11Os98/14t – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Dezember 2014 durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger als Vorsitzende sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krampl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Veli R***** wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1, Abs 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 30. Mai 2014, GZ 8 Hv 21/14h 50, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil das auch unbekämpft in Rechtskraft erwachsene Freisprüche von Vorwürfen gleichmotivierter Delinquenz enthält wurde Veli R***** des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1, Abs 2 StGB (I./A./1./), des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (I./A./2./), des Verbrechens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1, Abs 2, Abs 3 Z 2 StGB (I./B./) und des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (I./C./) schuldig erkannt.
Danach hat er
I./A./ in O***** Heidemarie P***** gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar
1./ mit dem Tod, indem er im Herbst 2010 ihr den Messerrücken eines schwarzen Messers an den Hals drückte und sie mit dem Umbringen bedrohte;
2./ mit zumindest einer Verletzung am Körper, indem er sie am 16. April 2011 mit dem Umbringen bedrohte;
B./ gegenüber Heidemarie P***** längere Zeit hindurch fortgesetzt Gewalt ausgeübt, indem er „sie am Körper vorsätzlich misshandelte und“ vorsätzlich mit Strafe bedrohte Handlungen „gegen Leib und Leben“ (richtig: gegen die Freiheit US 7 f) beging und dadurch eine erhebliche Einschränkung der autonomen Lebensführung der verletzten Personen bewirkte, und zwar solcherart, dass er sie
1./ von April 2012 bis November 2013 in O***** mit zumindest einer Verletzung am Körper gefährlich bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er sie in zumindest sieben Fällen zu nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkten mit dem Umbringen bedrohte;
2./ in O***** und H***** mit „Gewalt bzw“ gefährlicher Drohung zu einer Handlung bzw Unterlassung nötigte, und zwar
a./ zur Abstandnahme des Eingehens einer Beziehung mit einem anderen Mann
aa./ am 2. April 2012 und am 5. November 2013 durch die Äußerung, „Sollte ich dich mit einem anderen Mann antreffen, dann wird dieser tot sein und auch du“;
bb./ am 5. November 2013 sowie zu zwei weiteren nicht mehr festzustellenden Zeitpunkten in der Zeit von Mai 2012 bis November 2013 durch die Äußerung „Wenn du mit einem anderen Mann Sex hast, dann verstümmle ich dich, sodass du unten nichts mehr spürst“;
b./ zur Abstandnahme von der Anzeigeerstattung
aa./ am 5. November 2013 durch die Äußerung „Ich habe keine Angst vor der Polizei, wenn du die Polizei rufst, dann lebst du nicht mehr lange“;
bb./ zu einem nicht mehr festzustellenden Zeitpunkt in der Zeit von Mai 2012 bis November 2013 durch die Äußerung „Wenn du die Polizei rufst, dann schmeiße ich dich so zu Boden, dass du alle Zähne verlierst“;
C./ in O***** am 24. September 2013 sowie zu zwei weiteren nicht mehr genau festzustellenden Zeitpunkten in der Zeit von August 2012 bis November 2013 fremde bewegliche Sachen beschädigt, indem er auf das Fahrzeug von Heidemarie P***** eintrat und einschlug, wodurch Dellen im Bereich der Motorhaube, der linken und der rechten Fahrzeugtüre und der A Säule fahrerseits mit einem Schaden in der Höhe von zumindest 1.800 Euro entstanden.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO.
Der zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit von Zeugen aufgrund des in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks führende kritisch psychologische Vorgang als solcher ist einer Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde entzogen (RIS Justiz RS0106588). Dabei handelt es sich nämlich um keine entscheidende Tatsache (weil kein gesetzliches Tatbild darauf abstellt), vielmehr um beweiswürdigende Erwägungen, die wenn nicht undeutlich oder in sich widersprüchlich nur Gegenstand einer gegen kollegialgerichtliche Entscheidungen unzulässigen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld sein können. Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit stellen nichts anderes als eine erhebliche Tatsache dar, deren sachverhaltsmäßige Bejahung oder Verneinung in Frage zu stellen auf eine Bekämpfung der Beweiswürdigung hinausläuft. Die Beurteilung der Überzeugungskraft von Aussagen kann jedoch unter dem Gesichtspunkt einer Unvollständigkeit mangelhaft erscheinen, wenn sich das Gericht mit gegen die Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit sprechenden Beweisergebnissen nicht auseinandergesetzt hat. Dafür aber müssen die die Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit angeblich ernsthaft in Frage stellenden, gleichwohl unerörtert gebliebenen Tatumstände deutlich und bestimmt bezeichnet werden der Bezugspunkt besteht jedoch nicht in der Sachverhaltsannahme der Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit, sondern ausschließlich in den Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 431 f, 409 ff mwN).
Diesen Bezug aufzuzeigen versäumt der Beschwerdeführer, indem er für seine selbst gewählte Prämisse, das Opfer hätte Anzeigen als „Racheaktionen“ gemacht, „wenn sie eifersüchtig war und dabei bei jeder Einvernahme die Vorwürfe kontinuierlich“ gesteigert, mit einem Brief und einer telefonischen Textbotschaft zu belegen sucht, ohne jedoch einen Konnex mit einem bestimmten Schuldspruch herzustellen.
Die logisch und empirisch einwandfreie (zum Maßstab Ratz , WK StPO § 281 Rz 444) Begründung der Feststellungen (US 7 f) für die Qualifikation nach § 107b Abs 3 Z 2 zweiter Fall StGB findet sich dem Rechtsmittelvorwurf (Z 5 vierter Fall) entgegen in US 10 durch Ableitung aus der vom als glaubwürdig erachteten Opfer geschilderten Gesamtsituation.
Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) liegt nur bei einem Fehlzitat einer Aussage oder einer Urkunde vor auch bei Behauptung dieses Formalmangels stellt der Nichtigkeitswerber keinen Bezug zu einem Schuldspruch her, sondern verliert sich in beweiswürdigende Überlegungen nach Art einer nur für den Einzelrichterprozess vorgesehenen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld („hätte auch zu der Deutung führen können“).
Im Widerspruch mit dem Akteninhalt steht schließlich die Behauptung, „hinsichtlich des Schuldspruchs C./“ sei der Angeklagte freigesprochen worden: Aus dem ungerügt gebliebenen Protokoll der Hauptverhandlung ergibt sich vielmehr (ON 49 S 6), dass der Vorwurf der Sachbeschädigung (IV./ der Anklageschrift ON 35) zu einem Schuldspruch führte und vom Anklagepunkt III./C./ (ON 35 S 3) freigesprochen wurde (US 4).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.