JudikaturOGH

13Os69/15v – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. September 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. September 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart des Rechtspraktikanten Mag. Wüstner als Schriftführer in der Strafsache gegen Jonatan P***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 10. April 2015, GZ 38 Hv 6/15v 45, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Jonatan P***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 14. November 2014 in N***** und in B***** in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit unbekannten Mittätern mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende (US 3) Begehung schwerer Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Margrit F***** durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die telefonische, wahrheitswidrige Vorgabe, ihr Bekannter mit dem Namen „Rainer“ zu sein und einen größeren Geldbetrag für den Abschluss eines Geschäfts dringend zu benötigen, zur Übergabe des 50.000 Euro übersteigenden Bargeldbetrags von 120.000 CHF (rund 99.875 Euro) verleitet und die Genannte in diesem Betrag am Vermögen geschädigt.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Unter dem Aspekt der Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) kann ein den Tatrichtern unterlaufenes Fehlzitat im Rahmen der Beweiswürdigung beanstandet, nicht aber geltend gemacht werden, dass aus den Beweisergebnissen andere als die im Urteil gezogenen Schlüsse abzuleiten gewesen wären (RIS Justiz RS0099431 [T13]). Aktenwidrigkeit begründet somit nur die unrichtige Wiedergabe des Inhalts von Beweismitteln, deren Wertung hingegen erfolgt im Rahmen des § 258 Abs 2 StPO (RIS Justiz RS0099431).

Mit der Behauptung, das Erstgericht habe die ihn entlastende Zeugenaussage seiner Mutter Elzbieta P***** „mißinterpretiert“, wendet sich der Angeklagte nicht gegen eine unrichtige Wiedergabe des Inhalts der Aussage, sondern vielmehr gegen deren Beurteilung durch das Schöffengericht. Der zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit eines Zeugen aufgrund des von diesem in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks führende kritisch psychologische Vorgang als solcher ist aber der Anfechtung mit Mängelrüge entzogen.

Der Einwand offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zur gewerbsmäßigen Tendenz geht fehl. Das Erstgericht, das zudem die überwiegend einschlägige Vorstrafenbelastung des Angeklagten und dessen Plan, zumindest in Österreich durch den weithin bekannten „Neffentrick“ wiederholt schwere Betrugshandlungen zu begehen, feststellte (US 2), traf diese Konstatierungen ohne Widerspruch zu den Gesetzen folgerichtigen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen (vgl Ratz , WK StPO § 281 Rz 444). Es stützte sich auf die triste Einkommenssituation des Angeklagten, den Tatablauf, die erforderliche Planung und Verabredung gemeinsamer Tatbegehung mit den bislang nicht ausgeforschten Mittätern, die besonderen Anforderungen für den Anrufer (nämlich hervorragende Fremdsprachenkenntnisse, Eloquenz und Schlagfertigkeit sowie Kenntnisse von Gesprächs-psychologie), die für die Durchführung des Tatplans nötige Vielzahl von Anrufen, um ein geeignetes Opfer auszuwählen, und die mit erheblichem Aufwand und Risiko verbundene Anreise des Angeklagten nach Österreich (US 4 f). Indem der Beschwerdeführer diesen logisch und empirisch unbedenklichen Überlegungen eigene Auffassungen und Erwägungen über eine „offenkundig unterlaufene Verwechslung der persönlichen Anforderungen an die jeweiligen Tatbeteiligten“ gegenüberstellt, greift er erneut nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung die tatrichterliche Beweiswürdigung an (RIS Justiz RS0099455).

Unvollständig (Z 5 zweiter Fall) ist ein Urteil dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ (13 Os 138/03, SSt 2003/93; RIS-Justiz RS0118316). Die bloße Behauptung, das Erstgericht habe „aktenkundige Tatumstände“ zu Unrecht nicht in die Beweiswürdigung einbezogen, versagt daher schon im Ansatz.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war sohin in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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