediglich allgemein voraussehen können, dass der Erfolg in einer Weise zustande kommen wird, die den Anforderungen des Adäquanz- und Risikozusammenhangs entspricht (vgl Burgstaller/Fabrizy in WK² StGB § 85 Rz 30). Nach den Urteilsannahmen war der Beschwerdeführer jedenfalls fähig, die Folgen seines Tuns abzuschätzen (US 22); es fehlt an allfälligen Anhaltspunkten für die Einschränkung der subjektiven Vorhersehbarkeit des Erfolgs, weshalb es insoweit keiner weiteren Feststellungen bedurfte.

Zum Schuldspruch A./2./ blieb die auch insoweit eine Aufhebung begehrende Beschwerde mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung von angeblich Nichtigkeit bewirkenden Umständen unausgeführt (§§ 285d Abs 1, 285a Z 2 StPO), weshalb sie einer meritorischen Erledigung nicht zugänglich ist.

Zum Schuldspruch A./3./ :

Die das Fehlen einer Feststellung, wonach der vom Nichtigkeitswerber gewollte Sinn des inkriminierten Tatverhaltens darin gelegen sei, beim Bedrohten den Eindruck einer ernst gemeinten Ankündigung der bevorstehenden Beeinträchtigung eines Rechtsguts zu erwecken (RIS Justiz RS0092588; Jerabek in WK² StGB § 74 Rz 34), behauptende Rechtsrüge (Z 9 lit a) übergeht den Ausspruch zur Absicht des Angeklagten, U***** mit zumindest einer Körperverletzung zu bedrohen, wobei der Angeklagte laut den weiteren Urteilsannahmen gerade nicht bloß seinen Unmut kund tun wollte, zumal er „ein nachhaltiges, von Gesten untermauertes Verhalten“ setzte (US 11, 23).

Solcherart erweist sich die Rüge als nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt, weil sie nicht auf Basis des festgestellten Sachverhalts argumentiert (RIS Justiz RS0099810; Ratz , WK StPO § 281 Rz 581, 593).

Zum Schuldspruch A./4./ :

Die Behauptung der Rechtsrüge (Z 9 lit a), es seien weder Feststellungen zum Bedeutungsinhalt der inkriminierten Äußerung noch solche zur „Ernstlichkeit“ der Drohung getroffen worden, ist mit Blick auf den eindeutigen Ausspruch auf US 11 f iVm US 24 nicht nachvollziehbar.

Ihren weiteren auf Schwaighofer (in WK² StGB § 107 Rz 10) gestützten Einwand, es würden Feststellungen zur inneren Tatseite in Bezug auf die Eignung der gefährlichen Drohung, begründete Besorgnisse einzuflößen, fehlen, leitet die Rechtsrüge (Z 9 lit a) nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab (RIS Justiz RS0116569 ua; Ratz , WK StPO § 281 Rz 588 ff). Im Übrigen ist eine Drohung nach der Legaldefinition dann gefährlich iSd § 74 Abs 1 Z 5 StGB, wenn sie sich gegen eines der dort genannten Rechtsgüter richtet und die Eignung besitzt, dem Bedrohten begründete Besorgnisse einzuflößen; das Vorliegen dieser Eignung ist eine Rechtsfrage, die auf der Basis von Tatsachenfeststellungen zu Sinn, Bedeutungsinhalt und Ernstlichkeit der inkriminierten Äußerungen (Handlungen) zu lösen ist. Ob die Drohung beim Opfer tatsächlich Besorgnis erregt (dieses sich also fürchtet), ist hingegen ohne Belang (RIS Justiz RS0092588, RS0092392; Jerabek in WK² StGB § 74 Rz 28 und 33 f).

Indem die Rechtsrüge die Feststellungen zum Bedeutungsinhalt und zur Ernstlichkeit der Äußerungen gegen die beiden Polizeibeamten ausblendet und daran anknüpfend die mangelnde Eignung der Drohung zur begründeten Besorgniserregung abzuleiten trachtet, geht sie nicht von der Gesamtheit der tatrichterlichen Konstatierungen aus und verfehlt solcherart den gerade darin gelegenen gesetzlichen Bezugspunkt (RIS Justiz RS0099810).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher in inhaltlicher Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur zu verwerfen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft :

Zum von der Staatsanwaltschaft bekämpften Freispruch des T***** kam das Schöffengericht zum Ergebnis, es könne nicht festgestellt werden, „dass Ramon T***** am 1. März 2014 seiner Tochter Kimberly K***** [dadurch] (weitere) körperliche Qualen zugefügt hat, dass er sie mehrere Stunden lang keiner ärztlichen Versorgung zuführte“ (US 10).

