JudikaturOGH

15Os114/15a – OGH Entscheidung

Entscheidung
07. Oktober 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Oktober 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wüstner als Schriftführer in der Strafsache gegen Imed A***** wegen des Vergehens der sexuellen Belästigung nach § 218 Abs 1 Z 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung, AZ 217 U 102/15k des Bezirksgerichts Graz Ost, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss dieses Gerichts vom 16. April 2015, GZ 217 U 102/15k 9, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur Dr. Aicher zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluss des Bezirksgerichts Graz Ost vom 16. April 2015, GZ 217 U 102/15k 9, verletzt soweit damit vom Widerruf der mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 22. Jänner 2015, AZ 2 BE 410/14f, gewährten bedingten Entlassung abgesehen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert wurde (Punkt 2./ des Beschlusses) § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 StGB.

Dieser Beschluss, der im Übrigen unberührt bleibt, wird im Umfang des Ausspruchs über die Verlängerung der zuvor genannten Probezeit ersatzlos aufgehoben.

Text

Gründe:

Mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 22. Jänner 2015, AZ 2 BE 410/14f, wurde Imed A***** aus der mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 19. November 2013, AZ 11 Hv 123/13v, verhängten Freiheitsstrafe am 27. Februar 2015 unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt entlassen.

Mit gekürzt ausgefertigtem Urteil des Bezirksgerichts Graz Ost vom 16. April 2015, GZ 217 U 102/15k 9, wurde Imed A***** für am 10. Jänner 2015 begangene Taten der Vergehen der sexuellen Belästigung nach § 218 Abs 1 Z 1 StGB und der Sachbeschädigung nach § 125 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Zugleich fasste das Gericht soweit hier von Bedeutung den Beschluss, vom Widerruf der im Verfahren AZ 2 BE 410/14f des Landesgerichts für Strafsachen Graz gewährten bedingten Entlassung gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO abzusehen, jedoch gemäß Abs 6 leg cit die Probezeit auf fünf Jahre zu verlängern (Punkt 2./ des Beschlusses; ON 9 S 3).

In diesem Umfang steht der Beschluss wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Rechtliche Beurteilung

Die Entscheidung darüber, ob eine (hier:) bedingte Entlassung widerrufen (§ 53 Abs 1 erster Satz StGB) oder im Fall des Absehens vom Widerruf die Probezeit verlängert wird (§ 53 Abs 3 erster Satz StGB), setzt eine während der Probezeit begangene strafbare Handlung voraus (vgl § 53 Abs 1 erster Satz StGB und § 494a Abs 1 erster Satz StPO).

Der angefochtene Beschluss, dem zu 2./ eine nicht während der Probezeit, sondern vor deren Beginn (§ 49 StGB) begangene strafbare Handlung zugrunde liegt, verletzt demnach § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 StGB (RIS Justiz RS0092019).

Die aufgezeigte Gesetzesverletzung wirkt hinsichtlich der Verlängerung der vom Landesgericht für Strafsachen Graz zu AZ 2 BE 410/14f bestimmten Probezeit auf fünf Jahre zum Nachteil des Verurteilten. Der Oberste Gerichtshof sah sich veranlasst, ihre Feststellung auf die im Spruch ersichtliche Weise mit konkreter Wirkung zu verbinden (§ 292 letzter Satz StPO).

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