JudikaturOGH

12Os38/15b – OGH Entscheidung

Entscheidung
07. Mai 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Mai 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Ableidinger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Attila T***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen und durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 2, 130 vierter Fall, 15 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Zoltan E***** gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 3. Februar 2015, GZ 8 Hv 112/14s 68, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Zoltan E***** und dessen Berufung gegen den Ausspruch über die Schuld werden zurückgewiesen.

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der Subsumtion der den Angeklagten Zoltan E*****, Attila T***** und Csaba N***** zu I./ zur Last liegenden Taten (auch) unter § 130 vierter Fall StGB sowie demzufolge auch in den sämtliche Angeklagten betreffenden Strafaussprüchen (inklusive der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Eisenstadt verwiesen.

Mit seiner Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe wird der Angeklagte Zoltan E***** auf diese Entscheidung verwiesen.

Diesem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Attila T***** und Csaba N***** je des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 2 (richtig: Z 1; vgl Kienapfel/Schmoller StudB BT II § 129 RN 43), 130 vierter Fall, 15 Abs 1 StGB (I./A./1./ und I./B./1./), Zoltan E***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 2 (richtig: Z 1), 130 vierter Fall, 15 StGB (I./) sowie der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (II./) und der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 1 StGB (III./) schuldig erkannt.

Danach haben bzw hat, soweit für die Maßnahme nach § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO von Bedeutung,

I. / fremde bewegliche Sachen, Zoltan E***** in einem 3.000 Euro übersteigenden Wert, anderen mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen durch Einbruch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (§ 70 StGB), durch Einbruch in ein Fahrzeug, indem sie durch Nachsperre unter Zuhilfenahme eines sogenannten „Pickers“ die Türen der Fahrzeuge öffneten,

A./ weggenommen, und zwar

1./ Attila T*****, Csaba N***** und Zoltan E***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) am 28. August 2014 in P***** aus dem PKW des Herbert K***** ein Mobiltelefon der Marke Samsung in nicht mehr feststellbarem Wert sowie Bargeld in Höhe von 80 Euro;

2./ Zoltan E***** am 16. August 2014 in St. M*****

a./ aus dem Fahrzeug des Martin und der Maria P***** zwei Geldbörsen mit Bargeld in Höhe von 4.900 Euro;

b./ aus dem Fahrzeug des Istvan F***** drei Mobiltelefone in (gemeint:) nicht mehr feststellbarem Wert sowie Bargeld in Höhe von 400 Forint;

B./ wegzunehmen versucht, und zwar

1./ Attila T*****, Csaba N***** und Zoltan E***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) am 28. August 2014 in St. M***** aus Fahrzeugen von Besuchern des dortigen Familyparks;

2./ Zoltan E***** in B*****, indem er mit den vier anlässlich der in I./A./2./b./ angeführten Tathandlung erlangten Bankomatkarten versuchte, bei einem Geldautomaten Geld zu beheben.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil meldete der Angeklagte Zoltan E***** zwar rechtzeitig Nichtigkeitsbeschwerde wenn auch unter der verfehlten Bezeichnung „Berufung wegen Nichtigkeit“ (vgl RIS Justiz RS0099059) an (ON 66 S 40), deren (schriftliche) Ausführung ohne dieses Rechtsmittel ausdrücklich zurückzuziehen (vgl insoweit auch den „AV“ der Vorsitzenden vom 18. März 2015 [ON 1 S 26]) unterblieb jedoch. Da auch bei der Anmeldung keine Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet wurden, war die Nichtigkeitsbeschwerde daher bereits bei nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 iVm § 285a Z 2 StPO).

Die vom Angeklagten Zoltan E***** erhobene (ebenso bloß angemeldete [ON 66 S 40]) Berufung wegen Schuld war als unzulässig zurückzuweisen, weil dieses Rechtsmittel im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehen ist (§§ 283 Abs 1, 294 Abs 4, 296 Abs 2 StPO; vgl RIS Justiz RS0098904).

Aus Anlass der (wenn auch bloß angemeldeten) Nichtigkeitsbeschwerde des Zoltan E***** hat sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon überzeugt, dass dem Urteil hinsichtlich der rechtlichen Unterstellung der den Angeklagten zur Last liegenden Taten (auch) unter § 130 vierter Fall StGB nicht geltend gemachte Nichtigkeit (Z 10) anhaftet, die sich zu deren Nachteil auswirkt und daher von Amts wegen wahrzunehmen war (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).

Die angefochtene Entscheidung enthält nämlich keine Feststellungen zur zeitlichen Komponente der Intention der Angeklagten, sich durch die weitere gleichartige Delinquenz über einen längeren Zeitraum im Ausmaß von zumindest einigen Wochen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (dazu eingehend Jerabek in WK² StGB § 70 Rz 7; RIS Justiz RS0107402). Insoweit wird daher der unter dem Aspekt rechtsrichtiger Subsumtion gebotene Sachverhaltsbezug (RIS Justiz RS0119090 [T8 und T11]) nicht hergestellt, sodass dem Schuldspruch

in Ansehung der

Gewerbsmäßigkeit nach § 130 vierter Fall StGB ein Rechtsfehler mangels Feststellung (vgl Ratz , WK StPO § 281 Rz 605 f) zur zeitlichen Dimension der Intention der Angeklagten und damit Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO anhaftet.

Das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, war daher aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde in der Subsumtion der allen Angeklagten zur Last liegenden Taten (auch) unter § 130 vierter Fall StGB sowie demzufolge auch in den sie betreffenden Strafaussprüchen (inklusive der Vorhaftanrechnung) aufzuheben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen (§ 285e StPO).

Mit seiner Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe war der Angeklagte Zoltan E***** auf diese Entscheidung zu verweisen.

Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass die Heranziehung eines mangelnden Geständnisses beim Angeklagten Attila T*****, also im Ergebnis seiner leugnenden Verantwortung als eine für die Sanktionsfindung (mit )entscheidende Tatsache (vgl US 16, vorletzter Absatz) dem in § 7 Abs 2 erster Satz StPO ausdrücklich normierten Verbot des Zwangs zur Selbstbelastung (nemo tenetur Prinzip) widerspricht (13 Os 13/15h; vgl auch RIS Justiz RS0090897).

Die Kostenentscheidung welche die amtswegige Maßnahme nicht umfasst ( Lendl , WK StPO § 390a Rz 12) beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rückverweise