Zur Begründung führten die Tatrichter nur aus, dass entsprechende Konstatierungen „im Zusammenhang mit diesen Feststellungen“ (gemeint: den zuvor beschriebenen, dem Schuldspruch A./1./ zugrunde liegenden Urteilsannahmen) „nicht mit der für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit“ zu treffen gewesen seien (US 25).

Die Staatsanwaltschaft macht zunächst zutreffend geltend, dass das Urteil an einem auch bei einer Gesamtschau der Urteilsausfertigung nicht auflösbaren (vgl Ratz , WK StPO § 281 Rz 440) Widerspruch (Z 5 dritter Fall) leidet. Denn die eingangs wiedergegebene (Negativ-) Feststellung steht im unvereinbaren nach Maßgabe von Denkgesetzen und grundlegenden Erfahrungswerten nicht auflösbaren (vgl Ratz , WK StPO § 281 Rz 439) Widerspruch zur folgenden Passage aus den Urteilsgründen (US 9): „Obwohl Raquel K***** und wohl auch ihr Lebensgefährte Ramon T***** in den folgenden Stunden zu beobachten vermochten, dass Kimberly körperliche und seelische Qualen erleidet und sich ihr Gesundheitszustand wie beschrieben verschlechtert, verständigten sie weder die Rettung noch begaben sie sich unverzüglich mit dem Baby in das Krankenhaus.“

Darüber hinaus zeigt die Mängelrüge zutreffend auf, dass sich die für diese Negativfeststellung gewählte Begründung als offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall) erweist, weil die Tatrichter nicht klarstellten, aus welchem Grund die Verdachtslage einen sicheren Beweis nicht zuließe; sie legten insbesondere nicht dar, aus welchem Grund die zumindest den objektiven Tatbestand des Vergehens nach § 92 Abs 1 StGB indizierenden Angaben des Angeklagten (ON 19 S 23, ON 51 S 12) in Zusammenschau mit dem Ausspruch, dass es ja der Angeklagte selbst war, der seine Tochter zuvor schwerst am Körper verletzt hatte (Schuldspruch A./1./), keinen Schluss sowohl auf die objektive als auch die subjektive Tatseite ermöglichten. Solcherart liegen für den Ausspruch über entscheidende Tatsachen keine bzw nur solche Gründe (Scheingründe) vor, aus denen sich nach den Gesetzen folgerichtigen Denkens und der allgemeinen Lebenserfahrung ein Schluss auf die hier in Rede stehende Negativfeststellung nicht ziehen lässt bzw der logische Zusammenhang nicht erkennbar ist (vgl RIS Justiz RS0108609 ua).

Gründet das Gericht wie hier den Freispruch auf die Verneinung der Täterschaft des Angeklagten ersichtlich im Zweifel zu dessen Gunsten, ohne eine Aussage zu sämtlichen Tatbestandselementen zu treffen, reicht es unter dem Aspekt erfolgreicher Urteilsanfechtung nicht hin, einen Begründungsmangel bloß in Ansehung der getroffenen Urteilsannahme (der Negativfeststellung zur Täterschaft) aufzuzeigen. Vielmehr ist überdies hinsichtlich jener Tatbestandsmerkmale, zu denen das Urteil keine Konstatierungen enthält, unter Berufung auf derartige Feststellungen indizierende und in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse ein Feststellungsmangel (Z 9 lit a) geltend zu machen (RIS Justiz RS0118580 [T17], RS0127315; vgl zum Ganzen: Ratz , WK StPO § 281 Rz 600 ff, 607).

