JudikaturOGH

3Ob102/15v – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Juni 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. A. Kodek als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj N*****, in Obsorge der Mutter M*****, diese vertreten durch Mag. Marcus Essl, Rechtsanwalt in Wien, Vater Dr. T*****, vertreten durch Mag. Helmut Kunz, Rechtsanwalt in Linz, wegen Obsorge und Kontaktrecht, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Mutter gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom 9. April 2014, AZ 15 R 141/15m, 15 R 142/15f, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Der Antrag, beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art 140 Abs 1 B-VG einen Antrag auf teilweise Aufhebung des § 35 AußStrG zu stellen, wird zurückgewiesen.

2. Das Revisionsrekursverfahren wird bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Ablehnungsantrag der Mutter gegen den Erstrichter unterbrochen.

Die Akten werden dem Erstgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, sie erst nach Rechtskraft der Entscheidung über diesen Ablehnungsantrag dem Obersten Gerichtshof wieder vorzulegen.

Text

Begründung:

Der Erstrichter wurde von der Mutter nach Erlassung der Beschlüsse vom 26. Jänner 2015 (Bestellung eines Kinderbeistands) und vom 13. Februar 2015 (Abweisung des Antrags auf Ablehnung eines Sachverständigen) durch das Erstgericht und nach Erhebung von Rekursen gegen diese Beschlüsse abgelehnt, weil er zumindestens seit August 2014 näher ausgeführte Handlungen gesetzt habe, bei denen er zum alleinigen Nachteil der Mutter Grundsätze außer Acht gelassen habe, die dem Schutz des Parteiengehörs und der Objektivität des Verfahrens dienten und bei denen die Mutter ohne sachliche Rechtfertigung gegenüber dem Vater benachteiligt worden sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs gegen die Bestellung des Kinderbeistands nicht Folge, wies den Rekurs gegen die Abweisung der Ablehnung des Sachverständigen (ohne inhaltliche Behandlung) zurück und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu.

Das Erstgericht legte dem Obersten Gerichtshof die Akten zur Entscheidung über den gegen diesen Beschluss erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs der Mutter vor. Das Ablehnungsverfahren gegen den Erstrichter ist aber noch nicht rechtskräftig abgeschlossen. Daher ist da s Revisionsrekursverfahren zu unterbrechen.

Rechtliche Beurteilung

Die Geltendmachung der Befangenheit ist noch nach der Erlassung der erstgerichtlichen Entscheidung bis zur Rechtskraft zulässig (RIS Justiz RS0041933 [T31]; RS0042028). Wird dem Ablehnungsantrag stattgegeben, ist gemäß § 25 letzter Satz JN erforderlichenfalls auszusprechen, ob und in welchem Umfang Verfahrenshandlungen des abgelehnten Richters aufzuheben sind (RIS Justiz RS0045994). Davon könnten auch die vom außerordentlichen Revisionsrekurs der Mutter erfassten erstgerichtlichen Entscheidungen betroffen sein (vgl RIS Justiz RS0042046), die mit einem schweren Verfahrensmangel iSd § 58 Abs 4 Z 1 AußStrG behaftet wären (2 Ob 57/14t mwN). An den in Rechtskraft erwachsenen Beschluss des Ablehnungsgerichts ist auch das Rechtsmittelgericht im Hauptverfahren gebunden (RIS Justiz RS0042079). Das Revisionsrekursverfahren ist daher bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Ablehnungsantrag zu unterbrechen.

Rückverweise