JudikaturOGH

11Os89/15w – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. September 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. September 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Pottmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Salih C***** wegen Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 14. April 2015, GZ 22 Hv 14/14w 93, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Salih C***** der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (I./) und der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB (II./), der Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 1 StGB (III./), der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB, in einem Fall des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (IV./) sowie der Vergehen der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB (V./) und der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (VI./) schuldig erkannt.

Danach hat er gekürzt wiedergegeben - zwischen Oktober und Dezember 2013 in P***** seine am 31. Dezember 1998 geborene Stieftochter Dilara E*****

I./ unter Einsatz seiner überlegenen Körperkraft, seines Gewichts und durch Festhalten zur Duldung dem Beischlaf gleichzusetzender geschlechtlicher Handlungen genötigt, und zwar

1./ 2./ zweimal zu Analverkehr

3./ indem er mit beiden Händen ihren Kopf zu seinem Penis zog, in ihren Mund eindrang und Oralverkehr durchführen ließ;

II./ mit Gewalt zur Duldung geschlechtlicher Handlungen genötigt, indem er im versperrten Schlafzimmer ihre Hose und Unterhose auszog, ihre Hände festhielt, sich auf sie legte, sie an der Vagina streichelte und sein Glied bis zum Samenerguss an ihrer Scheide rieb;

III./ durch die zu I./ und II./ geschilderten Handlungen sowie indem er je ein weiteres Mal Analverkehr durchführte und ihre Scheide berührte, während er masturbierte, mit seinem minderjährigen Stiefkind geschlechtliche Handlungen unternommen;

IV./ durch gefährliche Drohung teils mit dem Tod zur Abstandnahme von der Erstattung einer Anzeige wegen vorgenannter Handlungen genötigt, indem er wiederholt ankündigte, sie und ihre Mutter umzubringen, wobei er ihr einmal ein Messer zur Unterstreichung dieser Forderung vorhielt;

V./ widerrrechtlich gefangengehalten, indem er sie an den Händen gefesselt mit geknebeltem und abgeklebtem Mund im abgedunkelten Zimmer zurückließ;

VI./ durch die zu V./ genannten Handlungen sowie durch Schläge ins Gesicht am Körper verletzt, wodurch sie ein Hämatom und eine blutende Wunde in der Mundhöhle erlitt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Ein auf den formalen Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5a StPO gestützter Einwand kann nur dann erfolgreich sein, wenn Feststellungen als Folge einer qualifiziert naheliegenden Fehlentscheidung bei der Beweiswürdigung erheblichen Bedenken ausgesetzt sind. Die diesem Nichtigkeitsgrund immanente Erheblichkeitsschwelle wird mit dem Vorbringen, die vom Angeklagten angestrebte Schlussfolgerung sei wahrscheinlicher oder überzeugender als die vom Erstgericht gezogene, nicht überschritten, sind doch die Tatrichter weder zu einer logisch zwingenden Begründung noch dazu verhalten, von mehreren möglichen Versionen die für den Beschwerdeführer günstigere zu wählen (RIS Justiz RS0119583 [T6]; Ratz , WK StPO § 281 Rz 449, 488 ff).

Indem die Tatsachenrüge die Glaubwürdigkeit der Belastungszeugin in Zweifel zieht, darauf verweist, dass diese dem Sachverständigen gegenüber geäußert habe, „dass sie [in anderem Zusammenhang] des Öfteren gelogen“ hätte, sie sich in der Pubertät befinde und keine posttraumatische Belastungsstörung aufweise, während der Angeklagte ein „redliches Leben“ geführt hätte und „sozialversicherungspflichtig beschäftigt“ sei, gelingt es ihr (soweit sie sich nicht überhaupt nur auf Erwägungen der Tatrichter bezieht RIS Justiz RS0119424) nicht, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu erwecken (RIS Justiz RS0118780, RS0119583). Insoweit eine unzureichende Auseinandersetzung mit einzelnen Aspekten der gutachterlichen Äußerungen zweier Sachverständiger behauptet wird (der Sache nach Z 5), nimmt der Beschwerdeführer nicht Maß an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (US 25 27; RIS Justiz RS0119370).

Die mit Subsumtionsrüge (Z 10; der Sache nach Z 9 lit a) aufgestellte Behauptung, aus den Feststellungen des Erstgerichts zu Schuldspruch V./ ergäbe sich nicht, dass das Badezimmer versperrt oder die Hände des Opfers „so gefesselt waren, dass eine Benützung der Tür nicht möglich war“ übergeht prozessordnungswidrig (RIS Justiz RS0099810) die genau dies konstatierenden Ausführungen des Erstgerichts (US 10: „... fesselte ihre Hände fest hinter dem Rücken … und verschloss die Türe“, „… im Badezimmer eingesperrt und hilflos gefesselt ...“).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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