Auch diesem Erfordernis wird die Beschwerde gerecht, indem sie auf die Ausführungen der pädiatrischen Sachverständigen verweist, wonach dem Kind (sinngemäß) durch die um mehrere Stunden verzögerte ärztliche Versorgung und Behandlung weitere körperliche und seelische Qualen zugefügt wurden (ON 90 S 12; vgl im Übrigen auch die zum Schuldspruch der K***** [B./] vorliegenden Urteilsannahmen [US 9 iVm US 12, 14, 24], denen insbesondere auch die für die Strafbarkeit essentielle Kausalität des bei der Genannten und dem Angeklagten T***** völlig gleich gelagerten Unterlassens für den Eintritt des verpönten Erfolgs zu entnehmen sind). Die Staatsanwaltschaft bringt zudem nachvollziehbar vor, dass sich der (durch Feststellungen zu manifestierende) logische Schluss auf den subjektiven Tatbestand aus dem ohnedies festgestellten objektiven Geschehensablauf sowie auch aus der (mit Fundstelle bezeichneten) Einlassung des Angeklagten (wonach er eine Verschlechterung des Zustandsbilds seiner Tochter erkannt hatte) zwanglos ableiten lasse.

Demgemäß erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen.

Gegen eine gesonderte Beurteilung der Herbeiführung der Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen (§ 85 Z 1, Z 3 StGB) der Kimberly K***** durch den Angeklagten T***** einerseits (Schuldspruch A./1./) und der vorgeworfenen Zufügung von Qualen, durch die Unterlassung der Zuführung des Kindes zu einer ärztlichen Versorgung andererseits bestehen im Übrigen keine rechtlichen Bedenken, sodass bei Verwirklichung auch des Tatbestands nach § 92 Abs 1 StGB bei einem auf einem einheitlichen Vorsatz beruhenden Gesamtverhalten des Angeklagten von echter Ideal (SSt 57/66 = 11 Os 89/86), sonst aber von echter Realkonkurrenz auszugehen ist (SSt 55/46 = 10 Os 106/84).

Der angefochtene Freispruch war wie bereits zutreffend im Croquis ausgeführt daher ebenso wie demzufolge der den Angeklagten T***** betreffende Strafausspruch einschließlich des Beschlusses nach § 494a Abs 1 Z 4 StPO aufzuheben, eine neue Hauptverhandlung anzuordnen und die Sache in diesem Umfang an das Landesgericht Klagenfurt zu neuer Verhandlung und Entscheidung zu verweisen.

Der Angeklagte war mit seiner Berufung und (implizierten) Beschwerde ebenso wie die Staatsanwaltschaft mit ihrer diesen Angeklagten betreffenden Berufung darauf zu verweisen.

Bleibt der Vollständigkeit halber anzumerken, dass im weiteren Verfahren worauf die Staatsanwaltschaft in ihrer Sanktionsrüge (Z 11) hingewiesen hat bei der Sanktionsfindung in Ansehung des Angeklagten Ramon T***** die Bestimmung des § 39a Abs 1 Z 3 StGB zu beachten sein wird.

Das Erstgericht verhängte über die Angeklagte K***** eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von sechs Monaten, die es gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah. Dabei erachtete es die „Unbescholtenheit“ als mildernd und keinen Umstand als erschwerend, wobei es zusätzlich erwog, dass die Angeklagte unter dem Druck ihres Lebensgefährten gestanden wäre.

Dagegen richtet sich die Berufung der Staatsanwaltschaft mit dem Begehren um Erhöhung der ausgesprochenen Sanktion unter Ausschaltung des § 43 Abs 1 StGB bei gleichzeitiger Gewährung teilbedingter Strafnachsicht. Sie führt dazu aus, dass durch die Tat der Mutter dem Kleinkind weiteres Leid zugefügt wurde, es sich bei Einlieferung ins Spital bereits in Lebensgefahr befunden hätte und beide Varianten des § 92 Abs 1 StGB verwirklicht wurden.

Angesichts der Tatsache, dass die Angeklagte ihr drei Monate altes, unerträglich leidendes Kind über mehrere Stunden hinweg keiner ärztlichen Versorgung zuführte, wodurch es weitere erhebliche körperliche und seelische Qualen erlitt sowie aus generalpräventiven Erwägungen erachtet der Oberste Gerichtshof eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von 10 Monaten als angemessen.

Diese Freiheitsstrafe konnte insbesondere aufgrund der Tatsache, dass die Angeklagte bisher keine gerichtliche Verurteilung aufwies, unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen bleiben, weil anzunehmen ist, dass hier die bloße Androhung des Vollzugs spezialpräventiv hinreichend ist. Generalpräventive Aspekte stehen dem nach Lage des Falls auch nicht entgegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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