JudikaturOGH

9Ob86/14h – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. Februar 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.

Hopf als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als weitere Richter in den verbundenen Verfahren gegen den Beschuldigten H***** U*****, vertreten durch Dr. Bernd Peck, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Winkelschreiberei, über den Revisionsrekurs der Rechtsanwaltskammer für Kärnten, 9020 Klagenfurt, Theatergasse 4/1, gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 23. Oktober 2014, GZ 1 R 201/14z 72, womit über Rekurs des Beschuldigten der Beschluss des Bezirksgerichts Villach vom 22. August 2014, GZ 7 Nc 2/13d 68, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs der Rechtsanwaltskammer für Kärnten wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss aufgehoben. Die verbundenen Winkelschreibereisachen werden zur neuerlichen Entscheidung über den Rekurs des Beschuldigten an das Rekursgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht leitete am 29. Jänner 2013 gegen den Beschuldigten wegen des Verdachts, dieser habe die Verpflichtete des beim Erstgericht zu 17 E 97/11z anhängigen Zwangsversteigerungsverfahrens in jenem Verfahren vertreten und dafür bereits 2.000 EUR erhalten, ein Verfahren nach der Winkelschreiberei-Verordnung (Justizministerialverordnung vom 8. Juni 1857, RGBl 114) ein. Darüber informierte es unter anderem die Staatsanwaltschaft *****. In weiterer Folge ersuchte es die Staatsanwaltschaft um Mitteilung, ob gegen den Beschuldigten wegen dessen Tätigkeit im genannten Zwangsversteigerungsverfahren noch erhoben werde und mit einer Anklage zu rechnen sei, oder ob bereits von seiner weiteren Verfolgung wegen dieses Tatbestands („entgeltliche Übernahme von Vertretungstätigkeit ohne Befugnis unter Vortäuschung von Befugnis, Kompetenz und falscher Hoffnung auf Regulierung“) abgesehen worden sei.

Nachdem die Staatsanwaltschaft mitgeteilt hatte, dass der vom Erstrichter angezeigte Betrugsvorwurf zum Nachteil der Familie der Verpflichteten noch Gegenstand des Ermittlungsverfahrens gegen den Beschuldigten sei, unterbrach das Erstgericht mit Beschluss vom 13. März 2013 sein Verfahren, weil die Tätigkeit des Beschuldigten im Zwangsversteigerungsverfahren 17 E 97/11z in ein bereits anhängiges, noch nicht abgeschlossenes Strafverfahren wegen Betrugs und anderer Delikte einbezogen worden sei, sodass gemäß § 2 Winkelschreiberei Verordnung eine weitere Verfolgung wegen Winkelschreiberei nicht stattzufinden habe.

Am 21. Mai 2013 stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten teilweise, nämlich nur hinsichtlich des Verdachts nach den §§ 146 ff StGB zum Nachteil der Verpflichteten des Verfahrens 17 E 97/11z, gemäß § 190 Z 2 StPO ein , weil insoweit kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung bestehe. Daraufhin setzte das Erstgericht mit Beschluss vom 22. Mai 2013 das Verfahren wegen Winkelschreiberei fort, weil angesichts der (Teil )Einstellung des Ermittlungsverfahrens nunmehr subsidiär die Winkelschreiberei Verordnung zur Anwendung zu gelangen habe.

Im zweiten Rechtsgang erkannte das Erstgericht den Beschuldigten für schuldig, es durch die Verfassung näher bezeichneter Eingaben und sein Einschreiten in den zu 17 E 97/11z und 17 E 91/09i anhängigen Zwangs-versteigerungsverfahren, ohne von der zuständigen Behörde dazu berechtigt zu sein, zu seinem Geschäftsbetrieb gemacht zu haben, in gewinnsüchtiger Absicht Rechtsurkunden oder gerichtliche Eingaben in oder außer Streitsachen für Parteien zu verfassen oder als Bevollmächtigter derselben bei Gericht einzuschreiten, somit das Disziplinarvergehen der Winkelschreiberei nach § 1 Winkelschreiberei Verordnung begangen zu haben, und verhängte über ihn hiefür eine Haftstrafe von insgesamt sechs Wochen.

