15Os125/14t – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Dezember 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Dr. Michel Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krampl als Schriftführerin in der Strafsache gegen DI Dr. Alaa A***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 15, 156 Abs 1 und Abs 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 17. April 2014, GZ 62 Hv 77/03a 445, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.
Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf die Kassation verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen im zweiten Rechtsgang ergangenen Urteil wurde der Angeklagte DI Dr. Alaa A***** im Zusammenhalt mit dem im ersten Rechtsgang wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 15, 156 Abs 1 StGB in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch B./ (richtig:) der Qualifikation nach § 156 Abs 2 StGB (B./) und des Vergehens der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach (richtig, weil der Schuldspruch zu C./1./ nach § 159 Abs 1 StGB bereits im ersten Rechtsgang in Rechtskraft erwuchs:) § 159 Abs 2, Abs 5 Z 4 und 5 iVm § 161 Abs 1 StGB (C./2./) schuldig erkannt.
Danach hat er in Wien
B./ als verantwortlicher Geschäftsführer der „S***** GmbH“ versucht, deren Vermögen um einen nicht mehr feststellbaren, jedoch 50.000 Euro jedenfalls übersteigenden Betrag zum Schein zu verringern und dadurch die Befriedigung der Gläubiger oder zumindest eines von ihnen zu vereiteln oder zu schmälern, indem er im Juni 2000 nicht marktkonforme Mietverträge hinsichtlich von Teilen der Liegenschaft EZ *****, Grundbuch W*****, mit seiner Mutter Nadja I***** und seinem Bruder Mourad G***** abschloss;
C./2./ ab dem zweiten Quartal 2000 bis zur Konkurseröffnung in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit grob fahrlässig die Befriedigung wenigstens eines seiner Gläubiger dadurch geschmälert, dass er kridaträchtig handelte, indem er entgegen den Grundsätzen ordentlichen Wirtschaftens
a./ Geschäftsbücher bzw geschäftliche Aufzeichnungen durch fehlende bzw mangelhafte Projektkalkulationen und ein mangelhaftes Rechnungswesen so führte, dass ein zeitnaher Überblick über die wahre Vermögens-, Finanz- und Ertragslage erheblich erschwert wurde und sonstige geeignete und erforderliche Kontrollmaßnahmen, die ihm einen solchen Überblick verschafft hätten, durch ein fehlendes internes Kontrollsystem, insbesondere über ungesicherte und sohin nicht nachvollziehbare Querfinanzierungen anderer Projektgesellschaften der A*****-Gruppe, unterließ;
b./ Jahresabschlüsse, zu deren Erstellung er als Geschäftsführer verpflichtet war, so spät bzw in solcher Weise hinsichtlich Vermögensausweis, Erträgen und Fristigkeiten erstellte, dass ein zeitnaher Überblick über die wahre Finanz- und Vermögenslage sowie die Ertragslage der Gesellschaft zumindest erheblich erschwert wurde.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a, „9“ und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
In seiner den Schuldspruch B./ betreffenden Subsumtionsrüge (Z 10) und der den Schuldspruch C./2./ betreffenden Rechtsrüge (Z 9 lit a) zeigt der Beschwerdeführer zutreffend auf, dass das Urteil wie bereits jenes aus dem ersten Rechtsgang, das aus denselben Gründen vom Obersten Gerichtshof mit Erkenntnis vom 27. Juni 2012, AZ 15 Os 37/12y, teilweise aufgehoben und zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen wurde (ON 405) an Rechtsfehlern mangels Feststellungen leidet.
Zum Schuldspruch B./ stellte das Gericht fest, dass es dem Angeklagten bei seinem Vorgehen bewusst war und er es zur Rettung seines Prestigeobjekts billigend in Kauf nahm, dass durch die abgeschlossenen Mietverträge eine Wertminderung des Objekts um ein Vielfaches von 50.000 Euro eintreten werde (US 6) und disloziert „eine gläubigerschädigende Vermögensverringerung“ eintrete (US 6). Konstatierungen zum Vorsatz des Angeklagten, einen 50.000 Euro übersteigenden Befriedigungsausfall (§ 156 Abs 2 StGB), der mit der intendierten Wertminderung der Liegenschaft nicht korrelieren muss, herbeizuführen, traf das Gericht neuerlich nicht.
Zu C./2./ stellte das Gericht unter Verweis auf die Feststellungen im Urteil vom 15. September 2011 den Zeitpunkt der objektiven Zahlungsunfähigkeit der S***** GmbH mit dem zweiten Quartal 2000 und die Gründe für diese Zahlungsunfähigkeit fest (US 7). In weiterer Folge führte es aus, dass mehrere Monate nach der Kreditfälligstellung (am 26. April 2000) Professionisten über Zahlungsschwierigkeiten informiert und mit Gläubigern Vergleichsverhandlungen geschlossen wurden, welche zu Befriedigungsausfällen führten. Ob der Angeklagte nach ebenfalls nicht festgestellter Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens die kridaträchtigen Handlungen, die bereits zur Zahlungsunfähigkeit führten, fortsetzte und dadurch eine kausale Vereitelung bzw Schmälerung der Befriedigung (mindestens) eines Gläubigers eintrat, lässt das Urteil einmal mehr unbeantwortet.
Das Urteil war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur neuerlich wegen der aufgezeigten Rechtsfehler mangels Feststellungen aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien zu verweisen.
Eines Eingehens auf die weitere Argumentation der Nichtigkeitsbeschwerde bedurfte es daher nicht.
Der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft waren mit ihren Berufungen auf diese kassatorische Entscheidung zu verweisen.