3Ob71/15k – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. A. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*****, vertreten durch den Kurator F*****, dieser vertreten durch Posch, Schausberger Lutz Rechtsanwälte GmbH in Wels, gegen den Beklagten Mag. Josef Hofinger, Rechtsanwalt in Grieskirchen als Masseverwalter in den Insolvenzverfahren über die Vermögen der C***** und des P*****, beide vertreten durch Puttinger Vogl Rechtsanwälte GmbH in Ried im Innkreis, wegen Räumung, aus Anlass des außerordentlichen Revisionsrekurses der Insolvenzschuldner gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 4. März 2015, GZ 23 R 22/15x 42, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Rekursgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, die angefochtene Entscheidung durch einen Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands gemäß §§ 526 Abs 3 iVm 500 Abs 2 Z 1 ZPO zu ergänzen.
Text
Begründung:
Die Klägerin begehrt die Räumung einer im ersten Stock ihres Hauses gelegenen Wohnung durch die nunmehrigen Insolvenzschuldner, weil sie das ihnen eingeräumte Prekarium widerrufen habe. Diese wendeten ein die Klägerin habe ihnen zumindest ein lebenslanges Wohnrecht eingeräumt, weshalb sie auch rund 1.500.000 ATS in diese Liegenschaft investiert hätten. Das Verfahren wurde wegen der jeweils am 18. August 2014 erfolgten Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens über die Vermögen der beiden Beklagten unterbrochen (ON 22).
Über Antrag der Klägerin verfügte das Erstgericht mit Beschluss vom 16. Dezember 2014, ON 28, die Fortsetzung des unterbrochenen Verfahrens gegen den Masseverwalter.
Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs beider Insolvenzschuldner nicht Folge, änderte aus Anlass des Rekurses den angefochtenen Beschluss jedoch dahin ab, dass der Antrag der Klägerin, das unterbrochene Verfahren auch hinsichtlich der vor der Konkurseröffnung aufgelaufenen Prozesskosten aufzunehmen, abgewiesen wurde. Wegen der Abänderung sei die Rekursentscheidung nicht voll bestätigend; ein Bewertungsausspruch (§ 528 Abs 2 Z 1 iVm § 502 Abs 4 ZPO) erübrige sich, weil ein Räumungsbegehren streitgegenständlich sei. Der ordentliche Revisionsrekurs wurde nicht zugelassen.
Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Insolvenzschuldner, den das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof unmittelbar vorlegte.
Rechtliche Beurteilung
1. Nach § 502 Abs 5 Z 2 ZPO gilt diese Gesetzesstelle unter anderem nicht „für die unter § 49 Abs 2 Z 5 JN fallenden Streitigkeiten, wenn dabei über eine Kündigung, über eine Räumung oder über das Bestehen oder Nichtbestehen des Vertrags entschieden wird“. Erfasst werden also nur Streitigkeiten aus Bestandverträgen, genossenschaftlichen Nutzungsverträgen und Teilpachtverträgen. Nach herrschender Auffassung darf die (Zuständigkeits )Bestimmung des § 49 Abs 2 Z 5 JN und damit gleichermaßen die darauf ausdrücklich Bezug nehmende Ausnahme vom Revisionsausschluss nach § 502 Abs 5 ZPO nicht ausdehnend ausgelegt werden. Sie ist daher nur auf reine Bestand , Nutzungs oder Teilpachtverträge, nicht aber auf gemischte oder mietähnliche Verhältnisse anzuwenden (7 Ob 212/08i mwN); so auch nicht auf ein Benützungsverhältnis aus einer persönlichen Dienstbarkeit des Wohnungsrechts oder eine jederzeit widerrufliche Benützungsvereinbarung (RIS Justiz RS0042931 [T2]). Räumungsklagen sind daher nur dann als Bestandstreitigkeiten iSd § 49 Abs 2 Z 5 JN anzusehen, wenn sie aus der Beendigung eines Bestand , Nutzungs oder Teilpachtverhältnisses resultieren (5 Ob 232/05m), nicht hingegen, wenn sie sich auf die Benützung ohne Rechtsgrund beziehen (RIS Justiz RS0046865). Für die Frage, ob der in § 502 Abs 5 Z 2 ZPO angeführte Ausnahmefall einer streitwertunabhängigen Revisionszulässigkeit vorliegt, ist grundsätzlich von den Behauptungen des Klägers auszugehen (RIS Justiz RS0043003; RS0046236; Zechner in Fasching/Konecny ² § 502 ZPO Rz 191).
2. Die vorliegende Klage dient nicht der Durchsetzung eines Räumungsbegehrens unter Berufung auf die Beendigung eines Schuldverhältnisses nach § 49 Abs 2 Z 5 JN, sondern strebt die Beendigung der angeblichen rechtsgrundlosen Benützung einer im ersten Stock des Objekts der Klägerin gelegenen Wohnung an. Daher liegt keine nach § 502 Abs 5 ZPO privilegierte (Bestand )Streitigkeit vor.
3. Der Entscheidungsgegenstand wäre daher gemäß §§ 526 Abs 3 iVm 500 Abs 2 Z 1 ZPO vom Rekursgericht zu bewerten gewesen, was von diesem nachzuholen sein wird (RIS Justiz RS0041371 [T7]; RS0042489; RS0042437).