11Os138/14z – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Jänner 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kaltenbrunner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Helmut P***** wegen des Vergehens der Unterschlagung nach § 134 Abs 1, Abs 3 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 17. Juli 2014, GZ 13 Hv 83/13p 38, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil das auch unbekämpft in Rechtskraft erwachsene Freisprüche (zu Unrecht auch von der rechtlichen Kategorie; vgl Lendl , WK StPO § 259 Rz 1) von anderen Tatvorwürfen enthält wurde Helmut P***** des Vergehens der Unterschlagung nach § 134 Abs 1, Abs 3 erster Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 31. Oktober 2011 in S***** „und andernorts“ ein fremdes Gut, das durch Irrtum und ohne sein Zutun in seinen Gewahrsam geraten ist, nämlich den der E***** GmbH zustehenden und versehentlich auf das Konto der M***** GmbH angewiesenen Betrag von 12.000 Euro mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz auf das Konto der MR***** GmbH überwiesen, sohin einem Dritten zugeeignet.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a, 9 [lit] a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
Entgegen dem Einwand offenbar
unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zur subjektiven Tatseite hat das Erstgericht diese nicht wie die Beschwerde unter Missachtung des Gebots der Betrachtung der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS Justiz RS0119370) behauptet, nur aus der Kontrollauftragsliste (ON 6 S 561), sondern aus dem zugestandenem Wissen des Angeklagten, dass die E***** GmbH keine Zahlungsverpflichtung gegenüber der MR***** hatte sowie aus dem objektiven Geschehensablauf (RIS Justiz RS0098671, RS0116882; Ratz , WK StPO § 281 Rz 452) abgeleitet (US 22 f), was unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden ist. Aus welchem Grund dieses konstatierte Wissen des Beschwerdeführers mit der Feststellung, er hätte es zumindest ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, das Geld auf das Konto der MR***** zu überweisen, in Widerspruch stehen sollte, legt die Beschwerde nicht dar. Die Behauptung der Aktenwidrigkeit einer Passage der Beweiswürdigung (US 23) hält mit der Zitierung von Angaben des Angeklagten in der Hauptverhandlung am 24. Oktober 2013 (ON 15) nicht an der gesamten Aktenlage fest, weil die (spätere) Aussage des Angeklagten (ON 21 S 83) und deren Referat im Urteil in Bezug auf entscheidende Tatsachen deckungsgleich sind (RIS Justiz RS0099547).
Zwar weist der Angeklagte zutreffend darauf hin, dass die subjektive Tatseite nicht auf spätere Schreiben, nämlich vom 12. Oktober 20 12 und 30. Jänner 20 13 gestützt werden könne, doch handelt es sich bei dieser Argumentation des Erstgerichts (US 23) nur um eine von mehreren Erwägungen, sodass bei der gebotenen Gesamtschau kein Begründungsdefizit vorliegt (RIS Justiz RS0116737).
Die Tatsachenrüge (§ 281 Abs 1 Z 5a StPO) erweckt mit dem erneuten Hinweis auf die Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung am 24. Oktober 2013 und auf den Inhalt eines Gesprächs mit der Zeugin L***** beim Obersten Gerichtshof keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen. Denn Gegenstand dieses Nichtigkeitsgrundes sind nur Feststellungen, angesichts derer gemessen an allgemeinen Erfahrungs und Vernunftsätzen eine Fehlentscheidung bei der Beweiswürdigung qualifiziert naheliegt (RIS Justiz RS0119583 [T2]), was hier nicht der Fall ist.
Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei der Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung. Der Beschwerdeführer muss von diesem Gesamtzusammenhang ausgehend zur Geltendmachung eines aus Z 9 oder Z 10 gerügten Fehlers klarstellen, aus welchen ausdrücklich zu bezeichnenden Tatsachen (einschließlich der Nichtfeststellung von Tatsachen) welche rechtliche Konsequenz (§ 259, § 260 Abs 1 Z 2 StPO) hätte abgeleitet werden sollen (RIS Justiz RS0099724, RS0099810; Ratz , WK StPO § 281 Rz 584).
Diesen Erfordernissen wird die Rechtsrüge (Z 9 lit a) nicht gerecht, indem sie - ohne weitere Argumentation und ohne methodisch vertretbare Ableitung aus dem Gesetz (RIS Justiz RS0116569) - bloß behauptet, dass die Weiterleitung des Geldbetrags an ein Unternehmen bei bestehender Geschäftsbeziehung mit dem auszahlenden Unternehmen keine strafbare Handlung begründe. Die daran anschließende Spekulation über die fehlende Sinnhaftigkeit der Überweisung des Geldbetrags anstelle sofortiger Bereicherung daran bringt keinen Nichtigkeitsgrund zur Darstellung, sondern greift die Beweiswürdigung des Schöffensenats nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Berufung wegen Schuld an.
Wurde auch die Wertgrenze des § 134 Abs 3 erster Fall StGB wie die Sanktionsrüge (Z 11) zutreffend aufzeigt „lediglich zum Faktum des Schuldspruchs und hier nur einmal“ (im strengen Wortsinn) überschritten , liegt angesichts des Umstands, dass die Höhe des Schadens jedoch ein Vierfaches derselben erreichte, im Heranziehen der „mehrfachen Überschreitung der Wertgrenze von 3.000 Euro“ als Erschwerungsgrund kein die Nichtigkeit des Strafausspruchs bewirkender Rechtsfehler. Die Größe der Schädigung ist nämlich nach § 32 Abs 3 StGB unter Strafzumessungsaspekten jedenfalls zu berücksichtigen ( Ebner in WK 2 StGB § 32 Rz 64 und 77 mwN).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.