5Ob135/15m – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der beim Bezirksgericht Scheibbs zu AZ 10 P 35/11g anhängigen Sachwalterschaftssache des Betroffenen L***** W*****, vertreten durch Lindenhofer Luegmayer, Rechtsanwälte GesbR in Amstetten, über dessen Rekurs gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 11. Juni 2015, GZ 11 Nc 11/15z 2, mit dem der Antrag des Betroffenen auf Ablehnung aller Richter des Landesgerichts St. Pölten zurückgewiesen wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Im Verfahren zu AZ 10 P 35/11g des Bezirksgerichts Scheibbs wird derzeit geprüft, ob für L***** W***** ein Sachwalter bestellt werden muss. Der Betroffene lehnte die für dieses Verfahren zuständige Richterin, den Vorsteher des Bezirksgerichts und auch das „Gericht in St. Pölten“, gemeint offensichtlich das übergeordnete Landesgericht St. Pölten, als befangen ab. Die Ablehnung des Landesgerichts St. Pölten begründete der Betroffene (lediglich) damit, dass die Sachwalterbestellung ein in St. Pölten tätiger Rechtsanwalt angeregt habe.
Den gegen alle Richter des Landesgerichts St. Pölten gerichteten Ablehnungsantrag wies das insoweit zuständige (vgl RIS Justiz RS0109137; RS0046036 [T3]) Oberlandesgericht Wien zurück. Da der Betroffene nicht namentlich bezeichnete Richter des Gerichtshofs aus bestimmten Gründen ablehne, sondern sich pauschal gegen den gesamten Gerichtshof wende, sei sein Ablehnungsantrag als unzulässig zurückzuweisen, ohne dass Äußerungen der abgelehnten Richter eingeholt werden müssten.
Der Betroffene beantragt im dagegen erhobenen Rekurs, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass seiner Ablehnung der Richter (des Bezirksgerichts Scheibbs und) des Landesgerichts St. Pölten stattgegeben werde.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig (vgl 4 Ob 144/14a), jedoch nicht berechtigt.
1. Über die Ablehnung der Richterin und des Gerichtsvorstehers des Bezirksgerichts Scheibbs hat der übergeordnete Gerichtshof zu entscheiden (§ 23 JN). Die Ablehnung der Richter eben dieses Gerichtshofs (und nur diese) ist Gegenstand der angefochtenen Entscheidung und damit auch des Rekursverfahrens.
2. Eine Ablehnung kann nur aus persönlichen Gründen gegen die bestimmte Person eines Richters erfolgen, die Ablehnung eines ganzen Gerichts ist daher unzulässig (RIS Justiz RS0046005). Die Frage der Befangenheit lässt sich nicht abstrakt generell für alle mit den Rechtssachen des Ablehnenden befassten Richter lösen (RIS Justiz RS0045933). Ein gesamter Gerichtshof mit dem Präsidenten kann nicht wegen Befangenheit pauschaliter abgelehnt werden (RIS Justiz RS0045983).
3. Der mit dem Hinweis auf den Kanzleisitz des die Bestellung eines Sachwalters anregenden Rechtsanwalts zum Ausdruck gebrachte Generalverdacht der Voreingenommenheit ist substanzlos, wegen des mangelnden Tatsachengehalts nicht auf seine abstrakte Berechtigung überprüfbar und daher unbeachtlich (vgl RIS Justiz RS0046011). Gleiches gilt für die erstmals im Rekurs aufgestellte Behauptung des Betroffenen, er habe zahllose Verfahren beim Landesgericht St. Pölten geführt, die Richter dort hätten daher ein Interesse daran, weitere Anträge des Betroffenen zu unterbinden. Auf eine derart pauschale Ablehnung von Richtern ohne individuellen Gehalt ist abgesehen von dem grundsätzlich auch im Rechtsmittelverfahren über Ablehnungsanträge im Zuge eines Sachwalterschaftsverfahrens geltenden Neuerungsverbot (vgl RIS Justiz RS0006000 [T13], RS0042091 [T4], RS0110773) nicht einzugehen (RIS Justiz RS0046011 [T1]). Die bloße Befürchtung einer ungünstigen allgemeinen Stimmung begründet im Übrigen ebenso wenig den Anschein der Befangenheit, wie der bloß berufliche Kontakt des Richters mit einem Rechtsanwalt oder Notar (RIS Justiz RS0045983 [T18], RS0046005 [T19]).
4. Das Oberlandesgericht Wien hat den gegen alle Richter des Landesgerichts St. Pölten gerichteten Ablehnungsantrag des Betroffenen somit zu Recht zurückgewiesen.