Es legte dabei in tatsächlicher Hinsicht zugrunde, dass der Beschuldigte, der nicht zur gewerbsmäßigen Vertretung vor Gericht befugt sei, seine Klienten unter anderem die Verpflichteten der beiden genannten Zwangsversteigerungsverfahren offenbar teilweise dadurch akquiriere, dass er Personen, für deren Liegenschaften ein Versteigerungstermin angesetzt sei, über bereits bestehende Klienten kontaktieren lasse oder selbst kontaktiere, und teilweise über das Internet erreiche. Sei der Kontakt hergestellt, stelle der Beschuldigte kurzfristige Zwischenfinanzierungen in Aussicht, lasse sich Vollmachten ausstellen und übernehme Verhandlungen mit den Sachbearbeitern der betreibenden Banken oder den Betreibendenvertretern. Diese Verhandlungen liefen vielfach auf Nötigungsversuche hinaus, indem dem Gegenüber neben dem Unterlaufen des gerichtlichen Verfahrens auch Schadenersatzklagen oder Strafanzeigen für den Fall angedroht würden, dass keine Aufschiebung gewährt werde. Sofern eine Aufschiebung nicht zu erwirken sei, stelle der Beschuldigte seinen Klienten Eingaben für das Zwangsversteigerungsverfahren zur Verfügung, die von den Parteien unterschrieben und eingebracht würden, wie etwa Oppositionsklagen samt Aufschiebungsanträgen, sowie Ablehnungsanträge. Auf seiner Internetseite suggeriere der Beschuldigte, dass Versteigerungen mutwillig erfolgten, Richter den Anwälten hörig seien und er unbeirrt für seine Klienten gegen Korruption einschreite. Unliebsame Personen nenne er namentlich, so bringe er etwa den Erstrichter mit Nötigung eines Zeugen und Schmiergeldannahme von 60.000 EUR in Verbindung. Der Beschuldigte, der die im Spruch der erstgerichtlichen Entscheidung im Einzelnen angeführten Eingaben verfasst habe, sei darauf aus, Geld oder eine geldwerte Leistung für seine Tätigkeit zu erhalten, und habe von den Verpflichteten der beiden genannten Zwangsversteigerungsverfahren auch tatsächlich Zahlungen erhalten.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Beschuldigten Folge und stellte das gegen ihn eingeleitete Verfahren wegen Winkelschreiberei ein. Nach § 2 Winkelschreiberei Verordnung stehe die Untersuchung und Bestrafung der Winkelschreiberei, wenn sich in derselben nicht eine nach dem allgemeinen Strafgesetz strafbare Handlung darstelle, jenem Gericht zu, bei dem der Winkelschreiber unmittelbar oder mittelbar eingeschritten sei. Nach dem allgemeinen Strafgesetz strafbare Handlungen gingen daher der Winkelschreiberei-Verordnung vor; § 2 dieser Verordnung normiere ausdrücklich ihre subsidiäre Geltung. Ihre Bestimmungen seien demnach nicht anzuwenden, wenn eine den Tatbestand der Winkelschreiberei erfüllende Handlung zugleich den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung bilde. Die vom Erstgericht hier festgestellten Handlungen erfüllten nicht nur den Tatbestand der Winkelschreiberei nach § 1 lit b Winkelschreiberei-Verordnung, sondern gleichzeitig auch den Tatbestand des gewerbsmäßigen Betrugs nach den §§ 146 ff StGB. Der Erstrichter habe das auf Tatsachen bezogene Täuschungshandeln des Beschuldigten, den dadurch bedingten Irrtum der Getäuschten, deren Vermögensverfügungen, den so bewirkten Eintritt eines Vermögensschadens und die Gewerbsmäßigkeit des Vorgehens ausdrücklich bejaht. Damit sei aber bereits die äußere Tatseite des Betrugs erfüllt. Die Staatsanwaltschaft ***** habe in diesem Zusammenhang zu 5 St 30/11y ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Betrugs nach den §§ 146 ff StGB geführt. Damit habe für das Erstgericht keine durch § 2 Winkelschreiberei-Verordnung gedeckte Befugnis zur Untersuchung und Bestrafung der Winkelschreiberei mehr bestanden. Dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren schließlich gemäß § 190 Z 2 StPO (mangels Schuldnachweises) eingestellt habe, könne zu keinem „Wiederaufleben“ einer Kompetenz des Erstgerichts zu einem Vorgehen nach der Winkelschreiberei-Verordnung führen.

Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil Rechtsprechung zur Frage der Subsidiarität des Verfahrens nach der Winkelschreiberei-Verordnung fehle.

Die Rechtsanwaltskammer für Kärnten beantragt in ihrem Revisionsrekurs die Rekursentscheidung in eine Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung abzuändern; hilfsweise wird die Aufhebung beantragt. Das Rekursgericht übersehe, dass die angebliche Erfüllung der äußeren Tatseite des Betrugs nicht ausreichend sei. Gerade durch die Einstellung des diesbezüglichen Ermittlungsverfahrens sei dokumentiert, dass nicht eine nach dem allgemeinen Strafgesetz strafbare Handlung des Beschuldigten iSd § 2 Winkelschreiberei Verordnung vorliege, sodass die Befugnis des Erstgerichts zur Untersuchung und zur Bestrafung des Beschuldigten gegeben sei.

Der Beschuldigte beantragt in seiner Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht bezeichneten Grund zulässig ; er ist auch (im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags) berechtigt .

1. Die zuständige Rechtsanwaltskammer jene, in deren Sprengel das zur Entscheidung berufene Gericht gelegen ist (§ 58 RAO) hat gemäß Art IV Z 5 EGZPO in Verfahren nach der Winkelschreiberei-Verordnung Parteistellung und damit insbesondere das Recht, gegen Beschlüsse, mit denen eine Untersuchung eingestellt oder der Beschuldigte freigesprochen wird, Rekurs nach Maßgabe der §§ 514 bis 528 ZPO (jetzt § 528a ZPO: Konecny in Fasching/Konecny , ZPO 3 , Art IV EGZPO Rz 88) zu erheben.

2.1. Das Verbot der Winkelschreiberei ist auf verschiedene Bestimmungen verstreut, die unterschiedliche Anwendungsbereiche haben. Die umfassendsten Bestimmungen gegen die Winkelschreiber enthält die durch Art IV Z 5 EGZPO in ihren §§ 1, 2, 3 und 5 aufrechterhaltene Winkelschreiberei-Verordnung. Diese steht auf Gesetzesstufe, ist im Anhang des 1. BRBG erwähnt und daher in Kraft ( Konecny aaO Art IV EGZPO Rz 40). Gemäß § 1 lit b dieser Verordnung ist als Winkelschreiber (unter anderem) anzusehen, wer, ohne von der zuständigen Behörde dazu berechtigt zu sein, es zu seinem Geschäftsbetrieb macht, Rechtsurkunden oder gerichtliche Eingaben in streitigen oder außerstreitigen Verfahren ohne (absolute oder relative) Anwaltspflicht für Parteien zu verfassen oder als deren Bevollmächtigter bei Gericht einzuschreiten, und zwar entweder nachweislich gegen Entgelt oder auch nur in aus den Umständen zu erschließender „gewinnsüchtiger Absicht“.

