JudikaturOGH

12Os156/14d – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Januar 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Jänner 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und Dr. Oshidari und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski und Dr. Brenner als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Humer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Bekir C***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 15. September 2014, GZ 13 Hv 46/14g 16, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Bekir C***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 6. April 2013 in F***** Sabrina K***** mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB), indem er sie mit seinem Körper fixierte, ihre Hose und Unterhose auszog, wobei sie ihn wiederholt wegzustoßen versuchte, ihren Mund zuhielt und ihre Beine auseinanderspreizte, sowie durch die Äußerung, dass er im Falle ihrer Gegenwehr „grantig“ würde und ihr etwas passieren würde, somit durch die Androhung zumindest einer Körperverletzung, zur Duldung des Beischlafs und einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er einen Finger in ihre Scheide einführte und einen vaginalen Geschlechtsverkehr an ihr vollzog.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welche ihr Ziel verfehlt.

Der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zuwider haben die Tatrichter ihre Annahmen zum Tatgeschehen logisch und empirisch einwandfrei auf die Angaben der Zeugin Sabrina K***** gestützt und dargelegt, weshalb sie der leugnenden Verantwortung des Angeklagten keinen Glauben schenkten (US 4 ff).

Mit dem Hinweis auf die vom Schöffensenat (ohnedies) ausdrücklich gewürdigten Widersprüche in der Aussage der Zeugin Sabrina K***** (US 5 f) und den ebenso berücksichtigten Umstand der Anzeigeerstattung erst einige Monate nach dem Vorfall (US 6 f) sowie eigenen Erwägungen wendet sich der Beschwerdeführer bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung ohne einen Begründungsmangel im Sinn der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO aufzuzeigen.

Der zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit eines Zeugen aufgrund des von diesem in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks führende kritisch psychologische Vorgang als solcher ist der Anfechtung mit Mängelrüge entzogen (RIS Justiz RS0106588, RS0099419). Es stellt daher kein Begründungsdefizit her, dass dem Nichtigkeitswerber selbst die Aussage der Zeugin Sabrina K***** nicht ausreichend überzeugend erscheint und aus seiner Sicht auch andere, für ihn günstigere Schlüsse denkbar gewesen wären ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 449 ff; RIS-Justiz RS0098362).

Da das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung seine Einschätzung, wonach die Zeugin Sabrina K***** klein und zierlich, der Angeklagte hingegen kräftig und durchtrainiert erscheint und dem Mädchen daher körperlich deutlich überlegen war (US 6), bloß illustrativ zur Plausibilität der Schilderungen des Tatopfers anführte, sind darauf bezogene Einwände zu einem „notorisch bekannten Längen- und Breitenwachstum bei Jugendlichen“, deren Erörterung der Nichtigkeitswerber vermisst (Z 5 zweiter Fall), ohne Belang ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 410).

Im Übrigen haben die Tatrichter die kritisierte Annahme dem Vorwurf der Scheinbegründung (Z 5 vierter Fall) zuwider nicht nur auf ihren persönlichen Eindruck in der Hauptverhandlung (US 6 vierter Absatz), sondern auch auf die Depositionen der Zeugin Sabrina K***** (US 4 letzter Absatz) gestützt (siehe ON 8 S 5 letzter Absatz f).

Wesen und Ziel der Tatsachenrüge (Z 5a) ist es, anhand aktenkundiger Umstände unter Beachtung sämtlicher Verfahrensergebnisse erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen aufzuzeigen. Einwendungen ausschließlich gegen die Beweiswerterwägungen der Tatrichter, wie hier gegen die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Belastungszeugin, können erhebliche Bedenken nicht hervorrufen (RIS Justiz RS0099649 [T11]).

Ebenso kann der Zweifelsgrundsatz „in dubio pro reo“ dem Beschwerdevorbringen zuwider niemals Gegenstand des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 5a StPO sein (RIS Justiz RS0102162).

Die mangels Einholung eines anthropologischen sowie eines aussagepsychologischen Gutachtens (zur Frage der körperlichen Statur des Angeklagten im Tatzeitpunkt bzw der Aussage- und Wahrnehmungsfähigkeit des Tatopfers) einen Verstoß gegen die Verpflichtung zur amtswegigen Wahrheitsforschung behauptende Tatsachenrüge (Z 5a) versagt, weil der Beschwerdeführer nicht deutlich macht, wodurch er an der Ausübung seines Rechts gehindert war, diese Beweisaufnahmen in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen (RIS Justiz RS0115823; RS0114036). Soweit der Nichtigkeitswerber in diesem Zusammenhang seine mangelnde Aufklärung darüber kritisiert, dass das Erstgericht seiner Verantwortung nicht folgt, verkennt er, dass das Gericht den Angeklagten nur vor überraschenden Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen zu warnen hat, um ihm die Gelegenheit zur sachgerechten Antragstellung zu geben ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 480 mwN). Davon kann fallbezogen keine Rede sein.

Der Kritik der Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) zuwider verstößt die erschwerende Berücksichtigung der Tatbegehung durch Verwirklichung mehr als einer der Alternativen bei einem alternativen Mischtatbestand hier der rechtlich gleichwertigen Nötigungsmittel der Gewalt sowie der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (US 7) nicht gegen das Doppelverwertungsverbot (RIS Justiz RS0126145; Fabrizy , StGB 11 § 32 Rz 4b; Ebner in WK 2 StGB § 33 Rz 2).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rückverweise