JudikaturOGH

11Os125/14p – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. Januar 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Jänner 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kaltenbrunner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Christian G***** wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 23. Juni 2014, GZ 630 Hv 11/13a 60, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Christian G***** mehrerer Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (I./), eines Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB idF BGBl I Nr 2001/130 (II./), mehrerer Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (III./), mehrerer Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 1 StGB (IV./) und mehrerer Vergehen der pornographischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs 3 erster und zweiter Fall StGB (V./) schuldig erkannt.

Danach hat er

I./ von Herbst 2003 bis 1. Dezember 2006 in A***** mit einer unmündigen Person, und zwar der am 1. Dezember 1992 geborenen Stephanie N*****, dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen unternommen, indem er ihr in zumindest drei Angriffen einen Finger in die Scheide einführte;

II./ zu einem nicht mehr konkret feststellbaren Zeitpunkt im Herbst 2003 in A***** Stephanie N***** mit Gewalt zur Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er bei einem der unter Punkt I./ angeführten Angriffe die Genannte im Badezimmer zu Boden drückte, mit der linken Hand von hinten festhielt, ihr einen Finger der rechten Hand in die Scheide einführte und diesen eine längere Zeit hindurch ein und ausführte;

III./ außer dem Fall des § 206 StGB geschlechtliche Handlungen an einer unmündigen Person, und zwar der am 1. Dezember 1992 geborenen Stephanie N*****, vorgenommen, und zwar

1./ von Sommer 2002 bis 1. Dezember 2006 in A***** und H*****, indem er in zahlreichen Angriffen etwa einmal pro Woche oberhalb und unterhalb ihrer Kleidung gezielt ihre Brüste und ihre Scheide streichelte, während er seinen Penis an ihr oder an ihrem Bett rieb, sich teilweise auf sie legte und seinen Penis an ihrem Gesäß rieb, während er ihre Brüste und ihre Scheide streichelte, bis er ejakulierte;

2./ im Sommer 2003 in Bulgarien, indem er ihre Hose hinunterzog, ihren Körper streichelte, ihre Brüste massierte und darüber hinaus ihre Scheide leckte;

IV./ von Sommer 2002 bis Herbst 2008 in A*****, H***** und Bulgarien in zahlreichen Angriffen etwa einmal pro Woche mit seinem minderjährigen Stiefkind, und zwar der am 1. Dezember 1992 geborenen Stephanie N*****, geschlechtliche Handlungen vorgenommen, und zwar

1./ von 2002 bis 1. Dezember 2006 durch die unter Punkt I./ bis III./ näher bezeichneten Tathandlungen;

2./ von 2. Dezember 2006 bis Herbst 2008, indem er oberhalb und unterhalb ihrer Kleidung gezielt ihre Brüste und ihre Scheide streichelte, während er seinen Penis an ihr rieb, sich teilweise auf sie legte und seinen Penis an ihrem Gesäß rieb, während er ihre Brüste und ihre Scheide streichelte, bis er ejakulierte;

V./ „ab einem nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkt bis zumindest 15. Februar 2013“ in A***** eine Vielzahl an pornografischen Darstellungen unmündiger und mündiger Minderjähriger, und zwar wirklichkeitsnahe Abbildungen der Genitalien, wobei es sich um reißerisch verzerrte und auf sich selbst reduzierte und von anderen Lebensäußerungen losgelöste Abbildungen handelte, die der sexuellen Erregung des Betrachters dienen, sowie wirklichkeitsnahe Abbildungen geschlechtlicher Handlungen an einer unmündigen bzw mündigen Person, von einer unmündigen bzw mündigen Person an sich selbst oder an einer anderen Person, nämlich Bild und Videodateien, welche Oralverkehr durch unmündige bzw mündige Minderjährige, Analverkehr und Vaginalverkehr an mündigen bzw unmündigen Minderjährigen, wobei die Penetration teils mit dem Penis, mit den Fingern oder Gegenständen stattfand, sowie Befriedigung mit der Hand durch unmündige und mündige Minderjährige beinhalten, besessen, indem er im Internet Suchanfragen unter Verwendung der Suchbegriffe „Preteen“, „Lolita“, „Underage“, „R@gold“, „13 and 15 yo play with young boy“ oder „hussyfan“ und „childporn“ startete und die Ergebnisse auf „diversen Notebooks und“ Festplatten speicherte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5a und 9 [lit] a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Der formelle Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5a StPO greift seinem Wesen nach erst dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt wird dadurch nicht eröffnet (RIS Justiz RS0119583, RS0118780).

Durch eigenständige Erwägungen zum Inhalt des von Stephanie N***** von 2000 bis 2008 (im Übrigen bloß sporadisch) geführten Tagebuchs gelingt es der Tatsachenrüge ebensowenig, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen hervorzurufen wie mit dem Hinweis auf das Fehlen von dem Angeklagten zuordenbaren Spermaspuren bei einer Ende 2013 über dessen Antrag im ehemaligen Zimmer seiner Stieftochter durchgeführten Spurenuntersuchung.

Die für einen Freispruch zu V eintretende Rechtsrüge (Z 9 lit a) wiederum orientiert sich nicht wie bei der Geltendmachung materieller Nichtigkeit geboten an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS Justiz RS0099810). Danach waren die auf den am 15. Februar 2013 sichergestellten Datenträgern erst nach forensischer Analyse rekonstruierten Dateien zum Zeitpunkt der Hausdurchsuchung zwar bereits gelöscht, jedoch hatte sie der Angeklagte dort seiner Verantwortung zuwider jedenfalls erst nach dem Herbst 2008 bewusst gespeichert, für geraume Zeit besessen und erst in Erwartung einer möglichen Anzeige seiner Stieftochter in der zweiten Hälfte des Jahres 2012 (und nicht wie von ihm behauptet schon im Jahr 2007) von den Festplatten entfernt (US 46 ff). Ausgehend von diesem Sachverhalt erklärt die Beschwerde nicht, weshalb allein der Umstand, dass die (zahlreichen) Dateien am 15. Februar 2013 bereits gelöscht waren, einem Schuldspruch wegen mehrerer Vergehen der pornographischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs 3 erster und zweiter Fall StGB wegen des mehrjährigen Besitzes der inkriminierten Dateien entgegenstehen sollte (RIS Justiz RS0116565).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rückverweise