13Os117/14a – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Dezember 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bachl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Srdan O***** und einen anderen Angeklagten wegen Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall und 12 dritter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Aleksandar P***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 17. Juli 2014, GZ 55 Hv 79/14k 43, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch II/2 sowie demzufolge auch im Aleksandar P***** betreffenden Strafausspruch aufgehoben, insoweit eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.
Im darüber hinausgehenden Umfang wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.
Mit ihren Aleksandar P***** betreffenden Berufungen werden dieser Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf die Aufhebung des genannten Strafausspruchs verwiesen.
Zur Entscheidung über die Srdan O***** betreffende Berufung der Staatsanwaltschaft werden die Akten zunächst dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Aleksandar P***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Srdan O***** und Aleksandar P***** jeweils wegen des Verbrechens des Raubes, Ersterer nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB, Letzterer nach §§ 12 dritter Fall, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
Danach haben in Wien
(I) Srdan O***** mit Gewalt gegen eine Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) anderen fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz unter Verwendung einer Waffe weggenommen und abgenötigt, nämlich
1) am 28. März 2013 Violetka N***** 2.300 Euro durch Vorhalten einer Gaspistole sowie
2) am 4. April 2013 im einverständlichen Zusammenwirken mit einem abgesondert verfolgten Mittäter (§ 12 erster Fall StGB) Edith R***** rund 10.300 Euro, indem er sie mit einer Gaspistole bedrohte, zu Boden drückte, ihre Hände hinter dem Rücken fesselte und ihr den Schlüssel zu einem Safe abnahm, aus dem er sodann (während der Mittäter das Opfer bewachte) den genannten Betrag entnahm, und
(II) Aleksandar P***** vom 4. März 2013 bis zum 4. April 2013 mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz zu diesen strafbaren Handlungen beigetragen (§ 12 dritter Fall StGB), indem er
1) als Mitarbeiter der von dem zu I/2 beschriebenen Überfall betroffenen Spar Filiale diese als geeignetes Objekt empfahl, den Überfallszeitpunkt festlegte, die unmittelbaren Täter über die Räumlichkeiten, den Standort des Safes und die Gepflogenheiten der Mitarbeiter, insbesondere in Bezug auf den Schlüssel zum Safe, informierte und ihnen die Filialtür öffnete sowie
2) die von dem zu I/1 beschriebenen Überfall betroffene Tankstelle als geeignetes Objekt empfahl und dem unmittelbaren Täter den Fluchtweg zeigte.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Aleksandar P***** ist teilweise im Recht.
Die Mängelrüge zeigt zutreffend auf, dass das Erstgericht die Verantwortung des Beschwerdeführers zum Schuldspruch II/2, wonach er nicht damit „gerechnet“ habe, dass Srdan O***** an der in Rede stehenden Tankstelle tatsächlich einen Raub begehen werde (ON 42 S 19), überging. Da bei hier angenommener vorsätzlicher Beitragstäterschaft nach ständiger Judikatur und einhelliger Lehre ( Fabrizy in WK² StGB § 12 Rz 103 mwN) der Vorsatz auf die Tatbestandsverwirklichung, somit auf die Vollendung der Tat, gerichtet sein muss, steht diese Verantwortung den Feststellungen zum relevierten Schuldspruch erörterungsbedürftig entgegen (Z 5 zweiter Fall).
Hinzugefügt sei, dass sich das Geständnis des Beschwerdeführers (ON 42 S 17), auf das sich die Tatrichter in der Beweiswürdigung beziehen (US 11), nach dem Protokoll über die Hauptverhandlung (ON 42) auf die Anklageschrift vom 24. April 2014 (ON 24), also auf die vom Schuldspruch II/1 umfasste Tat, bezog (ON 24 S 3 iVm ON 42 S 7 und S 17). Die Ausdehnung der Anklage auf die dem Schuldspruch II/2 zu Grunde liegende Tat erfolgte in der Hauptverhandlung erst im Anschluss an die Vernehmung der Angeklagten (ON 42 S 19). Eine Erklärung des Beschwerdeführers zu diesem (damals für ihn) neuen Anklagevorwurf ist der Aktenlage entgegen § 263 Abs 1 erster Satz StPO iVm § 245 Abs 1 erster und zweiter Satz StPO nicht zu entnehmen (ON 42 S 19 ff).
Aufgrund des dargelegten Begründungsfehlers war der Schuldspruch II/2 gemäß § 285e StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort aufzuheben, was die Aufhebung des Aleksandar P***** betreffenden Strafausspruchs zur Folge hatte.
Auf die weiteren ausschließlich auf diesen Schuldspruch bezogenen Beschwerdeargumente war daher nicht einzugehen.
Zum Schuldspruch II/1 wurden keine Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet (§ 285 Abs 1 zweiter Satz StPO), aus welchem Grund die Nichtigkeitsbeschwerde insoweit gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen war.
Mit ihren Aleksandar P***** betreffenden Berufungen waren dieser Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf die Aufhebung des bezughabenden Strafausspruchs zu verweisen.
Die Entscheidung über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen den Srdan O***** betreffenden Strafausspruch kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i zweiter Satz StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.