JudikaturOGH

13Os89/14h – OGH Entscheidung

Entscheidung
06. November 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. November 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig und Dr. Nordmeyer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Spunda als Schriftführerin in der Strafsache gegen Hartmut C***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB sowie einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Hartmut C***** und Günther S***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13. Juni 2014, GZ 115 Hv 43/13g 37, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Hartmut C***** des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 12 dritter Fall, 15, 127, 129 Z 1 StGB (II) und Günther S***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB (I) schuldig erkannt.

Danach haben sie am 14. und am 15. April 2014 in Wien versucht, fremde bewegliche Sachen Gewahrsamsträgern zweier (im Urteil genannter) Unternehmen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz durch Einbruch wegzunehmen, nämlich

(I) Günther S*****, indem er danach trachtete, die Eingangstür des jeweiligen Geschäftslokals mit Hilfe von Werkzeug gewaltsam zu öffnen, und

(II) Hartmut C*****, indem er jeweils Aufpasserdienste leistete,

wobei Günther S***** in der Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von beiden Angeklagten aus Z 5, von Hartmut C***** überdies aus Z 4 und 9 lit b, je des § 281 Abs 1 StPO, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden gehen fehl.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Hartmut C***** :

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wies das Erstgericht den Antrag auf Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Gebiet der Psychiatrie und Neurologie zum Beweis dafür, dass der Beschwerdeführer im Tatzeitpunkt nicht fähig war, seine Schuld (ersichtlich gemeint: das Unrecht seiner Taten [§ 11 StGB]) einzusehen (ON 36 S 36 iVm ON 36 S 35), ohne Verletzung von Verteidigungsrechten ab (ON 36 S 36), weil der Beweisantrag nicht erkennen ließ, warum die begehrte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lasse und solcherart auf eine im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung zielte (RIS Justiz RS0118123 und RS0118444).

Hinzugefügt sei, dass auch der vom Beschwerdeführer ursprünglich gestellte Antrag auf Beiziehung eines Sachverständigen aus dem genannten Fachgebiet (in dessen Ergänzung der hier relevierte eingebracht wurde), der dem Nachweis fehlenden Vorsatzes dienen sollte, keine Anhaltspunkte für die Annahme fehlender Dispositionsfähigkeit enthielt (ON 36 S 35).

Das den Beweisantrag ergänzende Beschwerdevorbringen hat mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen.

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider erörtert (Z 5 zweiter Fall) das Erstgericht die den Beschwerdeführer entlastenden Angaben des Angeklagten Günther S***** sowie die nach der Aktenlage im Tatzeitraum vorgelegene depressive Erkrankung des Beschwerdeführers sehr wohl (US 11 und 13).

Soweit die Beschwerde danach trachtet, die von den Tatrichtern aus der Gesamtheit der in der Hauptverhandlung vorgekommenen Verfahrensergebnisse (§ 258 Abs 1 StPO) abgeleiteten Schlussfolgerungen (US 8 bis 15) in Zweifel zu setzen, wendet sie sich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen deren Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit b), die für den Beschwerdeführer den Schuldausschließungsgrund des § 11 StGB reklamiert, erschöpft sich in der Bestreitung der mit Blick darauf vom Erstgericht konstatierten Tatsachengrundlage (US 7) und verfehlt solcherart den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS Justiz RS0099810).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Günther S***** :

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider ist die Ableitung der Feststellungen zur Gewerbsmäßigkeit (US 7) aus der verschränkten Betrachtung der Verantwortung des Beschwerdeführers, die Taten aufgrund finanzieller Probleme begangen zu haben, der Tatwiederholung, der Vermögens und Beschäftigungslosigkeit sowie des geringen Einkommens des Beschwerdeführers, des professionellen Vorgehens und des massiv einschlägig getrübten Vorlebens (US 12) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) nicht zu beanstanden.

Aus welchem Grund die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem angeblichen Vorhaben, in sein Heimatland Deutschland zurückzukehren, und zu seiner Sehschwäche den Feststellungen zur Gewerbsmäßigkeit erörterungsbedürftig entgegenstehen sollen (insoweit Z 5 zweiter Fall), wird nicht klar.

Indem die Beschwerde einen Begründungsmangel in Bezug auf den Strafaufhebungsgrund des Rücktritts vom Versuch (§ 16 StGB) einwendet, verkennt sie die dem System der Nichtigkeitsgründe zu Grunde liegenden Kriterien prozessordnungskonformer Urteilsbegründung (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO). Danach ist das erkennende Gericht nämlich gerade nicht verhalten, Negativfeststellungen zu allen denkbaren Strafausschließungsgründen (im weiteren Sinn) zu treffen ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 602), womit auch die Kritik fehlender Begründung zu solchen (eben nicht zu treffenden) Konstatierungen ins Leere geht. Zielt die Beschwerde auf die Anwendung eines Ausnahmesatzes, muss sie vielmehr insoweit einen Feststellungsmangel geltend machen, also in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse (§ 258 Abs 1 StPO) aufzeigen, die diesbezügliche Feststellungen indizieren (RIS Justiz RS0119884 [insbesondere T3] und RS0122332), welchem Erfordernis die gegenständliche Nichtigkeitsbeschwerde aber nicht entspricht.

Die Behauptung, das Erstgericht habe im Rahmen der Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) zur Gewerbsmäßigkeit nicht berücksichtigt (Z 5 zweiter Fall), dass beim Beschwerdeführer anlässlich seiner Festnahme rund 400 Euro Bargeld sichergestellt worden sind, trifft nicht zu (siehe US 12).

Der handschriftlich verfasste, der Rechtsmittelschrift des Verteidigers beigeschlossene Aufsatz des Angeklagten ist unbeachtlich, weil das Gesetz nur eine einzige Ausführung der Beschwerdegründe zulässt ( Ratz , WK StPO § 285 Rz 6).

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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