2.2. Darüber hinaus begeht nach § 57 RAO eine Verwaltungsübertretung, wer sich unberechtigt als Rechtsanwalt bezeichnet oder gewerbsmäßig die Rechtsanwälten vorbehaltenen Tätigkeiten anbietet oder ausübt. In ihrem Anwendungsbereich überlagert diese Regelung alle anderen Verwaltungsstrafbestimmungen gegen Winkelschreiberei, nicht aber die eine gerichtliche Strafe vorsehende Winkelschreiberei-Verordnung. Weiters sieht Art III Abs 1 Z 1 EGVG eine Verwaltungsstrafe für unbefugte Parteienvertretung vor, doch ist diese Vorschrift nach Art III Abs 3 EGVG nicht anzuwenden, soweit besondere Vorschriften gegen die unbefugte Parteienvertretung bestehen; die Winkelschreiberei Verordnung und § 57 RAO verdrängen deshalb Art III Abs 1 Z 1 EGVG ( Konecny aaO Art IV EGZPO Rz 41).

3. Gemäß § 2 erster Satz Winkelschreiberei-Verordnung steht die Untersuchung und Bestrafung der Winkelschreiberei, wenn sich in derselben nicht eine nach dem allgemeinen Strafgesetz strafbare Handlung darstellt , jenem Gericht zu, bei dem der Winkelschreiber unmittelbar oder mittelbar eingeschritten oder bei dem eine von demselben verfasste Rechtsurkunde oder Eingabe überreicht worden ist. Die Anwendung der Winkelschreiberei-Verordnung ist somit subsidiär gegenüber einem gerichtlichen Strafverfahren.

4.1 Anders als Art III Abs 3 EGVG schließt § 2 Winkelschreiberei Verordnung allerdings die Anwendung der Bestimmungen dieser Verordnung nicht schlechthin aus, soweit besondere Vorschriften (nämlich Tatbestände des StGB) bestehen, sondern setzt voraus, dass die Winkelschreiberei gleichzeitig eine nach dem StGB strafbare Handlung darstellt.

4.2. Als vom Winkelschreiber durch seine Tat begangene strafbare Handlung nach dem StGB kommt in erster Linie (gewerbsmäßiger) Betrug in Betracht. Betrug iSd § 146 StGB erfordert ein Täuschungsverhalten, das den Getäuschten in Irrtum führt, wodurch dieser eine Vermögensverfügung vornimmt, die bei ihm oder einem anderen einen Vermögensschaden bewirkt ( Kirchbacher in WK 2 StGB § 146 Rz 2). Die innere Tatseite des Betrugs besteht aus dem Tatbestandsvorsatz, der auf Verwirklichung der äußeren Tatseite gerichtet ist, und einem zusätzlichen Vorsatz in Richtung einer unrechtmäßigen Bereicherung. Die Praxis spricht zusammenfassend von Täuschungs , Schädigungs und Bereicherungsvorsatz des Täters, wobei bedingter Vorsatz (§ 5 Abs 1 zweiter Teilsatz StGB) genügt ( Kirchbacher aaO § 146 Rz 111 mwN).

5.1. Die Beurteilung, ob ein Verhalten einen Straftatbestand, etwa jenen des Betrugs (§ 146 StGB), erfüllt, obliegt der Staatsanwaltschaft (und in weiterer Folge gegebenenfalls, nämlich nach Stellung eines Strafantrags bzw Erhebung einer Anklage, dem Strafgericht). Der Zweck des von der Staatsanwaltschaft aufgrund einer Anzeige einzuleitenden Ermittlungsverfahrens liegt darin, Sachverhalt und Tatverdacht soweit zu klären, dass die Staatsanwaltschaft über Anklage, Rücktritt von der Verfolgung oder Einstellung des Verfahrens entscheiden kann und im Fall der Anklage eine zügige Durchführung der Hauptverhandlung ermöglicht wird (§ 91 Abs 1 StPO).

5.2. Gemäß § 190 StPO hat die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung einer Straftat abzusehen und das Ermittlungsverfahren insoweit einzustellen, als 1. die dem Ermittlungsverfahren zu Grunde liegende Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist oder sonst die weitere Verfolgung des Beschuldigten aus rechtlichen Gründen unzulässig wäre oder 2. kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung des Beschuldigten besteht.

