JudikaturOGH

7Nc31/14i – OGH Entscheidung

Entscheidung
31. Oktober 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und den Hofrat Dr. Hoch und die Hofrätin Mag. Malesich als weitere Richter in der beim Landesgericht für Zivilrechtsachen Wien zu AZ 54 Cg 85/12k anhängigen Rechtssache der klagenden Partei Dr. M***** S*****, vertreten durch Dr. Christoph Gottesmann, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Verlassenschaft nach M***** M*****, vertreten durch die Erbin Dr. J***** M*****, vertreten durch Preslmayr Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 113.340 EUR sA und Rechnungslegung, infolge der vom Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien angezeigten Befangenheit der Richter des Oberlandesgerichts Wien den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Oberlandesgericht Wien zurückgestellt.

Text

Begründung:

Klägerin im Verfahren AZ 54 Cg 85/12k des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien ist die Vorsitzende des Senats ***** des Oberlandesgerichts Wien, Senatspräsidentin Dr. M***** S*****. Gegen diverse in diesem Verfahren gefasste Beschlüsse wurden unter anderem auch von der Klägerin Rekurse erhoben, die beim Oberlandesgericht Wien im Senat 11 anfielen.

Mit Eingabe vom 13. 10. 2014 zeigte die Senatspräsidentin Dr. J***** H***** als Vorsitzende des Senats 11 des Oberlandesgerichts Wien ihre Befangenheit an, da aufgrund des kollegialen Verhältnisses zur Klägerin und Rechtsmittelwerberin für außenstehende Dritte der Anschein der Voreingenommenheit entstehen könnte.

Mit derselben Begründung zeigte der Präsident des Oberlandesgerichts Wien für sich und sämtliche Richterinnen und Richter des Oberlandesgerichts Wien (einschließlich der Vizepräsidenten) die Befangenheit an und legte in einem die Akten dem Obersten Gerichtshof zur Delegierung nach § 30 JN vor.

Rechtliche Beurteilung

Ist ein Gericht aus einem der in § 19 JN vorgesehenen Gründe an der Ausübung der Gerichtsbarkeit gehindert, so hat nach § 30 JN das im Instanzenzug übergeordnete Gericht ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache zu bestimmen.

Gemäß § 23 JN entscheidet über die Ablehnung (Selbstmeldung), falls der abgelehnte Richter einem Gerichtshof angehört, dieser Gerichtshof und, wenn dieser durch das Ausscheiden (die Selbstmeldung) des (der) abgelehnten Richter(s) beschlussunfähig werden sollte, der zunächst übergeordnete Gerichtshof.

Insbesondere bei größeren Gerichten reicht der Umstand, dass ein nicht demselben Senat angehöriger Kollege durch ein anhängiges Verfahren involviert sein könnte, für sich allein nicht aus, die Befangenheit aller anderen Mitglieder dieses Gerichts anzunehmen, wenn sie darlegen, mangels weiterer als beruflicher Kontakte mit diesem Kollegen nicht befangen zu sein (RIS Justiz RS0046129; 8 Nc 11/08x).

Hier hat lediglich die Vorsitzende des Senats 11 ihre Befangenheit angezeigt. Darüber hinaus hat der Präsident „Selbstmeldung“ für das gesamte Oberlandesgericht Wien erstattet, ohne dass Selbstmeldungen weiterer Richter aktenkundig wären. (Nur) Über die Selbstmeldung der Vorsitzenden des Senats 11 und des Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien (vgl 1 Ob 174/04a) hat das Oberlandesgericht Wien derzeit zu entscheiden. Erst in dem Fall, in dem das Oberlandesgericht Wien aufgrund Selbstmeldungen weiterer Richter beschlussunfähig sein sollte, hätte der Oberste Gerichtshof zu entscheiden (vgl 5 Nc 19/07z).

Das Oberlandesgericht Wien wird daher vorerst zu erheben haben, ob sich weitere Richter dieses Gerichts für befangen erklären. Nur wenn dies auf ausreichend viele Richter zutrifft und dadurch das Oberlandesgericht Wien beschlussunfähig werden sollte, ist der Akt neuerlich dem Obersten Gerichtshof vorzulegen.

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