JudikaturOGH

1Nc1/15k – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. Januar 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr.

Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski und Mag. Wurzer als weitere Richter in der beim Landesgericht Wiener Neustadt zu AZ 56 Cg 36/14s anhängigen Rechtssache der klagenden Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Andreas Oberbichler und Dr. Michael Kramer, Rechtsanwälte in Feldkirch, gegen die beklagte Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Maximilian Kocher, Rechtsanwalt in Brunn am Gebirge, wegen 36.000 EUR sA, über den Delegierungsantrag der klagenden Partei in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Zur Verhandlung und Entscheidung der vorliegenden Rechtssache wird das Landesgericht Feldkirch als zuständig bestimmt.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Delegierungsantrags, die beklagte Partei die Kosten ihrer Äußerung dazu selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Gegenstand des Verfahrens ist das von der Klägerin für Planungsarbeiten begehrte Honorar, wobei auf Tatsachenebene insbesondere strittig ist, welche Informationen die Klägerin über jene Umstände hatte, die letztlich zum Scheitern des Projekts geführt haben, und welche Fehler ihr allenfalls in der Vorbereitungsphase unterlaufen sind. Von den Streitteilen wurden als Beweispersonen jeweils deren Geschäftsführer sowie insgesamt weitere sechs Zeugen namhaft gemacht, die alle ihren Wohnsitz in den Sprengeln des Bezirksgerichts Dornbirn bzw des Bezirksgerichts Feldkirch haben.

Die Klägerin begehrte die Delegierung des Verfahrens gemäß § 31 JN an das Landesgericht Feldkirch. Die konzentrierte Beweisaufnahme vor einem erkennenden Gericht führe zu einer Zeit und Kostenersparnis und bedeute zudem einen geringeren Verfahrensaufwand durch Vermeidung von Einvernahmen im Rechtshilfeweg oder auf dem Weg einer Videokonferenz. Die Befassung mehrerer Gerichte mit der Beweisaufnahme brächte naturgemäß höhere Kosten, einen höheren Verfahrensaufwand und eine längere Verfahrensdauer mit sich. Zudem liege auch der Standort für das geplante Bauprojekt im Sprengel des Landesgerichts Feldkirch und habe auch die Klägerin sämtliche Leistungen in Vorarlberg erbracht.

Die Beklagte sprach sich gegen die beantragte Delegierung aus und verwies dabei insbesondere auf die Möglichkeit von Vernehmungen im Wege von Videokonferenzen. Außerdem hielten sich sowohl ihre Geschäftsführerin als auch ein Zeuge aus geschäftlichen Gründen unter der Woche überwiegend im Bereich des Sitzes der Beklagten in B***** bzw in W***** auf.

Das Prozessgericht sprach sich für eine Delegierung aus. Ohne eine solche Maßnahme wären sämtliche acht Beweispersonen im Wege von Videokonferenzen zu vernehmen, mit denen zwei Bezirksgerichte zu befassen wären. Bei derartigen Vernehmungen, die einer unmittelbaren Vernehmung nur selten gleichkämen, wären insbesondere Vorhalte von Urkunden, welche in diesem Verfahren aller Voraussicht nach notwendig sein werden, schwierig. Eine Anreise aller oder einzelner Zeugen und Parteien aus Vorarlberg wäre wiederum nicht ökonomisch. Durch eine Verhandlung in Feldkirch könnte die gerichtliche Amtstätigkeit insgesamt erleichtert werden. Gerade im konkreten Fall sei die Wahrung der Unmittelbarkeit bedeutsamer als die Einhaltung der örtlichen Zuständigkeit.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag der Klägerin erweist sich als berechtigt.

Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Zweckmäßig ist eine solche Delegation vor allem dann, wenn sie zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, zu einer Erleichterung des Gerichtszugangs und der Amtstätigkeit oder zu einer wesentlichen Verbilligung des Rechtsstreits beitragen kann (vgl nur RIS Justiz RS0046333; RS0046528; RS0053169).

Im vorliegenden Fall haben sowohl die Klägerin als auch das vorlegende Gericht zutreffend auf jene Umstände hingewiesen, die insgesamt eine Delegierung an das Landesgericht Feldkirch zweckmäßig erscheinen lassen (vgl dazu RIS Justiz RS0046540), kann doch vor diesem Gericht unter Wahrung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes das gesamte Beweisverfahren in einem Zug durchgeführt werden, was typischerweise nicht nur zu einer Erleichterung der Gerichtstätigkeit, sondern auch zu einer Verbilligung und Verkürzung des Verfahrens führt. Gerade wenn es um strittige Tatfragen geht, die sich auf zahlreiche Sachverhaltsdetails erstrecken, kommt der unmittelbaren Beweisaufnahme vor dem erkennenden Richter besondere Bedeutung zu, die durch Vernehmungen im Wege von Videokonferenzen oft nur unzureichend nachgebildet werden kann (vgl auch Rechberger in Rechberger 4 § 277 ZPO Rz 2). Gegen die Delegierung spricht auch nicht der von der Beklagten behauptete Umstand, dass sich ihre Geschäftsführerin sowie ein Zeuge unter der Woche „überwiegend“ in Ostösterreich aufhalten, wird damit doch kein erhebliches Hindernis für eine Vernehmung in ihrem Wohnsitzsprengel dargetan.

Die Klägerin hat zwar im Zwischenstreit über die Delegierung obsiegt.

Die Kosten ihres Antrags waren allerdings zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung iSd § 41 Abs 1 ZPO nicht erforderlich, weil dieser ohne zusätzliche Kostenbelastung mit einem früheren prozessualen Schritt verbunden werden hätte können.

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