JudikaturOGH

11Os28/15z – OGH Entscheidung

Entscheidung
08. April 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. April 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Ableidinger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Friedrich O***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 2 Z 1 und Abs 3 zweiter Fall SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 16. September 2014, GZ 8 Hv 42/14x 25, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Friedrich O***** mehrerer Vergehen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall und Abs 3 erster Fall SMG (I/1), mehrerer Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 2 Z 1 und Abs 3 zweiter Fall SMG (I/2), des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 und Abs 3 zweiter Fall SMG (II) und des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Fall und Abs 4 erster Fall SMG (III) schuldig erkannt.

Danach hat er in W ***** und S ***** vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Cannabis mit den Wirkstoffen THCA und Delta 9 THC in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge

I) erzeugt, indem er in Indoorplantagen gezogene Cannabispflanzen bis zur Erntereife aufzog und daraus THCA und Delta 9 THC gewann, und zwar

1) von 2011 bis Ende 2012 eine Reinsubstanz von zumindest 100 Gramm THCA und 8 Gramm Delta 9 THC

2) von Anfang 2013 bis 9. Dezember 2013 gewerbsmäßig und obwohl er schon zwei Mal, und zwar vom Landesgericht für Strafsachen Wien in den im Urteil bezeichneten Verfahren, wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG verurteilt worden war, eine Reinsubstanz von 278,8 Gramm THCA und 21,36 Gramm Delta 9 THC;

II) im Jahr 2013 gewerbsmäßig und obwohl er durch die zu Punkt I/2 bezeichneten Urteile schon wegen Straftaten nach § 28a Abs 1 SMG verurteilt worden war, anderen überlassen, indem er zumindest 450 Gramm Cannabisblüten, die zumindest 45 Gramm THCA und 3,6 Gramm Delta 9 THC enthielten, an Robert S***** und einen weiteren Abnehmer verkaufte,

III) am 9. Dezember 2013 in S***** mit dem Vorsatz besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde, und zwar zumindest 600 Gramm Cannabisblüten mit einer Reinsubstanz von 78 Gramm THCA und 6 Gramm Delta 9 THC,

wobei er jedoch an Suchtmittel gewöhnt ist und die vorgenannten Straftaten vorwiegend deshalb beging, um sich für seinen persönlichen Gebrauch Suchtmittel oder Mittel zu deren Erwerb zu verschaffen.

Dagegen richtet sich die aus Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Rechtliche Beurteilung

Der Mängelrüge ist vorauszuschicken, dass ein nach dem Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO geltend gemachter Begründungsmangel den Ausspruch von für die rechtliche Beurteilung der Tat entscheidenden Tatsachen betreffen muss; das sind solche, die auf die rechtliche Entscheidung über Schuld oder Freispruch und im Fall gerichtlicher Strafbarkeit auf die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes Einfluss üben ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 399; RIS Justiz RS0106268). Die

Mängelrüge ist zudem nur dann

gesetzmäßig ausgeführt, wenn sie die Gesamtheit der Entscheidungsgründe berücksichtigt (RIS Justiz RS0119370).

Diesen Anfechtungskriterien wird die Beschwerde nicht gerecht.

Die zum Schuldspruch II vermisste Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zum Reinheitsgehalt der Suchtgifte findet sich auf US 11.

Mit ihrer Kritik (Z 5) an den Feststellungen zu einer Mindest menge (US 6) statt einer Gesamt menge von 45 Gramm THCA (wie vom Angeklagten angegeben) spricht die Rüge schon aufgrund der für dieses Suchtgift festgesetzten Grenzmenge von 40 Gramm keinen entscheidenden Umstand an (vgl Suchtgift-Grenzmengenverordnung Anhang 4. Suchtgifte gemäß Anhang V der Suchtgiftverordnung).

Mit dem Verweis auf ein lediglich geringfügiges Übersteigen des vom „Verordnungsbundesminister“ festgesetzten Grenzwerts wird kein Nichtigkeitsgrund prozessordnungskonform zur Darstellung gebracht.

Die auf eine Untersuchung der sichergestellten Suchtgifte mittels Gaschromatographie gestützte Feststellung eines Reinheitsgehalts von zumindest 10 % THCA (US 11) stellt (bei einem ermittelten Gesamt-THC Gehalt von 10,3 % bis 13,4 %), weder eine willkürliche Annahme noch eine „unstatthafte“ Vermutung des Erstgerichts zu Lasten des Beschwerdeführers dar.

Zum Vorwurf dislozierter Feststellungen im Rahmen der Beweiswürdigung ist zunächst festzuhalten, dass das Ersturteil den Vorschriften des § 260 Abs 1 StPO geradezu vorbildlich entspricht.

Auf US 12 f legten die Tatrichter durch den Verweis auf den Betrieb einer professionellen Indooranlage, auf die angespannte finanzielle Situation des Beschwerdeführers und den Umstand der bereits erfolgten Weitergabe einer großen Suchtgiftmenge ohne Verstoß gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze dar, aufgrund welcher Erwägungen sie beim Schuldspruch III in subjektiver Hinsicht (vgl dazu die Feststellungen auf US 8) zur Auffassung gelangten, dass der selbst an Cannabiskonsum gewöhnte Angeklagte und zwar entgegen seiner Darstellung auch von der sichergestellten letzten Ernte nicht ganz die Hälfte, sohin zumindest 600 Gramm verkaufen wollte (US 13).

Mit dem nicht an diesen Gründen orientierten (sohin substratlos erhobenen) Einwand der Willkür bringt die Mängelrüge den Nichtigkeitsgrund ein weiteres Mal nicht prozessordnungskonform zur Darstellung.

Aus welchem Grund das Geständnis des Angeklagten, im Tatzeitraum insgesamt 450 Gramm Cannabisblüten weitergegeben zu haben, der vom Erstgericht festgestellten Intention des Friedrich O***** , weitere 600 Gramm des von ihm am 9. Dezember 2013 besessenen Suchtgifts mit einer Reinsubstanz von 78 Gramm THCA durch gewinnbringenden Verkauf in Verkehr setzen zu wollen (US 8), entgegenstehen sollte, legt die Beschwerde nicht nachvollziehbar dar.

Ein die Aussage des Angeklagten betreffendes Fehlzitat zeigt die Rüge dadurch auch nicht auf (RIS Justiz RS0099547).

Der in diesem Zusammenhang zusätzlich erhobene Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) trifft nicht zu (US 13).

Indem die Mängelrüge die Erwägungen der Tatrichter kritisiert, wonach den Angaben des Angeklagten nicht zu folgen war, zeigt sie weder ein mit Stillschweigen übergangenes Beweisergebnis noch eine Scheinbegründung auf, vielmehr verkennt sie, dass der dieser Annahme zu Grunde liegende kritisch-psychologische Vorgang als solcher einer Anfechtung aus Z 5 entzogen ist (RIS-Justiz RS0106588).

Der formelle Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5a StPO greift seinem Wesen erst dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen (RIS Justiz RS0119583).

Diesen Anfechtungsrahmen verlässt die Tatsachenrüge (Z 5a), indem sie pauschal auf die Verantwortung des Beschwerdeführers verweist, die Beweiswerterwägungen der Tatrichter als „unrichtig“ und bedenklich bezeichnet und vorbringt, bei „richtiger“ Würdigung der Aussage hätte jedenfalls keine Verurteilung nach „§§ 28a ff SMG“, sondern, „wenn überhaupt, nach § 27 Abs 1 iVm § 27 Abs 5 SMG“ erfolgen dürfen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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