11Os124/14s – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Oktober 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Tagwerker als Schriftführerin in der Strafsache gegen Günther A***** wegen des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Vorsitzenden des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 17. September 2014, GZ 16 Hv 22/14d 19, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Gründe:
Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 15. Mai 2014, GZ 16 Hv 22/14d 15, wurde Günther A***** mehrerer Verbrechen der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB (1./) sowie der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (2./) und der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (3./) schuldig erkannt.
Dagegen meldete der Angeklagte am 16. Mai 2014 Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an (ON 16). Nach Zustellung der Urteilsausfertigung (ON 15) an den gewählten Verteidiger Dr. Norbert S***** (ON 6) am 11. August 2014 (ON 1 S 9 verso) stellte dieser am 1. September 2014 namens seines Mandanten den Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers gemäß § 61 Abs 2 StPO (ON 17).
Mit Beschluss vom 4. September 2014 bewilligte der Vorsitzende die Beigebung (ON 1 S 9 verso). Am selben Tag wurde vom Ausschuss der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer Mag. Wolfgang St***** LL.M. zum Verfahrenshilfeverteidiger bestellt (ON 18). Hievon wurde der bisherige Wahlverteidiger am 10. September 2014 also nach Ablauf der am 11. August 2014 durch Urteilszustellung in Gang gesetzten vierwöchigen Rechtsmittelfrist (§ 285 Abs 1 StPO) in Kenntnis gesetzt.
Mit Beschluss vom 17. September 2014 wies der Vorsitzende des Schöffengerichts die ohne deutliche und bestimmte Bezeichnung von Gründen angemeldete und bis zu diesem Zeitpunkt nicht ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285a Z 2 StPO zurück (ON 19).
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluss erhobenen Beschwerde des Angeklagten kommt in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur keine Berechtigung zu.
Entgegen dem Vorbringen wurde die durch Zustellung einer Urteilsausfertigung an den Wahlverteidiger am 11. August 2014 ausgelöste Rechtsmittelfrist weder durch den Antrag auf Beigebung eines Verteidigers nach § 61 Abs 2 StPO noch durch die Beigebung noch durch die (überflüssige) Zustellung des Urteils an den Verfahrenshilfeverteidiger beeinflusst, weil die Regelung des § 63 Abs 1 StPO nur für den zuvor unvertretenen Angeklagten gilt. Vielmehr wäre der Wahlverteidiger gemäß § 63 Abs 2 zweiter Fall StPO verpflichtet gewesen, die Interessen des Angeklagten weiterhin zu wahren und die angemeldeten Rechtsmittel fristgerecht auszuführen, es sei denn, Günther A***** hätte ihm dies ausdrücklich untersagt. Eine Änderung des Fristenlaufs hätte aber selbst ein Ausführungsverbot nicht bewirkt (vgl zu allem RIS Justiz RS0125686; RS0116182; Fabrizy , StPO 11 § 63 Rz 2).
Da vom Angeklagten auch bei der Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde keine Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet worden waren (§ 285a Z 2 StPO), erfolgte die Zurückweisung zu Recht.
Eine Kostenentscheidung hatte nicht zu ergehen ( Lendl , WK StPO § 390a Rz 11).