5.3. Bei seiner Entscheidung über eine Einstellung des Ermittlungsverfahrens hat der Staatsanwalt auf Basis der vorliegenden Beweisergebnisse eine Prognoseentscheidung dahingehend zu treffen, ob das Gericht im Fall einer Anklageerhebung (wahrscheinlich) einen Schuldspruch oder einen Freispruch fällen würde. Eine nähere Bestimmung des Grades der Wahrscheinlichkeit ist nicht geboten; erscheint ein Freispruch wahrscheinlicher als der Schuldspruch, ist einzustellen ( Nordmeyer , WK StPO § 190 Rz 2 mwN).

5.4. Konkretisiert sich der zum Einschreiten notwendige Anfangsverdacht im Zuge der Ermittlungen soweit, dass mit einer gerichtlichen Verurteilung gerechnet werden kann, ist die Staatsanwaltschaft im Sinne des Anklagegrundsatzes nach § 4 Abs 1 iVm § 210 Abs 1 StPO verpflichtet, entweder Anklage zu erheben und eine Entscheidung des Gerichts über die Verdachtslage herbeizuführen oder aber diversionell vorzugehen ( Schroll , WK-StPO § 192 Rz 2 mwN).

6.1. Aus dieser Rechtslage folgt, dass dann, wenn die zur Verfolgung dieses Straftatbestands berufene Staatsanwaltschaft wie im vorliegenden Fall das Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des (gewerbsmäßigen) Betrugs des mutmaßlichen Winkelschreibers zum Nachteil der von ihm in Gerichtsverfahren vertretenen Personen rechtskräftig eingestellt hat, kein Hinderungsgrund (mehr) für die Führung eines Verfahrens nach der Winkelschreiberei Verordnung besteht.

6.2. Dass der Beschuldigte nach der erstgerichtlichen Entscheidung im Sinne der vom Rekursgericht hervorgehobenen Umstände, die allerdings nicht wörtlich festgestellt wurden, sondern sich nur aus dem Sachverhalt erschließen lassen bzw der Beweiswürdigung des Erstgerichts zu entnehmen sind gleichzeitig auch die äußere Tatseite eines (gewerbsmäßigen) Betrugs zu Lasten von ihm Vertretener verwirklicht hat, kann daran nichts ändern, erfordert doch das Vorliegen der von § 2 Winkelschreiberei-Verordnung geforderten strafbaren Handlung zusätzlich die Bejahung der subjektiven Tatseite, im Fall eines Vorsatzdelikts wie Betrug also von zumindest bedingtem Vorsatz (§ 5 Abs 1 StGB) .

6.3. Die vom Rekursgericht vertretene Ansicht führte nämlich zu dem nicht sachgerechten Ergebnis, dass in einem Fall wie dem hier vorliegenden, also nach Einstellung eines Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft, die Zulässigkeit der Ahndung von Handlungen, die den Tatbestand des § 1 lit b Winkelschreiberei-Verordnung erfüllen, davon abhängig wäre, ob das Erstgericht über den zur rechtlichen Beurteilung des Vorliegens von Winkelschreiberei erforderlichen Sachverhalt hinausgehende, für die Entscheidung somit nicht erforderliche Feststellungen, etwa zu einer Täuschung der vom Winkelschreiber vertretenen Parteien, getroffen hat.

6.4. Auch vor dem Hintergrund, dass es nicht zu einer unzulässigen Doppelbestrafung kommen darf, ist ein Verfahren nach der Winkelschreiberei Verordnung nur dann unzulässig, wenn der Beschuldigte wegen dieser Tat bereits in einem gerichtlichen Strafverfahren verurteilt wurde.

7. Ausgehend von seiner unrichtigen Rechtsansicht hat das Rekursgericht die Mängelrüge des Beschuldigten nicht behandelt; das Rekursverfahren ist insoweit unvollständig und damit mangelhaft geblieben. Die Sache ist deshalb an das Rekursgericht zurückzuverweisen, das neuerlich über den Rekurs zu entscheiden haben wird.

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