12Os162/14m – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 9. April 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und Dr. Oshidari sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski und Dr. Brenner als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Moelle als Schriftführerin in der Strafsache gegen Heinz O***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 1. September 2014, GZ 40 Hv 7/14h 59, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Begründung:
Mit dem angefochtenen, auch einen Privatbeteiligtenzuspruch enthaltenden Urteil wurde Heinz O***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (I./) und der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (II./) schuldig erkannt.
Danach hat er
I./ am 5. April 2014 in M***** Christine D***** dadurch mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs genötigt, dass er sie auf der im Dachboden ihrer Wohnung befindlichen Couch zum vaginalen Geschlechtsverkehr zwang, indem er sie auf die Couch warf, würgte, mit einem Pfefferspray besprühte, ihr eine Ohrfeige gab, sie kraftvoll festhielt und ihre Beine auseinanderdrückte;
II./ an nachgenannten Tagen an unbekannten Orten in Vorarlberg zu 1./ und 3./ Christine D***** und zu 2./ Markus D***** gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar
1./ am 19. April 2014 mit einer Verletzung am Körper, der Freiheit und der sexuellen Selbstbestimmung, indem er gegenüber Christine D***** schrieb bzw äußerte „... ich möchte dir sagen, es ist nicht vorbei, es fängt jetzt erst richtig an, Pfefferspray hat das letzte mal nicht gereicht und das nächste mal auch nicht, ich hab noch eine riesige Rechnung mit dir offen, bis bald. Sei immer vorbereitet“ und „Es könnte heute Nacht schon passieren, dass du die beine breit machen musst“;
2./ am 26. April 2014 mit einer Verletzung der Ehre, indem er per Facebook Chat an Markus D***** schrieb „ja wenn die Fotos von der harigen Möse eintreffen wird's schon noch zu lachen geben“, wobei er damit zum Ausdruck brachte, er werde Fotos der Vagina von Christine D***** (Sympathieperson) ihrem Arbeitgeber zukommen lassen (nachdem er dort bereits mehrfach angerufen und sie gegenüber Arbeitskollegen als Hure bezeichnet hatte; vgl US 13);
3./ am 4. Mai 2014 mit einer Verletzung der Freiheit und der sexuellen Selbstbestimmung, indem er per Facebook Chat an Markus D***** schrieb „ach sag ihr ich komm demnächst vorbei, dass sie wieder mal richtig gefickt wird“.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf Z 5, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.
Das Erstgericht nahm als erwiesen an, dass Christine D***** gegenüber ihrem Sohn anlässlich seines Aufenthalts bei ihr im April 2014 nichts von dem Vorfall in der Nacht vom 4. auf den 5. April 2014, also dem Vorwurf der Vergewaltigung, erwähnte (US 13). Daher war es dem Einwand unvollständiger Begründung (Z 5 zweiter Fall) zuwider nicht verhalten, dessen diesbezügliche Aussage (ON 58 S 25) gesondert zu erörtern. Da die vom Nichtigkeitswerber herausgegriffenen Angaben Markus D*****s zu dem zwischen ihm und dem Angeklagten geführten Facebook Chat in den getroffenen Feststellungen ebenfalls Deckung finden, ist nicht ersichtlich, weshalb die Tatrichter auch diese Depositionen in ihre Überlegungen zwecks Beurteilung der Ernstlichkeit (US 15 f, vgl auch US 25 f) der zu 2./ und 3./ getätigten Äußerungen hätten einbeziehen müssen. Die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang primär relevierte Frage nach der Eignung der, im Übrigen zu 3./ nicht gegen Markus D*****, sondern gegen seine Mutter gerichteten Drohungen, begründete Besorgnis einzuflößen, fällt demgegenüber in den Bereich der rechtlichen Beurteilung ( Jerabek in WK 2 StGB § 74 Rz 33 f; Kienapfel/Schroll StudB BT I 3 § 105 Rz 42 iVm § 107 Rz 4).
Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) aus selektiv in der Rechtsmittelschrift wiedergegebenen, jedoch insbesondere die Konstatierungen zum Bedeutungsinhalt der inkriminierten SMS- und Facebook-Nachrichten außer Acht lassenden Feststellungen im Wege eigenständiger Beweiswerterwägungen die mangelnde Ernstlichkeit der Äußerungen gegenüber Christine und Markus D***** (vgl jedoch US 14 bis 16) und daraus die mangelnde Eignung, „in den Bedrohten begründete Besorgnis zu erwecken, der Täter sei willens und in der Lage, das angedrohte Übel in der für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 74 Abs 1 Z 5 StGB erforderlichen Erheblichkeit umzusetzen“, abzuleiten sucht, geht sie nicht von der Gesamtheit der tatrichterlichen Konstatierungen aus und verfehlt solcherart den gerade darin gelegenen gesetzlichen Bezugspunkt (RIS Justiz
RS0099810).
Weshalb die nicht näher bezeichneten - Angaben der Zeugin Christine D***** im Rahmen der kontradiktorischen Vernehmung zu unkontrollierten Wutausbrüchen des Beschwerdeführers und auch dessen Verantwortung, eine von ihm zu absolvierende Psychotherapie sei immer wieder thematisiert worden, seine wegen einer geistigen Behinderung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen einer anderen schweren, einem dieser Zustände gleichwertigen seelischen Störung bestehende Unfähigkeit, anlässlich der Tatzeitpunkte das Unrecht seiner Taten einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, und nur unter diesen Voraussetzungen Zurechnungsunfähigkeit (§ 11 StGB) indizieren sollten, bringt die Rechtsrüge (Z 9 lit b) nicht nachvollziehbar zur Darstellung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.