10Ob9/15v – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Fellinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Univ. Prof. Dr. Neumayr, Dr. Schramm, Dr. Fichtenau und Mag. Korn als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen 1. B*****n *****, geboren am ***** 2005, 2. A*****, geboren am ***** 2007, und 3. B*****e *****, geboren am ***** 2008, alle *****, alle vertreten durch das Land Tirol als Kinder und Jugendhilfeträger (Stadtmagistrat Innsbruck, 6020 Innsbruck, Ing. Etzel Straße 5), wegen Unterhaltsvorschuss, infolge des „außerordentlichen“ Revisionsrekurses des Kurators gemäß § 5 Abs 2 Z 1 lit b AußStrG Dr. Stefan Aigner, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 8. Jänner 2015, GZ 54 R 129/14p 22, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom 1. Dezember 2014, GZ 4 Pu 195/11i 19, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
Am 1. Oktober 2014 beantragten die drei Kinder im Hinblick auf den unbekannten Aufenthalt des Vaters A***** die Umstellung der Titelvorschüsse auf Richtsatzvorschüsse. Daraufhin bestellte das Erstgericht mit Beschluss vom 7. Oktober 2014 (ON 11) Rechtsanwalt Dr. Stefan Aigner „gemäß § 116 ZPO zum Zustellkurator“, dies im Hinblick auf den unbekannten Aufenthalt des Vaters.
Mit Beschlüssen je vom 17. Oktober 2014 stellte das Erstgericht die den drei Kindern gewährten Titelvorschüsse ein (ON 12 14) und bewilligte Richtsatzvorschüsse gemäß § 4 Z 2 UVG, jeweils für den Zeitraum von 1. Oktober 2014 bis 30. September 2019 (ON 15 17). Die maßgebliche Höhe des Richtsatzes beträgt 281 EUR pro Kind und Monat.
Die für den Vater bestimmten Beschlussausfertigungen wurden jeweils dem Zustellkurator zugestellt.
Nach Rechtskraft dieser Beschlüsse stellte der Zustellkurator am 27. November 2014 den Antrag, ihn von seiner Funktion zu entheben.
Das Erstgericht wies den Antrag ab.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Zustellkurators nicht Folge und sprach aus, dass der Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig sei.
Dagegen richtet sich der „außerordentliche Revisionsrekurs“ des Kurators, den das Erstgericht samt den Akten dem Obersten Gerichtshof unmittelbar vorlegte.
Rechtliche Beurteilung
Diese Aktenvorlage entspricht nicht der Rechtslage.
Nach § 62 Abs 3 und 4 AußStrG ist der Revisionsrekurs außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den (ordentlichen) Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat, soweit der Entscheidungsgegenstand rein vermögensrechtlicher Natur ist.
Der Anspruch des Kindes auf Unterhaltsvorschuss ist rein vermögensrechtlicher Natur. Auch bloß verfahrensrechtliche Entscheidungen, wie hier die Frage, ob und wer für den Vater der Unterhaltsvorschüsse beantragenden Kinder als Kurator zu bestellen ist, sind schon wegen ihres Einflusses auf die Entscheidung in der Hauptsache als solche vermögensrechtlicher Natur anzusehen, wenn die Hauptsache selbst (hier: das Unterhaltsvorschussverfahren) vermögensrechtlicher Natur ist (RIS Justiz RS0010054, zuletzt 10 Ob 2/12k; 6 Ob 147/12d; 10 Ob 2/13m).
Der Streitwert im Verfahren nach dem UVG ist der dreifache Jahresbetrag des begehrten oder bekämpften Unterhaltsvorschusses (vgl 10 Ob 2/12k mwN), somit im vorliegenden Fall, da der Wert des Entscheidungsgegenstands für jedes Kind einzeln zu beurteilen ist (vgl RIS Justiz RS0017257 ua), 10.116 EUR je Kind.
Davon ausgehend wäre das Rechtsmittel nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen gewesen, weil im Streitwertbereich des § 63 AußStrG Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch des § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG der (ordentliche) Revisionsrekurs nicht zulässig ist, dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen sind (§ 69 Abs 3 AußStrG). Solange das Rekursgericht nicht auf eine Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs entschieden hat, ist der Oberste Gerichtshof sowohl betreffend die Fragen der Zulässigkeit und der Rechtzeitigkeit des Revisionsrekurses als auch dessen inhaltlicher Berechtigung funktionell unzuständig (vgl 6 Ob 147/12d mwN).
Das Erstgericht wird somit das Rechtsmittel dem Rekursgericht vorzulegen haben. Ob der dem Rekursgericht vorzulegende Schriftsatz den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (6 Ob 147/12d mwN).